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Joachim "Blacky" Fuchsberger 2012 im Hotel Bayerischer Hof in München. Mit 85 Jahren bekam er den "Bambi" für sein Lebenswerk.

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Zum Tod von Joachim "Blacky" Fuchsberger: Der Mann ohne Abgründe

Joachim Fuchsberger war zeitweise einer der beliebtesten Deutschen, sah verdammt gut aus und spielte in unzähligen Filmen. Doch das große Kunstwerk, das als Vermächtnis dienen könnte, ist ihm nie gelungen. Jetzt ist er im Alter von 87 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Joachim Fuchsberger ist gestorben, ohne jemals beweisen zu dürfen, was er als Schauspieler wirklich kann. Nach wochenlangen Behandlungen in der Klinik starb er an diesem Donnerstag im Alter von 87 Jahren in seinem eigenen Haus in Grünwald bei München. Zeitweise war er einer der beliebtesten Deutschen. Von den 50er bis zu den 70er Jahren spielte er in unendlich vielen Filmen. Aber ein Filmkunstwerk, das in den großen Feuilletons ein begeistertes Echo gefunden hätte und dem man einen bleibenden Nachruhm prophezeien könnte, findet man nicht in diesem Oeuvre. Als der Junge Deutsche Film für kurze Zeit dem deutschen Kino einen gewissen Weltruhm verschaffte, sah man Joachim Fuchsberger in Werken wie „Lange Beine - lange Finger“ oder „Ein Käfer gibt Vollgas“. Er sah verdammt gut aus, er wirkte sympathisch und besonnen, was er nach eigenem Bekunden im wirklichen Leben nicht immer gewesen ist, er strahlte in jeder gewünschten Dosis Vertrauenswürdigkeit aus. Aber war er ein guter Schauspieler, einer, der seine Abgründe zeigt? Dazu hat ihn nie jemand gezwungen, und das kann man bedauern.
Fuchsberger war ein braver, aufrechter, ein durch und durch bürgerlicher Mann, nicht ohne Witz und Selbstironie, aber einer, der sich gerne auf sicherem Terrain bewegte. Politisch stand er eher bei den Konservativen als bei den Reformern. Vielleicht hatte er ganz einfach keine Abgründe.

Man kann von einem geglückten Leben sprechen

Sein Vater war Schriftsetzer. Geboren wurde Joachim 1927 in Stuttgart. Während des Krieges hatte er nie die Gelegenheit zu einem Schulabschluss, statt dessen absolvierte er eine Nahkampfausbildung, die sich später, bei den Actionszenen, als nützlich erweisen sollte. Anders als bei vielen Generationsgefährten ist nichts über ein politisches Engagement bei den Nazis bekannt. Über diverse Jobs als Bergmann, Monteur und Werbeleiter fand er zum Hörfunk, als Sprecher. Der Spitzname "Blacky" stammt aus dieser Zeit und spielt, so die Legende, auf die Vorliebe des jungen Mannes für Whisky der Marke "Black and White" an.

1954 bekam Blacky die erste Hauptrolle, die ihn sofort bekannt machte. In Paul Mays Kriegsfilm "08/15" spielte er den Gefreiten Asch. "08/15" war die Verfilmung eines Bestsellers von Hans Hellmut Kirst, besetzt mit künftigen Stars wie Mario Adorf, Hans Christian Blech und Helen Vita. Mit gutem Willen lässt sich aus dem Film eine Kritik des preußischen Kommissgeistes herauslesen. Hauptsächlich aber war er eine Klamotte, die den Zweiten Weltkrieg als eine eigentlich recht lustige und unterhaltsame Zeit des permanenten Abenteuerurlaubs erscheinen ließ, typisches Verdrängungskino, genau das, wogegen später der junge deutsche Film revoltierte. Das Publikum war begeistert.

Der bestaussehende Mann des deutschen Films

Joachim Fuchsberger (links), aufgenommen im Januar 1972 in einer Edgar Wallace-Filmszene von "Das Geheimnis der grünen Stecknadeln" als Kommissar Barth.
Joachim Fuchsberger (links), aufgenommen im Januar 1972 in einer Edgar Wallace-Filmszene von "Das Geheimnis der grünen Stecknadeln" als Kommissar Barth.

© dpa

Über diverse Kriegs- und Heimatfilme, meistens erfolgreiche, pirschte sich Blacky an seine wichtigste Rolle heran, den gut aussehenden Kommissar in zahllosen "Edgar Wallace"-Krimis. Da musste er einen Engländer spielen, einen Gentleman. Die Filme waren, mit heutigen Augen betrachtet, nicht selten unfreiwillig komisch, damals aber markierten sie den äußersten Punkt an Spannung und Dramatik, zu dem der deutsche Unterhaltungsfilm in der Lage war. Als, Jahrzehnte später, Oliver Kalkofe zwei Edgar-Wallace-Parodien ins Kino brachte, "Der Wixxer", "Neues vom Wixxer", war Blacky immerhin zu einem Gastauftritt bereit.
Wer Zeitzeuginnen dieser Epoche der deutschen Filmkunst befragt, der erfährt, dass Fuchsberger in mindestens einer Hinsicht völlig anders war als all die anderen Stars. Er ließ sich niemals auf Affären mit seinen Kolleginnen ein. Der bestaussehende Mann des deutschen Films war glücklich verheiratet, mit Gundula Karte, seiner Gundl, er war treu wie Gold, er war ein stets liebenswürdiger und hilfsbereiter Kollege mit erstaunlich schwach ausgeprägter Eitelkeit. Nur manchmal, wenn sein Jähzorn durchbrach, stritt er sich mit den Regisseuren. Es muss erholsam gewesen sein, mit ihm zu arbeiten. Ein Gentleman war er nicht nur, wenn die Kamera lief. Aber irgendwann hatte er die Nase voll.

