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"Leb wohl, Berlin". Hörspiel nach Christopher Isherwood. Hörverlag, 4 CDs, 4 Stunden, 47 Minuten Laufzeit, 24 Euro

© Promo

Zurück in die Zwanziger: Isherwoods Berlin-Roman als Hörspiel

"Goodbye to Berlin" wurde die Vorlage zu dem berühmten Musicalfilm "Cabaret". Das Hörspiel entwirft ein Panorama der zwanziger Jahre.

Klack, klack. Dieses Geräusch, das Klicken eines mechanischen Kameraverschlusses, ist selten geworden, verdrängt durch den nur künstlich erzeugten Ersatzklang eines Smartphones. Doch nun sind es die ersten Töne aus dem Lautsprecher – akustischer Reflex eines literarischen Programms: „I am a camera. Ich bin eine Kamera. Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss. Passiv. Ich nehme auf, ich denke nicht.“

Wer spricht? Der Dichter himself, Christopher Isherwood, englischer Berlin-Besucher in den späten zwanziger Jahren, Autor der „Berlin Stories“, darunter „Goodbye to Berlin“, Vorlage zu dem Hollywood-Hit „Cabaret“.

Nein, eigentlich ist es nicht er persönlich, sondern sein Sprecher in „Leb wohl, Berlin“, der Hörspielfassung des Buches. Heinz Sommer, Hörfunkdirektor des Hessischen Rundfunks, hat es bearbeitet, der darin erfahrene Leonhard Koppelmann Regie geführt. Mathieu Carrière übernahm die Rolle des Erzählers, Christopher Nell die Isherwoods. Laura Maire mimt Sally Bowles, die auch singt, natürlich nicht den berühmten „Cabaret“-Song aus dem Musicalfilm.

Isherwood lebte in der Nollendorfstraße

Wie Isherwood selbst wohnt auch sein literarisches Alter Ego in der Schöneberger Nollendorfstraße 17, mitten in dem durch die dortige Schwulenszene geprägten Viertel, registriert wie eine Kamera die immer dunkleren Wolken, die sich über Deutschland und Berlin zusammenziehen und denen die Hörspielmacher mit allen Mitteln der Collagetechnik nachspüren. Die Dialogteile sind immer wieder mit Hörbildern, auch originalen Tondokumenten der geschilderten Zeit durchmischt, ergeben mit der die zeitgenössischen Moden aufnehmenden Musik ein akustisches Gemälde, das über die bloße Adaption des Romans für ein neues Medium weit hinausgeht. „Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt der schwarze Mann zu dir“ – die Eingangssätze aus Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ – tauchen ebenso auf wie Emil Jannings Gegrummel aus dem „Blauen Engel“ oder das Geifern von Nazi-Oberen beim Sturm auf den Mozartsaal am Nollendorfplatz, das heutige Metropol, als dort die Verfilmung von Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ läuft. So munter es in den „Roaring Twenties“ in Berlin auch noch zugehen mag – das Ende des Tanzes auf dem Vulkan ist absehbar.

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