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Beim Filmfest Venedig 2012 erhielt Francesco Rosi einen Goldenen Löwen für sein Lebenswerk. Die Berlinale hatte ihn 2008 mit dem Goldenen Ehrenbären gewürdigt. Der Filmemacher starb am Samstag, den 10. Januar, im Alter von 92 Jahren in Rom.

© AFP

Update

Zum Tod von Francesco Rosi: Der Forscherfilmer

Zeitlebens hat Francesco Rosi die politischen und sozialen Missstände in Italien angeprangert. Nun ist der Filmemacher mit 92 Jahren in Rom gestorben.

Was ist Ruhm, und wie lange hält er? Die Lorbeeren des Kinos hat Francesco Rosi alle geholt – vom Silbernen Bären („Wer erschoss Salvatore G.“), womit ihm 1962 der Durchbruch gelang, über den Goldenen Löwen („Hände über der Stadt“, 1963) bis zur Goldenen Palme („Der Fall Mattei“, 1972). Aber sein Name überstrahlt das Filmschaffen des 20. Jahrhunderts nicht wie ein Pasolini, ein Visconti, ein Fellini. Vielleicht, weil er im Wesentlichen bei politischen Themen blieb, mochten die Filme formal noch so poetisch sein. Weil er sich an den Intellekt des Publikums richtete, weniger an dessen Herz. So gewann er Respekt, nicht aber Liebe.
Filmemacher werden wollte der in Neapel als Sohn eines Reedereibesitzers geborene Francesco Rosi von Jugend an, doch sein Vater bestand auf einem soliden Beruf – und das bedeutete Jurastudium. So wurde Rosi Mitte Dreißig, bevor er – zunächst Assistent bei Luchino Visconti – erste eigene Filme drehte. „Wer erschoss Salvatore G.“, die Geschichte eines zum Mafioso aufsteigenden Gauners, projizierte er, vor gebanntem Publikum, in einem sizilianischen Dorf auf ein Bettlaken an der Hauswand, bevor er damit in Berlin reüssierte. In den folgenden 15 Jahren schuf er, die Venedig-und-Cannes Sieger sowie „Lucky Luciano“ und „Die Macht und ihr Preis“ hinzugerechnet, jene Filme, die seinen Ruhm als großen, politisch links stehenden Regisseur begründeten. Stets ging es um die Verstrickung zwischen Bandenkriminalität und Politik, um politisch motivierte Morde, vor allem aber: um die Aufdeckung von Gewaltstrukturen, den übergreifenden Zusammenhang. „Cine inchiesta“ nannte er sein Arbeitsprinzip: Recherchefilm.

Francesco Rosi wurde 2008 auf der Berlinale mit dem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet

Mit „Christus kam nur bis Eboli“ (1979) – sein Lieblingsdarsteller Gina Maria Volonté spielte auch hier die Hauptrolle – löste Rosi sich vom politischen Reflex und schuf seinen vielleicht schönsten Film. Nach dem gleichnamigen Bericht von Carlo Levi schildert er das Leben eines unter Mussolini in ein süditalienisches Dorf verbannten Turiner Arztes und Intellektuellen als langsame Annäherung – und Aneignung – einer fremden Welt. Versuche, in anderen Genres wie der Opern- („Carmen“) oder klassischen Literaturverfilmung („Chronik eines angekündigten Todes“) Fuß zu fassen, brachten ihm in den 1980er Jahren hingegen nur mehr Spott bei der Filmkritik ein.
Seit 18 Jahren hatte Francesco Rosi, der jahrzehntelang hoch oberhalb der Spanischen Treppe in Rom wohnte, keinen Film mehr gedreht. Bei der Berlinale 2008 ließ er sich, zurückhaltend, wie es – laut Selbstbeschreibung – zu einem „Neapolitaner normannischer Abstammung“ passt, noch einmal mit einem Ehrenbären und einer Hommage feiern; 2012 erhielt er in Venedig den Löwen fürs Lebenswerk. Am Sonnabend ist Rosi 92-jährig in Rom gestorben; die Beerdigung soll am Montag stattfinden.

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