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Die Schauspielerin Sonja Ziemann stellt 1998 auf der Buchmesse ihre Autobiographie "Ein Morgen gibt es immer - Erinnerungen" vor.

© dpa

Zum Tod von Kinostar Sonja Ziemann: Ihre Karriere begann sie als Schwarzwaldmädel

Mit Rudolf Prack wurde Sonja Ziemann 1950 zum Traumpaar des deutschen Films. Doch das Etikett Heimatfilmstar mochte sie nicht.

Von der Wirklichkeit des Alltags in ihren noch immer zerbombten Städten wollten die Deutschen fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr viel wissen. Ihnen ging es vor allem um eins: Ablenkung. „Schwarzwaldmädel“, der 1950 als erster deutscher Farbfilm der Nachkriegszeit ins Kino, war wie dafür gemacht. Ein azurblauer Himmel wölbte sich über agfacolorbunt strahlenden Berglandwiesen, ein Chor sang: „Mädel aus dem schwarzen Wald / Die sind so schwer zu kriegen.“ Am Ende bekam Rudolf Prack als Maler aus der Stadt dann aber doch Sonja Ziemann, die das Schwarzwaldmädel mit dem Bommelhut spielte, eine Sekretärin namens Bärbele.

Filmpartner Prack war schon 48 - an jungen Männer mangelte es

Das „Schwarzwaldmädel“, das 16 Millionen Zuschauer ins Kino lockte, machte die beiden Hauptdarsteller über Nacht zum Traumpaar des deutschen Films. Bald gründeten sich „Zieprack“-Fanclubs, die die Begeisterung für ihre Idole in holprige Verse fassten: „So sind wir immer in Rhythmus und Takt / Für Sonja Ziemann und Rudolf Prack.“ Ziemann war 25, als der Film ins Kino kam, und Prack schon 48. In ihrer Leinwandliebe spiegelte sich die Realität einer Ära, in der es an jungen Männern mangelte, von denen viele gefallen, vermisst oder immer noch gefangen waren. Ziemann und Prack drehten vier weitere Filme miteinander, dann galten sie als nicht mehr kassenträchtig genug.

Doch Ziemann blieb ein gefragter Star, bis 1960 trat die zierliche, stets jugendlich wirkende Schauspielerin in mehr als vierzig weiteren Filmen auf, meist Komödien und Romanzen, die „Alle kann ich nicht heiraten“, „Dany, bitte schreiben Sie“ oder „Texasmädel“ hießen. Ihre Partner waren nun Hardy Krüger, Curd Jürgens, Karlheinz Böhm, Georg Thomalla, Heinz Drache oder Ivan Desny. „Sonja stirbt nicht, sie hat höchstens einmal einen Schnupfen“, so beschrieb der „Spiegel“ die Robustheit ihres Ruhms. „Ich weiß nicht, wann ich damals geschlafen habe“, erinnerte sie sich später.

Ihre Karriere startete sie als Teenagerin

Sonja Ziemann, 1926 in Eichwalde bei Berlin geboren, hatte ihre Karriere bereits als Teenager begonnen. Nach einer Ausbildung in der Tanzschule von Tatjana Gsovsky bekam sie einen Vertrag als Solistin im Berliner Plaza-Theater. 1941 debütierte sie mit dem Lustspiel „Ein Windstoß“ im Kino und trat bis Kriegsende in Musikfilmen wie „Eine kleine Sommermelodie“ und „Liebe nach Noten“ auf. Für ihren wichtigsten Film hielt sie „Der achte Wochentag“, eine polnisch-deutsche Koproduktion, die 1958 im zerstörten Warschau entstand und in Polen lange verboten war. Bei den Dreharbeiten lernte sie den Schriftsteller Marek Hlasko kennen, den sie 1961 heiratete.

In den sechziger Jahren, als ihre Filmkarriere ins Stocken geriet, ging Ziemann ans Züricher Schauspielhaus und schaffte mit Stücken von Zuckmayer, Arthur Miller und Tennessee Williams den Rollenwechsel zum Bühnenstar. Im Fernsehen machte sie sich rar, zuletzt übernahm sie 1997 eine Rolle in der Serie „Parkhotel Stern“. Nachdem ihr dritter Ehemann, der Schauspieler Charles Regnier, 2001 gestorben war, zog sie sich ins Privatleben zurück. „Wenn ich jetzt noch vor der Kamera oder auf der Bühne stünde, käme ich mir deplatziert vor“, sagte sie. „Es gibt doch meine alten Filme.“

Nach eigener Zählung drehte sie nur Heimatfilme

Sonja Ziemann galt bis zuletzt als Heimatfilmstar. Ein Etikett, das sie nicht mochte. Denn unter den siebzig Filmen, die sie gedreht hatte, waren nach ihrer eigenen Zählung nur zwei Heimatfilme: „Grün ist die Heide“ und „Am Brunnen vor dem Tore“, beides Millionenerfolge, bei denen sie mit Rudolf Prack vor der Kamera stand. Das „Schwarzwaldmädel“ war für sie ein Operettenfilm, durchaus zu Recht, folgt er doch dem gleichnamigen Musiktheaterstück von Leon Jessel. „Und warum“, fragte die Schauspielerin, „sollte man nicht zur Operette stehen?“ Am Montag ist Sonja Ziemann in einem Münchner Altenstift gestorben. Sie wurde 94 Jahre alt.

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