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Proteste: Bannmeile hält nicht nur Terroristen vom Bundestag fern

Die Demonstranten wollten bis vor den Bundestag ziehen, um gegen die schwarz-gelben Sparpläne zu protestieren. Doch wegen Terrorgefahr und Staatsbesuch durften sie nicht. Auseinandersetzungen mit der Polizei waren die Folge.

Während der Proteste gegen die Sparpolitik der Bundesregierung ist es am Freitag immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Tausende Schüler, Studenten und Politaktivisten hatten sich an der gemeinsamen Demonstration des Aktionsbündnisses „Wir zahlen nicht für eure Krise“ und dem Bildungsstreik beteiligt. Auf halber Strecke zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule versuchten die Demonstranten erstmals, von der vorgeschriebenen Route entlang der Straße des 17. Juni abzuweichen und durch den Tiergarten in die Nähe der Bannmeile zu gelangen. Die Polizei griff sofort ein. Unbekannte zündeten in dem Handgemenge zwei Feuerwerkskörper, wodurch zwei Beamte verletzt wurden. Daraufhin kesselten die Einsatzkräfte die Demonstranten vorübergehend ein. Nach Verhandlungen zwischen Polizeiführung und Veranstaltern konnte der Demonstrationszug fortgesetzt werden, begleitet von weiteren "Ausbruchsversuchen".

Christine Keindl, Sprecherin des Bündnisses "Wir zahlen nicht für eure Krise", warf der Polizei vor, "nicht gerade zimperlich" mit den Demonstranten umgegangen zu sein und "ordentlich zugelangt" zu haben. Insgesamt 17 Personen wurden im Laufe des Tages festgenommen.

Erklärtes Ziel der Demonstranten war es, die Bannmeile rund um den Reichstag durch eine „Fünf-Finger-Taktik“ zu durchbrechen. Damit hatten die Schüler und Studenten auf die strengen Auflagen für die Demonstration reagiert. Unter Berufung auf die aktuellen Terrorwarnungen der Bundesregierung war den Veranstaltern nämlich ein Zug Richtung Reichstag untersagt worden. Wegen des Staatsbesuchs von Wladimir Putin wurde zudem der Pariser Platz vor dem Hotel Adlon abgesperrt. Das empfinden die protestierenden Schüler und Studenten als Einschränkung ihres Demonstrationsrechtes.

Das große Polizeiaufgebot entlang der Straße des 17. Juni empfindet Carl Rottmann vom Rosa-Luxemburg-Gymnasium in Pankow als "eine Frechheit". "Ich bin hier mit Schülern, die zum Teil gerade mal 11 oder 12 Jahre alt sind", sagt der 17-Jährige.

Zusammen mit etwa 400 anderen Schülern kam er vom Potsdamer Platz, um sich der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor anzuschließen und gegen die Sparpläne der schwarz-gelben Regierung zu protestieren.

Nach Polizeiangaben befanden sich am Freitag aufgrund der Demonstrationen und des Staatsbesuches rund 1700 Beamten im Einsatz. Sowohl Polizei als auch Veranstalter hatten mit mehr Teilnehmern an den Protesten gerechnet.

"Wir haben auf das Zehnfache gehofft", sagte etwa Carl Rottmann von der Aktion "Bildungsblockaden einreißen". Schulfrei habe es nicht gegeben, sogar Klausuren seien für den heutigen Tag angesetzt. "Die Schulen fahren eine ganze harte Politik", kritisiert Rottmann.

Marlen Souschek von der Friedensburg-Oberschule in Charlottenburg hat Glück, dass ihr Schulleiter den Bildungsstreik unterstützt. "An unsere Schule fehlen sechs Lehrer. Seit vier Wochen fallen meine Leistungskurse aus. Das ist an anderen Schulen auch so. Deshalb kämpfen wir für bessere Bildung überall", berichtet die 18-Jährige. Für Caro, Jeanie, Hannah, Annika und Julia vom Primo-Levi-Gymnasium ist es die erste Demo. Sie fürchten, in Zukunft weniger Wandertage zu haben, weniger Lehrer und später, im Studium, höhere Studiengebühren zahlen zu müssen. Die Jungs aus ihrer Klasse haben sich von den Demo-Organisatoren Plakate mit revolutionären Slogans in die Hand drücken lassen: "Kapitalismus abschaffen". "Die zeigen wir dann den Lehrern, damit sie wissen, dass wir hier waren", sagt einer.

Autofahrer müssen sich weiterhin auf weiträumige Sperrungen in der Innenstadt einstellen. Auch der Bus- und U-Bahn-Verkehr im und rund ums Regierungsviertel ist derzeit noch eingeschränkt.

Auch in anderen europäischen Ländern gehen Studenten und Schüler wegen des Sparkurses europäischer Regierungen auf die Straße. Vor allem in Großbritannien hatte es zuletzt teils auch gewaltsame Proteste vor allem wegen hoher Studiengebühren gegeben. Auch in Italien demonstrieren Studenten wegen Kürzungen bei der Bildung und besetzten dabei unter anderem den Schiefen Turm von Pisa.

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