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Kultur: Zellen und Zeilen

Wie hip planen eigentlich junge Architekten? Ein Europa-Wettbewerb – und eine Ausstellung in Berlin

Selbst für begabte Nachwuchsarchitekten gibt es erstaunlich wenig Chancen, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und in Wettbewerb mit ihren etablierten Kollegen einzutreten. Europan, der seit 1988 im zweijährigen Turnus veranstaltete internationale Wettbewerb für Architekten bis 40 Jahre, bildet eine Ausnahme. Denn die von 68 Städten in 19 europäischen Ländern ausgeschriebenen Aufgaben verlangen nach Lösungen konkreter Probleme, die den Stadtvätern auf den Nägeln brennen. Deshalb konnten die siegreichen Entwürfe häufig als Erstlingswerke der Architekten verwirklicht werden.

In Senftenberg zum Beispiel, einer der fünf aus Deutschland teilnehmenden Städte, galt es, sich mit der schrumpfenden Stadt auseinanderzusetzen. Die Wettbewerbsteilnehmer sollten, sich über eine unbeliebte Großwohnsiedlung mit bis zu elfgeschossigen Plattenbauten Gedanken machen, die zwischen Altstadt und See den öffentlichen Raum blockieren. Weg damit, sagen die Preisgewinner, das Dresdner Team Hoyer/Just/Ille/Trappe/Ziegenbein. Sie schlagen eine Parklandschaft mit heckenumgrenzten runden Privatinseln vor, in denen die Menschen ihren „zweiten Frühling“, so der Titel der Arbeit, ausleben können. Die provisorische Architektur versteht sich als Keimzelle für neue Strukturen. Den Zuschlag der Stadtväter bekam dennoch das Team Pilic/Farnoudi/Schneider/Friedrich: mir dem Vorschlag, einfach den See zu erweitern und eine Art Hafenbecken bis zur Altstadt auszubaggern.

Nicht zum ersten Mal ging es auch bei der siebten Europan um ehemalige Kasernenanlagen: ein Problem, das viele Städte ratlos vor sich herschieben. Zum Beispiel in Halle, wo eine Luftfahrtnachrichtenschule mit Kasernen und Exerzierplatz von Ernst Sagebiel (dem Architekten Hermann Görings) leer steht. Oder in Augsburg, wo die ehemalige Reese-Kaserne ein 44 Hektar großes Loch mitten in der Stadt darstellt.

In Halle will die Siegerin Beatrice Klein die strengen Blöcke abreißen und lang gestreckte Reihenhauszeilen durch vielfaches Knicken zum Tanzen bringen. In Augsburg geht es den Siegern Kyrein/Thiersch/Hadrys eher darum, die vorhandenen Bauten zu erhalten, umzunutzen und durch neue Wohnformen zu ergänzen. „Wohnregal“ heißt ihr Angebot.

Insgesamt, so die Architektin Louisa Hutton bei der Preisverleihung, habe es bei Europan 7 zwar starke städtebauliche Arbeiten, doch wenig innovative Lösungen für Wohnformen gegeben. Es zeigt sich auch, dass die jungen Architekten deutscher Provenienz (oder die Jurys?) für allzu modische Ideen wenig anfällig sind. Streng kubische Blöcke und Reihen sind die Regel. „Blobarchitektur“ hatte keine Siegchancen; nur einmal, in einem Beitrag aus London, werden Baukörper mit dekonstruktivistischen Faltungen vorgeschlagen. Was man heute unter Avantgarde versteht, ist eher bei den Beiträgen für Las Palmas, Wien oder Barcelona zu finden.

Diese und alle deutschen Beiträge sind bis zum 29. Februar im Berliner Café Moskau, Karl-Marx-Allee 34, zu sehen. Eine Übersicht von Aufgabenstellungen und Ergebnissen vermittelt die Website www.europan.de.

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