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Hoch das Bein. Ardee Dionisio spielt den fröhlichen Begleiter der Hauptfigur Zoé, die der Realität entflieht.

© promo

Cirque du Soleil in Berlin: Was für ein Zirkus

Der Cirque du Soleil ist bis Sonntag in der Stadt und entführt den Zuschauer in eine Welt der Träume. Mit dabei ist auch ein klassischer Balletttänzer - der sehr gute Erinnerungen an Berlin hat.

Ja, Berlin, sagt Ardee Dionisio und grinst. Hier hat alles angefangen, irgendwie. Vor fünf Jahren war er zum ersten und bisher einzigen Mal hier, fürs Casting. Scouts des Cirque du Soleil hatten ein Video von ihm bei Youtube gefunden, einen Quatschfilm, den er mit Tanzkollegen im Klagenfurter Stadtpark gedreht hatte. Doch dann kam plötzlich diese Mail: Ob er sich vorstellen könne, für den Cirque du Soleil zu tanzen. Ein Scherz? Kurz nach dem Casting unterschrieb Ardee Dionisio den Vertrag.

Fünf Jahre später sitzt der kleine, drahtige Filipino auf einer blauen Matte im Innenraum der O2-World in Friedrichshain, wo die Arena-Version der Erfolgsshow „Quidam“ am Mittwochabend Deutschlandpremiere feierte. Zum 30. Jubiläum des Cirque du Soleil traut sich das Ensemble raus aus dem Zelt in die großen Hallen.

Hinter der aufwendigen Bühne, abgehängt mit einem schwarzen Vorhang, strampelt eine blonde Akrobatin im pinkfarbenen Oberteil noch auf dem Crosstrainer, zwei der Seilspringer drehen eine virtuelle Runde auf den Fahrradergometern. Ardee Dionisio steckt in einer blauen Trainingshose, graues T-Shirt. An der Haltung, den durchgestreckten Füßen, erkennt man sofort die Ballettausbildung, die ihn von Manila aus erst nach Hong Kong und dann als Solist an die Grazer Oper nach Österreich führte, wo er inzwischen mit seiner Familie lebt.

Vom klassischen Ballett zum Cirque du Soleil – sind das nicht unüberbrückbare Welten? „Als Künstler ist das gar nicht so eine große Umstellung“, sagt Ardee Dionisio in ausbaufähigem Deutsch. In der Show, an der noch 51 andere Artisten beteiligt sind, von Seilakrobatik bis Rhönrad (natürlich!), tanzt er wesentlich weniger als früher im Ballett. Dafür aber hat er nun anstatt 80 Vorstellungen im Jahr mehr als 300 zu bestreiten. „Körperlich ist das viel anstrengender.“ Der 31-Jährige beugt sich weit nach unten auf die blaue Matte, dehnt seine Beinmuskulatur. Sechsmal die Woche Training sind normal, nur montags setzt er aus. „Da esse ich, was ich will: riesige Steaks, viel Reis, asiatische Küche!“

Ardee Dionisio, 31, hat eine klassische Ballettausbildung.
Ardee Dionisio, 31, hat eine klassische Ballettausbildung.

© promo

Ardee Dionisio grinst wieder und sieht aus, als würde er das ziemlich oft tun. Nicht nur in seiner Verkleidung, mit den strubbelig abstehenden schwarzen Haaren und dem winzigen roten Hütchen, sieht Dionisio aus wie jemand, in dessen Kopf Pharrell Williams „Happy“ in Dauerschleife läuft. „Meine Freunde sagen, dass ich genauso bin wie meine Rolle“, sagt er. Eine Art tanzender Conférencier, die Fröhlichkeit in Person, die Licht in die sonst düstere Show bringen soll.

Deren Plot erzählt sich schnell: Das Mädchen Zoé, von den Eltern vernachlässigt, entflieht der Realität in eine surreale, bunte Welt der Träume. Dort trifft sie Quidam, was so viel heißt wie: irgendein Mensch, ein namenloser Passant, eine Person, die vorbeieilt. Es könnte jeder sein und niemand. Quidam zeigt ihr, wie wichtig Sehnsüchte und Wünsche sind. Als funkensprühende Zielscheibe begleitet Ardee Dionisio die singende Zoé auf ihrer Alice-im-Wunderland-Reise. Anmutig und albern zugleich, wird er zum Ratgeber, zum besten Freund. Extravagante Lichtshow, surreale Kostüme, das erwarten die Leute bei diesem Ensemble, das sich 1984 im kanadischen Québec aus 20 Straßenkünstlern gründete und mittlerweile zu einem weltweiten Unternehmen mit gut 5000 Mitarbeitern angewachsen ist.

Über der blauen Matte hängen die Flaggen der Artisten, mehr als 20 Länder sind es. Auch eine ungarische Seilsprungweltmeisterin ist diesmal dabei. Die großen roten Ziffern einer Digitaluhr zeigen: noch fünf Stunden bis zum Showbeginn. Wie vertreibt er sich jetzt noch die Zeit?

Gestern, sagt Ardee Dionisio bin ich den ganzen Tag mit meinem Klapprad, das immer mitreist, durch die Stadt gefahren. East Side Gallery, Brandenburger Tor, Unter den Linden, „ich musste natürlich die Opernhäuser sehen“, sagt er. Vor einer Show aber lässt er es ruhig angehen. Ein bisschen aufwärmen, mehr nicht – und der Papierkram! „Ich bin auf der Suche nach einem Makler“, sagt er. Er will sein Haus in der Nähe von Manila verkaufen. „Meine Frau und ich wollen eine Wohnung in Wien kaufen“, sagt er. Nächstes Ziel: Deutsch lernen, „also richtig sprechen“, sagt er – und grinst schon wieder.

„Quidam“ läuft noch bis Sonntag in der O2-World, Holzmarktstraße in Friedrichshain, Karten ab 59 Euro. Mehr Infos unter www.cirquedusoleil.com

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