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Kultur: Zwei Ausstellungen in Düsseldorf und Linz gehen dem künstlerischen Wert des Geldes auf den Grund

"Geld und Kunst machen Dich glücklich", verheißt Ilya Kabakov mit einer Münze, die er für die Ausstellung "Sozialmaschine Geld" im OK Centrum Linz entwarf. Der russische Konzept-Künstler muss es wissen, liegt er doch auf Platz acht unter den teuersten lebenden Künstlern.

"Geld und Kunst machen Dich glücklich", verheißt Ilya Kabakov mit einer Münze, die er für die Ausstellung "Sozialmaschine Geld" im OK Centrum Linz entwarf. Der russische Konzept-Künstler muss es wissen, liegt er doch auf Platz acht unter den teuersten lebenden Künstlern. Wo Staats- und Symbolträger normalerweise prangen, erinnert Kabakov mit einer Fliege an die Kehrseite der Medaille: die Flüchtigkeit des Glücks und dass Geld eben doch stinken kann.

Anlässlich der Einführung des Euros widmen sich gleich zwei Ausstellungen dem schillernden Medium. Nach dem Auftakt in Linz präsentiert nun die Düsseldorfer Kunsthalle "Das fünfte Element. Geld oder Kunst" - ein Bilderbogen durch die Jahrtausende, vom frühzeitlichen Elektronklümpchen bis zum electronic cash. Jürgen Harten nimmt mit dieser Schau seinen Abschied als Direktor der Kunsthalle. Er markiert die komplexe Symbiose von Wertorganisation und Wertschöpfung bereits im Entree: Andreas Gurskys Fotografie von der Chicagoer Handelsbörse lässt globale Märkte und virtuelle Geldtransfers im Bildnis einer entindividualisierten Menschenmasse aufgehen. Darüber steht trotzend das Statement: KUNST. "Tanz der Zeit" nennt der Fluxus-Künstler Charles Dreyfuss sein heiter-absurdes Memento mori, auf dem die Zeiger gegen jeglichen Uhrzeiger-Sinn hüpfen. Die menschlichen Schöpfungen Geld und Zeit drehen durch, rasen an den vier Elementen vorbei und drängen den Menschen ins Abseits.

Rund 400 Exponate aus Archäologie, Numismatik und Kunst zeigen die Durchdringungen von schnödem Mammon und hehrer Kunst als vielschichtige Chronik abendländischer Kultur. Yuri Avvakumov schafft überraschende Querverbindungen zwischen Historie und Aktualität, Kunst und Kultgegenständen und vermeidet so die visuelle Überforderung. Eine altägyptische Mumienmaske hängt unmittelbar neben Katharina Sieverdings ebenfalls goldenem Doppelportrait "Die Sonne um Mitternacht schauen" von 1973. Beide erzählen vom schmalen Grat zwischen Geist und Materie.

Ebenso bizarr mutet die Zusammenstellung von Marcel Duchamps "Radfelge" mit einer Kopie von Poussins "Das Urteil des Salomo" an. Doch was auf den ersten Blick widersinnig erscheint, legt eine Spur zu Januarius Zicks Gemälde "Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel". Hat doch Duchamp mit seinen Ready-mades das Publikum aus den Tempeln des Geschmacks vertrieben, wie Jesus die Geldwechsler aus dem Tempel.

Mit einem Durcheinander von echten Banknoten und falschem Künstlergeld stiftet das "Kabinett der Währungen" einen neuen Blick auf die Vergänglichkeit der Werte. Während der Wert von realem Inflationsgeld nur fiktiv steigt, erfährt fiktives Künstlergeld einen Zuwachs an realem Geldwert. Diese Ambivalenz von Kunst-Werten wird im "Atelier des Kapitals" weiter verdichtet. Zwar verkündet eine Tafel von Joseph Beuys "Noch 1017 Tage bis zum Ende des Kapitalismus", doch gehört der Name Beuys längst selbst zum festen Bestandteil des Kapitals und teilt mit Kollegen wie Warhol, Immendorf oder Polke das Dasein der Wandaktie. Für die jüngere Generation scheint der Widerspruch von Kunst und Kapital ohnehin aufgehoben. Thomas Huber etwa lässt in der Installation "Die Bank - eine Wertvorstellung" Künstler wie Bankiers als "... schillernde Spekulanten des Scheins" agieren.

Wo "Das fünfte Element" kulturhistorische Zusammenhänge plastisch nachvollziehbar macht, präsentiert Linz die "Sozialmaschine Geld" als kulturgeschichtliche Dokumentation, die mit weitschweifigen Erklärungen spröde und leicht ermüdend wirkt. Die Schweizer ArtJockeys Com & Com setzen mit Pop-Anleihen auf Corporate Identity und bringen den Tenor zukünftiger Kunstproduktion auf den Punkt: "Wir wollen gewinnen. Und dafür werden wir uns bestimmt nicht schämen!" Aufmerksamkeitsökonomie steht auch bei FLAP im Vordergrund: Camilla Dahl und Berit Schweska sehen Kunst als Hostessen, die den Betrachter mit Fun-Love-Art-Pleasure versorgen.

Eine der hintersinnigsten Arbeitenstammt von Gottfried Bechtold und Hubert Matt. "Colors of money" aus 50 Farbfeldern und 50 schwarz-weiß Fotografien führt den Betrachter in einen Kunst-Safe, wo sich die monochromen Bilder als Einbände anonymer Sparbücher entpuppen. Ihre Losungsworte sind Künstlernamen, die in den Fotos verschlüsselt sind. Und so taucht vor dem Signet einer Bankfilliale wie zufällig auch wieder Duchamps "Radfelge" auf - in der Hand eines vorübereilenden Passanten.Kunsthalle Düsseldorf, bis 14. Mai; Katalog (DuMont) 65 Mark. OK Centrum Linz, bis 2. März; Beide Kataloge (anabas) je 60 Mark.

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