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Kultur: ZURÜCK - GESANG

Auch böse Menschen haben ihre Lieder.Wiglaf Droste zum Beispiel liebt den schwermütigen Schmelz amerikanischer Country- und Bluessongs.

Auch böse Menschen haben ihre Lieder.Wiglaf Droste zum Beispiel liebt den schwermütigen Schmelz amerikanischer Country- und Bluessongs.Das Hobo-Lied "1000 Miles Away" singt er mit einem dermaßen wehklagenden Vibrato, daß man ihn sofort umarmen möchte.Für einen Augenblick wirkt der gefürchtete Radikalsatiriker da tatsächlich wie ein verlassener Coyote, der sich in der Wüste verirrt hat.Doch dann steigt der an diesem Abend ganz in schwarz gekleidete Entertainer - Achtung: versteckte Johnny-Cash-Hommage! - von seinem Barhocker hinab, setzt sich wieder ans Tischchen und liest weiter aus seinen Texten.Und die sind natürlich so, wie sie immer waren: gemein, ungerecht und mitunter ziemlich göttlich."Lob der 45er" heißt Drostes Musik- und Wortabend in der Bar jeder Vernunft, wobei in diesem Lob natürlich ein Tadel steckt: das der 68er, seiner Lieblingsfeinde.Die Bob-Dylan-Zerschrammler ("Musse pfeife inne Wind") kriegen ihr Fett genauso ab wie Peter Maffay ("rumänische Wanderwarze") und zopftragende Männer ("optische Notrufsäulen").Am besten aber ist Droste in seinen Alltagsbeobachtungen, etwa wenn in den "Frontberichten" aus den "Holzgewittern" eines Handwerker-Opfers die Tiraden im Nonsens eskalieren.Und seine Lieder, begleitet von einem rustikalen Trio, klingen dann am schönsten, wenn sie nicht spotten, sondern seufzen (Wiglaf Droste hat in seinem "Benno Ohnesorg-Theater" heute "Ganz Schön Feist" zu Gast, Volksbühne, 21 Uhr).

CHRISTIAN SCHRÖDER

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