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Der Baum-Künstler Ben Wagin und Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

© Laurence Chaperon

Zum Tod des Künstlers Ben Wagin: „Der größte und beste Baumpate, ein wunderbares Vorbild“

Sonntags rief er die Kulturstaatsministerin oft an: „Moni, du sollst die Sonne genießen!“ Ein persönlicher Nachruf auf Bildhauer und Umweltaktivist Ben Wagin.

Ben Wagin, 1930 im polnischen Jagow geboren, lebte seit 1957 in Berlin. Der Bildhauer und Umweltaktivist engagierte sich zeitlebens für Nachhaltigkeit und das Nachdenken über unser Verhältnis zu Umwelt und Natur. Er starb am Mittwochmorgen mit 91 Jahren, zu seinem Tod hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters diesen persönlichen Nachruf geschrieben. Mit dem Schöpfer des "Parlaments der Bäume", einer Installation zum Gedenken an die Mauertoten im Berliner Regierungsviertel, war die CDU-Politikerin viele Jahre befreundet.

Ben ist tot. Eigentlich unglaublich. Im Mittwochmorgen ist er friedlich eingeschlafen. Bis zuletzt sei er heiter gewesen – das passt zu ihm, zu meinem Freund, zum großen Baumpaten, zum großen Natur-Poeten Ben. Sein Tod macht mich dennoch sehr traurig. Ich kenne Ben seit meinem ersten Berliner Jahr 1989. Deshalb kann ich mir Berlin ohne ihn kaum vorstellen. Zum Glück hat er bleibende Spuren hinterlassen – für alle unübersehbar.

Ben Wagin war der größte und beste Baumpate und ein wunderbares Vorbild für den Schutz von Natur und Umwelt. Mehr als 50.000 vor allem Ginkgo-Bäume hat Ben in Europa gepflanzt. Und mit dem „Weltbaum“ schuf er eines der ersten großen Fassaden-Gemälde Berlins. Seine Werke sind heute ein unverzichtbarer Teil der Stadt.

Viele seiner Aktionen waren nicht nur ein Aufruf zum nachhaltigen und rücksichtsvollen Umgang mit der Natur, sondern ebenso Appelle für Frieden und Versöhnung. Wer sich etwa in den Lokschuppen und auf dem Freigelände des Technikmuseums umsieht, der erkennt nicht nur seine künstlerische Handschrift, sondern wird auch Zeuge der Kraft und Lebensfreude, die er bis ins hohe Alter unvermindert versprühte. 

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Schon früh hat Ben Wagin den Protest gegen die Teilung der Stadt an der Berliner Mauer organisiert. Nach der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung schuf er mit dem „Parlament der Bäume“ einen einzigartigen Natur-Gedenkort für die Opfer der Unfreiheit. Im ehemaligen Niemandsland und in unmittelbarer Nähe des Deutschen Bundestags steht heute eine Oase seines kreativen Schaffens, die vor allem junge Menschen ohne eigene Diktaturerfahrung für das durch die Teilung Berlins und Deutschlands erzeugte Leid sensibilisiert. 

"Ben Wagin ließ nicht locker, weder politisch noch ganz persönlich"

Mit diesem lebendigen Aufruf zum „Denk mal nach!“ über den Wert von Freiheit und Demokratie, über den Wert von Natur und Umwelt, gab Ben Wagin die Aufarbeitung der Vergangenheit auch  kommenden Generationen als bleibenden Auftrag mit auf den Weg. Ich bin froh, dass es gelungen ist, die Zukunft dieses einzigartigen Erinnerungsortes im 30. Jahr seines Bestehens dauerhaft zu sichern und ihn in die Stiftung Berliner Mauer zu überführen. Noch im vergangenen Herbst haben wir dort zusammen mit Grundschülerinnen und -schülern einen Kirschbaum gepflanzt.

Ich habe Ben tief in mein Herz eingeschlossen, diesen eigensinnigen treuen Freund. Und auch er ließ nicht locker, weder politisch noch ganz persönlich, als Mensch.

Ben Wagin vor seinem Entwurf für die Arbeit: "Europa Parlament - Alle Bäume gegen Krieg und Gewalt" ; ausgeführt von den Künstlern Wolfgang Loewe und Nicole Florence Marc am Schiffbauerdamm.
Ben Wagin vor seinem Entwurf für die Arbeit: "Europa Parlament - Alle Bäume gegen Krieg und Gewalt" ; ausgeführt von den Künstlern Wolfgang Loewe und Nicole Florence Marc am Schiffbauerdamm.

© Thilo Rückeis

Legendär ist seine Freundschaft zu Rolf Eden – eine gleichermaßen irre wie innige Verbindung, wie sie wohl nur Berlin hervorbringen konnte. Hannah Renate Laurien hat er immer „die Mutter“ genannt und seit Jahrzehnten ist er eng mit dem Grünen-Politiker Michael Cramer. Ben war immer umgeben von seinen Freundinnen, seinen Musen, und die innigste Beziehung galt den Mitgliedern des von ihm gegründeten Baumpaten-Vereins.

Seine einzigartige Mischung aus Charme, Begeisterung und Hartnäckigkeit hat mich von Beginn an tief beeindruckt. Ben Wagin war ein eigenwilliger Typ, jede Begegnung mit ihm ein Erlebnis. Er konnte sehr energisch, ja fordernd sein – seine sonntäglichen Anrufe: „Moni, du sollst die Sonne genießen!“ werde ich ebenso vermissen wie seinen kräftigen Händedruck. Mit diesen von der Natur gegerbten Händen hat er Millionen Blumenzwiebeln in die Erde gebracht.

"Im April haben wir vor der Neuen Nationalgalerie drei Silberahorn-Bäume gepflanzt"

Zum letzten Mal erlebt habe ich Ben Wagin im April dieses Jahres, als wir vor der Neuen Nationalgalerie zusammen drei Silberahorn-Bäume gepflanzt haben. Sie waren der Ersatz für Bäume, die Ben in den 70er Jahren dort gepflanzt hatte und die bei der Sanierung des Gebäudes gefällt werden mussten.

Die Wiedereröffnung der Neuen Nationalgalerie in wenigen Wochen kann Ben Wagin nun leider nicht mehr erleben. Aber die neu gepflanzten Silberahorn-Bäume werden wie vieles andere von ihm mit dazu beitragen, dass Berlin gedeiht und blüht und so eine lebenswerte Metropole bleibt. Ich werde meinen Freund Ben Wagin nicht vergessen. 

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