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Architekt Stephan Braunfels, hier vor seinen Bauprojekten im Jahr 2008.

© Mike Wolff

Zum 70. Geburtstag von Stephan Braunfels: Baumeister der heiteren Größe

Von ihm stammt in München die Pinakothek der Moderne, in Berlin das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Doch eigentlich denkt Braunfels weiter.

„Mein Thema ist die Stadtbaukunst“, hat Stephan Braunfels gesagt, nicht einmal, sondern hundertmal. Er hat es belegt mit stadtplanerischen, mit stadtbaukünstlerischen Vorschlägen, die er für etliche Orte unterbreitet hat, gefragt oder ungefragt.

Stephan Braunfels, in Überlingen geboren, ist Architekt, aber er versteht sich zugleich als Stadtbaumeister. Das ist seine Stärke, aber es ist zugleich sein Problem. Denn er hat kein Gegenüber, um seine städtebaulichen Vorschläge zu besprechen und im Idealfall auszuführen. Städtebau ist ein Fall für Gremien, für Kompromisse, oft genug für schlichtes Versanden.

Gegen das Museum des 20. Jahrhunderts läuft er Sturm

Daran reibt sich Braunfels. Ein andauernder Fall ist das Berliner Kulturforum. Gegen den geplanten Museumsbau läuft Braunfels Sturm – weil er das ganze Vorgehen für falsch hält, das Pferd von hinten aufgezäumt, den Museumsbau beschlossen, ohne zuvor die städtebauliche Situation zu ordnen.

Dem Kulturforum hat Braunfels jüngst ein Buch gewidmet, in dem er seine Kenntnisse von Platzgestaltungen in aller Welt auf die Berliner Situation anwendet. Man muss die Braunfels’schen Vorschläge nicht gutheißen, um höchsten Respekt vor der gedanklichen Durchdringung des Städtebaus zu empfinden. Und man ahnt, dass mit der Entscheidung für den Museumsneubau kein gordischer Knoten durchschlagen wurde, sondern nur ein unübersehbarer Verfahrenswirrwarr abgeschnitten werden sollte.

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Wie anders war dies beim Erstling der städtebaulichen Vorschläge von Braunfels! Damals, in den frühen 1980er Jahren, machte sich der junge Architekt ohne Auftrag daran, für München alternative Planungen zu entwickeln und die vielen halbherzigen Situationen, die in der Nachkriegszeit entstanden waren, zu korrigieren. Eine italienische Grandezza zeigte sich in diesen Entwürfen, Größe gepaart mit Heiterkeit.

In München gab es Streit um Baumängel, ähnlich später in Berlin

München, die Stadt, in der Braunfels aufwuchs, brachte ihm den Durchbruch als Architekt, mit dem Siegerentwurf für den Neubau der Pinakothek der Moderne, der dritten im Reigen der Pinakotheken. Diesen seit seiner Eröffnung 2002 hochgelobten Bau in strahlendem Weiß musste Braunfels mit unzureichendem Budget planen; die daraus resultierenden Baumängel führten zu juristischen Scharmützeln, die tiefe Spuren hinterließen. Ähnlich in Berlin, wo die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders- Hauses, dieser von Braunfels von Anfang an mitgedachte und dem Bundestag abgerungene Abschluss des Ensembles, bereits um Jahre hinter dem Zeitplan liegt.

Dabei gibt es wohl kein schöneres Ensemble unter der Regierungsbauten der Berliner Republik als die Bundestagsbauten beiderseits der Spree, die – Größe gepaart mit Heiterkeit! – den Fluss rahmen und überspringen. Braunfels schien im Zenit seiner Architektenlaufbahn, als er die beiden enormen Bundestagsbauten und zugleich den Münchner Museumsbau emporwachsen sah.

Braunfels kann es aus dem Handgelenk - wie im Foyer der Staatsoper

Doch es folgte – enttäuschend wenig, mehr Streit um Wettbewerbe als deren Gewinn. Braunfels widmete sich fortan stärker der Musik und der Aufführung der Werke seines Großvaters, des Komponisten Walter Braunfels. Man kennt den Architekten in den Opernhäusern der Welt. Doch die Berliner Staatsoper zu renovieren, war ihm wiederum nicht vergönnt. Was er kann, was er könnte, fast aus dem Handgelenk heraus, hat er mit dem neu gestalteten Foyer der Komischen Oper bewiesen.

An Streitlust, besser: an Lust, zu argumentieren, mangelt es ihm bis heute nicht, er meldet sich zu Wort und legt seine Gedanken nun in Buchform vor; darunter auch zum Wiener Kaiserforum, einem noch länger als das Berliner Beispiel ungelösten Problemfall. Die Liste seiner Architekturentwürfe ist lang, die Projekte umfassen alle Bauaufgaben. Nur als Stadtbaumeister hat er nie das angemessene Wirkungsfeld finden dürfen. Heute feiert Stephan Braunfels seinen 70. Geburtstag.

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