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Sven Lager und Elke Naters. Lager ist am 19. April im Alter von 56 Jahren gestorben.

© Brunnen Verlag

Zum Tod des Schriftstellers Sven Lager: Im Gras und am Pool

Schule des Lebens und der Liebe: Der Schriftsteller, Geflüchtetenhelfer und Sharehouse-Gründer Sven Lager ist gestorben. Ein Nachruf.

Gehört hatte man von Sven Lager schon länger nichts mehr, zumindest nicht von ihm als Schriftsteller. Sein letztes Buch „Jeder Mensch will ankommen“ war 2017 erschienen, weit ab vom einschlägigen Literaturbetrieb.

Es geht darin um die Arbeit mit Geflüchteten, um Erfahrungen, die diese auf ihrer Flucht und bei ihrer Ankunft in Deutschland gemacht haben. Aber auch um Lagers eigene Erfahrungen mit ihnen, nachdem er 2014 zusammen mit seiner Frau Elke Naters und der Berliner Stadtmission das Sharehouse Refugio erst in Kreuzberg und dann in Neukölln gegründet hatte, um hier Geflüchteten eine erste Anlaufstelle und ein erstes Zuhause zu bieten.

Nach der traurigen Nachricht von Lagers Tod ist aber sofort auch wieder die Zeit präsent, in der er eine durchaus prägende Figur der Popliteratur war, Ende der neunziger, Anfang der nuller Jahre. Mit Elke Naters hatte Lager das Internetportal „ampool.de“ eingerichtet, auf dem dann Texte befreundeter Autoren und Autorinnen erschienen, von Rainald Goetz oder Christian Kracht, Eva Munz oder Rebecca Casati, Mark Brandenburg, Andreas Neumeister oder Georg M. Oswald.

"Phosphor" heißt sein Debütroman von 2000

Es war die Zeit des frühen Internets und des ersten sozialen Networkings, Rainald Goetz schrieb im Netz "Abfall für alle", Thomas Hettche gründete "Null"; und es war die Zeit, in der Elke Naters mit ihren Debütroman „Königinnen“ berühmt wurde und Lager ihr mit seinem eigenen Debüt „Phosphor“ über urbanes Jungsein und Herumdriften nachfolgte. Damals traf man sich im Kumpelnest in der Potsdamer Straße, im Init oder im Ibiza, aber auch im Café der Agentur Eggers & Landwehr in der Rosa-Luxemburg-Straße.

Was Lager damals von vielen seiner Kollegen angenehm unterschied, das war seine Zugewandtheit, seine Freundlichkeit, von Ego-Trippin' und Narzissmus keine Spur bei ihm.

Naters schrieb nachfolgend den Roman „Lügen“ und Lager „Im Gras“, einen Roman, dessen Schauplatz Bangkok war, wo das Paar eine Zeit lang lebte. Zurück in Berlin, in einer Wohnung in der Friedrichstraße, hielt es Naters und Lager nicht mehr so lange in der Stadt, und auch die schriftstellerische Karriere war bei beiden etwas ins Stocken geraten.

So zogen sie mit ihren Kindern weiter nach Südafrika, in das 120 Kilometer von Kapstadt entfernte Hermanus, von wo sie aus für Magazine wie „Mare“, „Merian“ oder „Quest“ schrieben, aber auch Bücher über das Eltern- und Paardasein wie „Was wir von der Liebe verstehen“ oder die Geschichtensammlung „Durst,Hunger, müde“.

"Unsere Liebe ist größer als wir selbst"

Ihr Credo dabei: „Unser Liebe ist größer ist als wir selbst und unsere selbstbezogenen kleinlichen Reibereien.“

Sven Lager, der 1965 in München geboren wurde, versuchte es 2007 noch einmal mit einem Roman. „Mein Sommer als Wal“ erzählt eine explizit südafrikanische Geschichte von einem jungen, in Südafrika tätigen Berliner, der sich hin und wieder auch an Szenen aus seiner Heimat erinnert.

Zum Beispiel an den gar nicht so fiktiven Osman aus dem Café M, „meinen sudanesischen Freund, der mir eine heiße Schokolade spendierte.“

Das mit dem Schreiben war das eine bei Lager, das andere Gott, der christliche Glaube, den das Paar in Südafrika für sich entdeckt hatte. Und der sich 2012 auch in einem ersten Sharehouse-Projekt in Südafrika niederschlug. Hier versuchte Lager einheimische Künstler:innen bei ihren Arbeiten zu unterstützen.

Er würde „in einer sehr schönen Freundschaft mit Gott leben“, hat der Schriftsteller vor einem Jahr gesagt, und in dem Berliner Sharehouse-Projekt hatte er seine berufliche Erfüllung gefunden. Nun ist er am Montagabend in Berlin an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.

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