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Pressekonferenz in der Oper Stuttgart, mit einem Ausschnitt aus dem noch nicht fertiggestellten Dokumentarfilm "Der Fall Serebrennikow". Am Sonntag hat seine Inszenierung von "Hänsel und Gretel" Premiere, die in Abwesenheit des unter Hausarrest stehenden Regisseurs gezeigt wird.

© Marijan Murat/dpa

Zensur und Menschenrechte in Russland: Hausarrest für Regisseur Serebrennikow verlängert

Trauer und Wut: Der Stuttgarter Opern-Intendant Jossi Wieler zeigt sich erschüttert über jüngsten Schikanen gegen Kirill Serebrennikow. Die russische Justiz fährt weiter einen harten Kurs gegen den russischen Regisseur.

Die Oper Stuttgart hat erschüttert auf die Verlängerung des Hausarrests für den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow reagiert. „Wir alle können das nicht verstehen, sind traurig und wütend“, sagte Intendant Jossi Wieler. Die Bühne bringt am Sonntag Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ heraus, „ein Märchen über Hunger und Not, erzählt von Kirill Serebrennikow“, wie es nun im Untertitel anstelle eines klassischen Regie-Credits heißt. Die Justiz hatte den Hausarrest samt Kommunikationssperre am Dienstag verlängert. Sie wirft dem Leiter des Moskauer Gogol-Zentrums vor, Fördergelder in Höhe von umgerechnet rund einer Million Euro veruntreut zu haben, ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Der Kreml-kritische Regisseur, der im August verhaftet worden war, hat alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Nach Informationen des Nachrichtenportals Medusa hatte die Verteidigung Schreiben von mehr als 70 Vertretern aus der Kunstszene vorgelegt, darunter auch von einem kremltreuen Abgeordneten, die Serebrennikows gute Führung im Falle einer Freilassung betonten. Dennoch hätten die Ermittler auf eine angebliche Fluchtgefahr verwiesen, weil Serebrennikow eine Aufenthaltsgenehmigung für Lettland sowie ein Haus in Deutschland besitze. Der Regisseur selber verwies auf die Beschlagnahme seines Passes und schlug vor, dass das Gericht bewaffnete Aufseher beauftragen könnte. „Man rennt nur weg, wenn man schuldig ist“, so der Theater- und Filmemacher. Aber alle Argumente und Angebote erwiesen sich bislang als vergeblich, ebenso wie die zahlreichen internationalen Proteste.
Intendant Wieler sagte nun, das russische Vorgehen komme einem Arbeitsverbot gleich. „Die Inszenierung wäre ganz anders geworden“, es werde weder die Kostüme noch das Bühnenbild geben wie von Serebrennikow erdacht.

Die Oper eröffnet auch eine Ausstellung über gesellschaftskritische Künstler

Im Zentrum der Bühnenproduktion steht ein Spielfilm Serebrennikows: „Hänsel und Gretel“ im Kontext der Globalisierung, erzählt am Schicksal von zwei Kindern aus Ruanda, die auf der Suche nach dem Glück in die Welt des Konsums gelangen. Die Kinder aus dem Film werden zur Premiere erwartet. Auch zeigte die Oper bei einer Pressekonferenz Ausschnitte aus dem noch nicht fertiggestellten Dokumentarfilm über das Musikprojekt, "Der Fall Serebrennikow", den der SWR am 19. November (11.00 Uhr) ausstrahlt.

Serebrennikow hatte in Stuttgart 2015 „Salome“ inszeniert und in Berlin an der Komischen Oper 2016 den „Barbier von Sevilla“. Die Stuttgarter Oper hat für Sonntag außerdem eine Podiumsdiskussion sowie eine Ausstellung zu den Ereignissen und zum Schicksal gesellschaftskritischer Künstler angekündigt. dpa/AFP/Tsp

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