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Kultur: ZURÜCK - LESUNG

Auf der niedrigen Bühne ein beigefarbener Sessel, daneben ein kleines Tischchen mit Lampe.Der Schein des Lichts fällt in ein Buch, das Gesicht des Lesenden liegt im Halbdunkel.

Auf der niedrigen Bühne ein beigefarbener Sessel, daneben ein kleines Tischchen mit Lampe.Der Schein des Lichts fällt in ein Buch, das Gesicht des Lesenden liegt im Halbdunkel."Ich erinnere mich an Clark Gable, den unwiderstehlichen Spitzbuben", sagt die Stimme, in der Resonanzen eines langen Raucherlebens mitschwingen.Etwas gequetscht klingt sie, so als hätte man sie vor der Zeit in einen von Alter aufgetriebenen Körper gesteckt.Aber müde ist die Stimme nicht: "Ich war, erinnere ich mich, immer sehr neugierig." Kann es sein, sitzt da Marcello Mastroianni und liest aus seinem Erinnerungsbuch "Ja, ich erinnere mich"? Unmöglich, leider, doch hat das Balázs-Kino zum zweiten Todestag Mastroiannis seine deutsche Stimme, Wolfgang Hess, geladen.Er liest, er ist für uns Marcello.Kein Wunder, daß niemand am Ende der knapp einstündigen Lesung den Synchronsprecher nach seinen Begegnungen mit Mastroianni oder Fellini fragt.Die Phantasie ist ausgelastet, Ablenkung wird gerade noch durch ein Stück Pizza mit Vino geduldet.Danach führt Roberto Faenzas "Erklärt Pereira", einer der letzten Filme Mastroiannis, an den Strand in der Nähe Lissabons.Ungeliebte dürre Beine tragen einen prallgefüllten Badeanzug.Kurz vor dem Wasser dreht er sich um, zu einem Schrank von Bademeister.Zum Kneifen ist es zu spät.Da lacht es, vom Nachbarsitz.Wolfgang Hess sitzt im Kinosaal und lacht Marcellos Lachen.Hess, der gebannte Zuschauer, ahnt man in diesem Moment, ist mehr als nur Mastroiannis deutsche Stimme.Am Ende des Films geht Marcello, das Jackett über der Schulter, auf den Zuschauer zu, schaut ihn mit verjüngten Augen an, neugierig.Augen, durch die er die Zuschauer oft hat blicken lassen auf die Welt, wie Mastroianni sie sah: Das Leben ist schön, doch "La dolce vita", im Anschluß zu sehen, ist es nicht.

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