Der freundliche Biolek ist verglichen mit Fuchsberger ein Großinquisitor

Der reifere Blacky wendet sich dem Fernsehen zu, die Show "Auf los geht`s los" und die Gesprächsreihe "Heut` abend" werden große Erfolge, letztere läuft von 1980 bis 1991 in 300 Folgen. Bei unprominenten Gästen, in "Auf los geht`s los", kann er uncharmant werden. Je berühmter aber sein Gegenüber ist, desto kleiner macht sich Blacky. Der Talkmaster Fuchsberger steht nahezu permanent unter dem Feuer der Kritik, er gilt als viel zu nett, als unkritisch, als einer, der seinen Gästen auf jeden Leim geht. Selbst der freundliche Alfred Biolek kam einem, als er noch im Fernsehen aktiv war, verglichen mit Blacky, wie ein Großinquisitor vor. Die Kritik war oft ungerecht. Tatsächlich war Fuchsberger, auf seine Art, ein guter Interviewer, gerade deshalb, weil seine Gäste sich bei ihm sicher und bestens aufgehoben fühlen durften. Da öffnete sich mancher, das war ja beinahe wie im Urlaub. Fuchsberger nahm sich Zeit, er verplauderte sich und zog an seiner Pfeife. Er nahm, uneitel wie immer, alle seine Gäste auf eine Weise ernst, die einem heute wunderbar antiquiert und höchst menschenfreundlich vorkommt.

Mit Anfang 40 besaß er außer Schulden und seinem Image nichts mehr

Mit dem Werteverfall hat Joachim Fuchsberger auch persönlich schmerzhafte Erfahrungen machen müssen. Ein Ausflug in die Immobilienbranche endete für ihn mit der totalen Pleite. Blacky konnte vieles, spekulieren konnte er nicht. Mit Anfang vierzig besaß er, außer Schulden und seinem Image, nichts mehr. Er arbeitete dann unermüdlich, sogar als Schlagertexter für Udo Jürgens und Howard Carpendale, auch das Vereinslied des Fußballklubs "Stuttgarter Kickers" stammt aus seiner Feder. Als es ihm finanziell wieder gut ging, setzte er sich mit seiner Gundl nach Australien ab, drehte dort Dokumentarfilme und ließ es sich gut gehen, bis die Gesundheit nachließ. Sein Schlusskapitel wollte er in Deutschland spielen lassen. Bei den olympischen Spielen in München, 1972, war er Stadionsprecher, eigentlich ein einfacher Job für einen wie ihn. Nach dem Terroranschlag aber traf er den richtigen Ton, nicht jeder hätte ihm das zugetraut. Als sich bei der Abschlusszeremonie unbekannte Flugzeuge der Arena näherten, entschied sich Fuchsberger fürs Schweigen und verhinderte damit eine Massenpanik. Einmal, nach einer verlorenen Wette, moderierte er im Nachthemd.

Vieles deutet darauf hin, dass Joachim Fuchsberger nie mehr erreichen wollte, als das, was er erreicht hat: die meisten Klippen zu umschiffen, gemocht zu werden und, am Ende, sogar respektiert. Die Idee, dass er ein deutscher Robert Redford hätte werden können, oder eine gefeierte Skandalnudel wie Harald Juhnke, oder ein später Charakterdarsteller in der Art von Inge Meysel, scheint ihn nicht übermäßig gequält zu haben. Nach zwei ARD-Filmen über eine aufmüpfige Altersheim-Gang drehte er zuletzt erneut mit Jan Josef Liefers die Produktion „Über(s)leben“. 2007 beantwortete er einen dieser Promi-Fragebögen. Auf die Frage, mit wem er gerne für einen Monat tauschen würde, antwortete er: "Mit niemandem." Auf welche Leistung er besonders stolz sei? Auf seine glückliche Ehe. Sein Lieblingsschauspieler aber war der ironische, doppelbödige Peter Ustinov.
Er konnte seine Möglichkeiten realistisch einschätzen, und er hat viel daraus gemacht. In seinen späten Jahren musste er den Tod seines einzigen Sohnes verkraften, das Herz und mehrere Schlaganfälle setzten ihm zu, aber Gundl ist bei ihm geblieben bis zuletzt. Am Tag seines Todes sagt sie, ihr Mann habe bis zuletzt gehofft, zu genesen. "Er dachte, es klappt."

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