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Der Aktivist Uri Avnery 2011 in Tel Aviv

© AFP/Jack Guez

Zum Tod von Uri Avnery: Israels unermüdlicher Aktivist für den Frieden

Bis zuletzt kämpfte Uri Avnery für eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt. Nun ist der israelische Friedensaktivist im Alter von 94 Jahren gestorben.

Uri Avnery war Israels unermüdlicher Friedensaktivist, der bis zuletzt an eine Lösung des Konflikts glaubte. „Ich bin Optimist, ich glaube, dass aus der Dunkelheit der Verzweiflung schon Dämmerung wird“, sagte er einst bei der Verleihung einer der zahlreichen Preise, die er für seine Bemühungen für den Frieden erhalten hatte. Er war Buchautor, Journalist und Politiker, er nahm an Protesten teil, initiierte politische Kampagnen, traf sich mit Palästinensern und galt nicht nur bei den Rechten als Feind.

Der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben war der Unabhängigkeitskrieg 1948, wo er als Soldat schwer verwundet wurde. Bis dahin glaubte Avnery, der 1923 als Helmut Ostermann im westfälischen Beckum geboren wurde und 1933 mit seiner Familie ins damalige Palästina auswanderte, nicht an die Teilung des Landes. Als Jugendlicher trat er sogar zunächst der Irgun bei, der rechtsgerichteten „nationalen Militärorganisation“. Er befürwortete Terroranschläge gegen die arabische Bevölkerung.

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Nach seinem Krankenhausaufenthalt begann er, sich für die Zweistaatenlösung einzusetzen – ein Ziel, das er bis zu seinem Tod verfolgte. Immer wieder wies er ganz pragmatisch auf die Möglichkeiten für Israels Zukunft hin: Entweder zwei Staaten – Israel und Palästina – oder ein Staat mit einer arabischen Mehrheit, der dann entweder nicht mehr jüdisch sein wird oder nicht mehr demokratisch, wenn die Palästinenser darin nicht dieselben Rechte erhalten. Für Avnery gab es nur eine Option: die Gründung Palästinas neben dem Staat Israel, mit Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten.

Während des Libanonkriegs traf er sich mit Arafat

Der Kampf für den Frieden bedeutete für ihn zeitlebens, ein Oppositioneller zu sein, bereits 1950, als er Chefredakteur und Herausgeber des Nachrichtenmagazins „Haolam Haseh“ wurde – ein Sprachrohr der Opposition. Das machte ihn zu einer Hassfigur von Politikern, von Ben Gurion bis Menachem Begin. Später gründete er eine gleichnamige Partei, mit der er es in die Knesset schaffte, wo er mit Unterbrechung zehn Jahre als Abgeordneter saß. Mitte der 70er Jahre nahm er erste, heimliche Kontakte zur palästinensischen Befreiungsorganisation PLO auf, traf sich dann 1982, während des Libanonkriegs, mit Jassir Arafat, wofür er fast wegen Landesverrats angeklagt wurde.

1993 gründete er mit anderen Friedenskämpfern, unter anderem mit seiner Frau Rachel, „Gush Shalom“, übersetzt „Friedensblock“, eine Organisation, die sich gegen die Besatzung, den Siedlungsbau und den Abriss arabischer Häuser einsetzte, politische Kampagnen anzettelte und bis heute in der linksliberalen Tageszeitung Haaretz wöchentlich eine Anzeige schaltet, in der zu aktuellen politischen Themen Stellung bezogen wird. Mit Gush Shalom setzte sich Avnery gegen den Bau des Sperrwalls zwischen Israel und dem Westjordanland ein und zettelte den Protest gegen den Zweiten Libanonkrieg an. Zusammen mit Gush Shalom erhielt er den Aachener Friedenspreis und 2011 mit Gush Shalom und seiner Frau den Alternativen Nobelpreis.

Am 10. September wäre Avnery 95 geworden

Mehrmals wurde er in Deutschland für seine Verdienste ausgezeichnet, darunter mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück, dem Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte, dem Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg, oder dem Lew-Kopelew-Preis.

Und bis zuletzt schrieb eine wöchentliche Kolumne, die in mehrere Sprachen übersetzt wurde. „Einmal sagte er mir halb im Spaß, halb im Ernst: ‚Wenn du meine wöchentliche Kolumne nicht mehr bekommst, weiß du, dass ich tot bin‘“, schrieb Anat Saragusti, eine Vertraute (am Mittwoch, 8.8.) auf Facebook, da lag Uri Avnery nach einem Schlaganfall bereits im Krankenhaus, noch am Leben, aber nicht mehr bei Bewusstsein. Am 10. September wäre Uri Avnery 95 Jahre alt geworden, seine Geburtstagsfeier war bereits geplant. Seinen Traum vom Frieden mit den Palästinensern wird er nicht mehr erleben.

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