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Randy Newman am Flügel.

© dpa

Zum 70. Geburtstag von Randy Newman: Sänger des amerikanischen Albtraums

Randy Newman beherrscht die Kunst, die bösesten Botschaften in die hinreißendsten musikalischen Arrangements zu verpacken. Wir gratulieren dem Sänger zum 70. Geburtstag.

Es ist ein Abgesang, der in der schunkelnden Harmlosigkeit einer Countryballade daherkommt. „This empire is ending / Like all the rest“, singt Randy Newman zu einer sanft jaulenden Steelguitar. Geigen säuseln, dann ruft er „Goodbye, Goodbye, Goodbye“. „A Few Words in Defense of Our Country“ heißt der Song, mit dem Newman auf seinem bislang letzten, 2008 erschienenen Studioalbum „Harps and Angels“ bilanziert, was aus dem amerikanischen Traum geworden ist: ein Albtraum. Früher habe einmal ein Präsident – gemeint ist Kennedy – gesagt, dass die Amerikaner nichts zu fürchten hätten als die Furcht. Nun aber sei die Furcht zum patriotischen Akt geworden. Und die Politiker an der Spitze des Staates seien „die schlechtesten, die wir je hatten“. Das amerikanische Imperium – so lautet das Fazit – ist reif für den Untergang.

Randy Newman beherrscht die Kunst, die bösesten Botschaften in die hinreißendsten musikalischen Arrangements zu verpacken. Sein Sarkasmus erstrahlt in orchestralem Schönklang. In seinem frühen Hit „I Think It’s Going to Rain Today“, der von Neil Diamond und Dusty Springfield gecovert wurde, verspottet er das Gutmenschentum der Hippies mit der Zeile „Human kindness is overflowing“. In der von fröhlichen Bläsern getragenen Hymne „Rednecks“ versetzt er sich in die Perspektive eines weißen Südstaatlerrassisten: „We’re too dumb to make it in no northern town / And we’re keepin’ the niggers down.“ Und mit „It’s the Money That I Love“ bringt er das Wesen des Kapitalismus auf den Punkt: „I don’t love Jesus / He never done a thing for me / It’s the money that I love.“

Randy Newman, der am 28. November 1943 in Los Angeles geboren wurde, entstammt einer Musikerdynastie. Sein Vater, ein Arzt, spielte gelegentlich Klarinette in der Bigband von Benny Goodman, seine Onkel Alfred, Emil und Lionel Newman waren erfolgreiche Filmmusikkomponisten in Hollywood. Newman begann seine Karriere mit 17 Jahren als Auftragskomponist. Er schrieb Songs für Gene Pitney, Petula Clark und Alan Price und ergatterte 1967 einen Plattenvertrag beim vom Frank Sinatra gegründeten Reprise-Records-Label. Sein opulent orchestiertes Debütalbum wirkte wie aus der Zeit gefallen und verkaufte sich so schlecht, dass die Plattenfirma die übrig gebliebenen Exemplare verschenkte.

Mit „Short People“ gelang ihm 1977 ein Singlehit, auch seine herausragenden Alben „Sail Away“, „Good Old Boys“ und „Little Criminals“ konnten sich in den Charts platzieren. Doch ein richtiger Popstar ist Newman nie geworden. Dafür waren seine Musik zu altmodisch, seine Stimme zu dünn und seine Texte zu satirisch. Als Filmmusikkomponist ist er hingegen rekordverdächtig erfolgreich. Er war zwanzig Mal für einen Oscar nominiert und hat die Trophäe zwei Mal bekommen: 2002 für seinen Song „If I Didn’t Have You“ aus dem Film „Die Monster AG“ und 2011 für „We Belong Together“ aus „Toy Story 3“. Auf ein neues Album werden seine Fans wohl noch etwas warten müssen. Lieder zu schreiben, hat Newman gestanden, falle ihm immer schwerer.

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