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Heute arbeiten mal die anderen: Da hat Meisterkoch Michael Kempf gut lachen.

© Mike Wolff

Kochserie Juni: Mit Muße zur Mousse

Kochen intensiv: Bei Küchenchef Michael Kempf durften Kochakademie-Teilnehmer alles selber machen.

Von Susanne Leimstoll

Den Felsenoktopus haben sie eben hinter sich. Er sieht aus wie die meisten befürchtet hatten: weit mehr als 600 Gramm Wabbeltier, grau, lange Fangarme mit dicken Noppen drauf. Aber das zerlegte Wesen kommt nach einer Stunde in siedendem Wasser in einen leckeren Essigsud mit Lorbeer, Nelken, Pfeffer, Wacholder und Gemüsen und darf in der Brühe, die sich irgendwann leicht rosé färbt und kein bisschen mieft, noch zwei Stunden simmern. Da sind die Krakententakeln schon ganz zart, werden halbiert, mit Rosmarin und Thymian in Olivenöl mariniert, gegrillt. Am Ende des Workshops werden sie mit Poveraden, Kapernvinaigrette und Tomaten-Chorizomarmelade auf einen schneeweißen Rechteck-Teller getürmt. Und keiner – keiner! – hätte gedacht, dass Glibberbiester dermaßen munden können.

Vor den Genuss hat Michael Kempf, 33 Jahre junger Sternekoch und Küchenchef des „Facil“ im Mandala Hotel, die Arbeit gestellt. Kompromisslos. Die Teilnehmer seiner beiden Tagesspiegel-Workshops müssen schuften: alles selber machen, jeden zuvor demonstrierten Handgriff, bis hin zum Anrichten.

Zwischen den Gängen des Abschlussdinners wird aufgestanden, jede Speise auf die Teller ziseliert, so, wie der Meister das vorgibt. Man serviert sich die Gänge gegenseitig, erst dann wird genossen. Und alle finden es wunderbar – weil man so eben unheimlich viel lernt.

Hobbyköchin Gela kämpft an der Dessertfront. Den dünnen Bisquitboden für die Törtchen hat sie schon erledigt, ferner diverse weitere Gelee-, Püree- und Mousseschichten. Und Stunden später, als die kleine Sünde fertig getürmt ist, drückt Köchin Friederieke ihr die Airbrush-Pistole in die Hand, damit sie unter Motorbrummen eine Mischung aus weißer Schokolade und Lebensmittelfarbe als Sprühnebel über die rechteckige Leckerei geben kann. Vorher werden Macadamianusspralinen gemacht: vier Arbeitsgänge. Und nur die gelernte Konditorin Friederike schafft es, die dunkle Vollmilchschokolade auf der grauen Marmorplatte so zu tablieren, dass die erhitzte Masse mit optimaler Temperatur von 28 Grad in die Förmchen gestrichen wird. So glänzt das Endprodukt und wird nicht matt wie bei den Lehrlingen.

Der Chef zeigt derweil, wie ein Gewürzfond – „eine super Basis für Soßen, Fleisch und Fisch“ – gemacht wird, in dem das Bisonfilet, ein beeindruckender Batzen, vakuumiert bei 54 Grad stundenlang ziehen darf. Marta aus Bella Italia, seit 32 Jahren in Deutschland, hat das Kochseminar geschenkt bekommen. Nun rührt sie die Emulsion zum Müritzsaibling an, für die zuvor Staudensellerie und Gurke entsaftet wurden. Der hat feinst geriebenen Galgant abbekommen, der gar nicht so sehr nach Ingwer riecht wie erwartet. Für Marta ist der Kursus ein Fest. Sie kocht sehr, sehr gerne, und bei ihr gibt es nie, niemals Spaghetti, Pizza, Rucola oder Cappuccino. Wer so was will, fliegt raus. Das von Kempf mit Obstbaumhölzern selbst gemachte Holzkohleöl findet ihre Gnade. „Riecht wie alte Socken, aber schmeckt toll.“

Hubert aus Zehlendorf („Ich koche gern und gut“) stößt bei der Präzisionsarbeit an seine Grenzen. Nach Tomatenmarmelade, Artischockenputzen und Saibling filetieren sollen dünne Johannisbeergelee-Scheibchen passgenau auf die Limettenmousse-Törtchen: Huberts Rechtecke haben Kurven. „Das sieht man aber von außen“, sagt Konditorin Friederieke mit leisem Tadel im Ton, aber die Desserttruppe könnte sich weglachen.

Zwischendurch zeigt Edward Madi, Barchef der Q-Lounge im Hotel, eine süffige Abwandlung von Whisky sour – mit Bergmann-Kräuterlikör und naturtrübem Apfelsaft. Das erfrischt, ehe es ans Anrichten geht. Michael Kempf verrät nebenbei noch, dass man Förmchen, statt sie teuer zu kaufen, ganz leicht aus Aluprofilen aus dem Baumarkt selber biegen kann, dann folgt das Handwerk: Form halb voll mit Tomatenmarmelade, vier Poveradenstückchen drumherum, Kapernemulsion drauf, dazu frittierte Kapern, Bronzefenchel und Taubnessel in Olivenöl – fertig. Das macht Teilnehmer Klaus so gut, dass man ihn glatt als Gardemanger anstellen könnte.

Gang für Gang zelebrieren Teilnehmer und Team gemeinsam an der langen Tafel im Restaurant. Und selbst Hubert, nach einem Nachschlag Bisonfilet gefragt, kann nicht anders. Er sagt: „Ja, bitte! Aber eigentlich bin ich ja Vegetarier.“

Lust, bei der Kochakademie dabei zu sein? Am Sonntag stellen wir den Küchenchef und die Kurse des Monats Juli vor. Ab Dienstag können Sie sich wieder anmelden.

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