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Kultur: ZURÜCK - POP

Man könnte es einen Geschichts-Komplex nennen.Seitdem Joachim Witt sich gefunden hat, wird seine Musik von einer geheimnisvollen Schwerkraft in die Tiefe gezogen - zu den Ursprungskräften einer schwarzen Romantik.

Man könnte es einen Geschichts-Komplex nennen.Seitdem Joachim Witt sich gefunden hat, wird seine Musik von einer geheimnisvollen Schwerkraft in die Tiefe gezogen - zu den Ursprungskräften einer schwarzen Romantik.Witt war mit Hits wie "Goldener Reiter" und "Herbergsvater" ein Held der Neuen Deutschen Welle und wurde auf diese Rolle festgelegt.Zu unrecht, wie er ergebnislos zu beweisen versucht.Vielleicht neigt er deshalb auf seinem jüngsten Album "Bayreuth 1" zu neurotischen Machtfantasien.Seine Texte sind mit den Jahren nicht klüger geworden.Auch die Sounds erinnern noch immer an die blecherne Einfältigkeit der achtziger Jahre.Als Witt am Dienstag gegen Ende seines Konzerts im Pfefferberg die alten Hits noch einmal spielte, hätte man sie trotzdem fast nicht wiedererkannt: Aus den fröhlichen Party-Hymnen waren brachiale Marschlieder geworden.Und ihm selbst war die Rolle eines mystischen Zeremonienmeisters zugefallen.In schwarzen Gruft-Klamotten betrat er die Bühne, Nebelschwaden sorgten für ein entsprechendes Höllen-Klima und eine verschleierte Braut wandelte durch die Eis- und Schneestürme der Lichtshow.Mechanisch stampfte er als DraculaImitation oder Schmerz-Apostel durch die Szene.Seine Posen, die "Stromschlägen" und "Stahlgewittern" trotzten, verrieten, worum es ging: unberührbar werden.Man könnte das alles ertragen, wenn Witt nicht auch noch meinte, er müßte durch düstere Rezitationsakrobatik Magie verbreiten.Nichts ist wirkungsloser, als die Selbstdarstellung eines Mannes, der sich die angenommene Rolle nicht zutraut.So hätte er das wohlwollende Publikum beinahe gegen sich aufgebracht.

KAI MÜLLER

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