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Li Zhensheng war ein Dokumentar der Grauen der chinesische Kulturrevolution.

© Li Zhensheng / Contact Press Images / Agentur Focus

Zeuge der Kulturrevolution: Fotograf Li Zhensheng ist gestorben

Er zeigte der Welt den Horror der Kulturrevolution: Zum Tod des chinesischen Fotografen Li Zhensheng.

Vor wenigen Tagen starb in New York im Alter von 79 Jahren Li Zhensheng, der vielleicht berühmteste Fotograf Chinas. Weltweit bekannt wurde Li, als sein Fotoband „Roter Nachrichtensoldat“ 2003 in fast 60 Ländern der Erde erschien. Die 277 Aufnahmen aus der Zeit der chinesischen Kulturrevolution (1966-76) zeigen ungeschminkt die grauenhaften Ereignisse jener Zeit.

Mit den Fotografien von Li wurde die Brutalität der Kulturrevolution für eine Weltöffentlichkeit erstmals auch visuell erfahrbar. Mao Zedong hatte die junge Generation aufgehetzt. Kinder wurden gezwungen ihre Eltern zu denunzieren, Schüler und Studenten folterten oder töteten ihre Lehrer. Zehntausende Kulturdenkmäler und Klöster wurde geplündert, zerstört.

Die Verbotene Stadt in Peking musste von Soldaten beschützt werden. Letztlich griff die Armee ein, um die Roten Garden zu besiegen. Die Schätzungen schwanken zwischen 1,5 und 1,8 Millionen Todesopfern. Viele Millionen Menschen wurden verletzt – nicht gerechnet die gigantische Zahl der Familienangehörigen, die von der staatlich verordneten Sippenhaft betroffen waren. Hundert Millionen von 600 Millionen Menschen waren direkt oder indirekt Opfer, so schätzt man heute.

In China sind seine Bilder bis heute nicht erscheinen

In China konnte der Bildband bis heute nicht erscheinen. Die Kommunistische Partei lässt keine Erinnerung an diese grausame Epoche zu. In chinesischer Sprache kam der Band erstmals 2018 auf den Markt – in Hongkong.

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Li wurde im Norden Chinas geboren. Nach einem Studium an der Filmakademie von Changchun arbeitete er als Fotojournalist bei einer großen Tageszeitung. Aufgefordert nur Propaganda, nur positive Motive zu fotografieren, machte er heimlich auch „negative“ Bilder. 1968 musste er mit seiner Frau, die auch für die Zeitung arbeitete, eine Kritiksitzung der Roten Garden über sich ergehen lassen. 300 Mitarbeiter der Zeitung schrien auf die beiden ein, bis sie schließlich wegen „bürgerlicher Gedanken“ zu Zwangsarbeit verurteilt wurden.

Seine Fotos blieben unentdeckt unter den Dielen seiner Wohnung versteckt. 1971 konnte Li mit seiner Frau der Haft entkommen. Über 20 000 „negative“ Aufnahmen machte Li in der Zeit der Kulturrevolution, die erst endete als der Diktator Mao im September 1976 starb.

In den 1990er Jahren schmuggelte Li seine Aufnahmen außer Landes. Mit dem Fotografen Robert Pledge wählte er über viele Jahre die Bilder für den dann 2003 veröffentlichten Band aus. Ausgezeichnet wurde der Fotokünstler 2013 für sein Lebenswerk mit dem Lucie Photo Book Prize, dem Oscar der Fotografen. „Ich wollte nur zeigen, was war, damit es nie wieder passieren kann“, sagte er in einem seiner Interviews.

Gereon Sievernich

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