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Update

Razzia gegen Salafisten in Berlin: Polizei nimmt zwei Terrorhelfer fest

Die Berliner Polizei hat am Freitag eine Zelle mutmaßlicher Terrorhelfer gesprengt. Die Zelle operierte von einer Moschee in der Perleberger Straße aus. Zwei Männer sitzen in Haft - darunter der mutmaßliche Kopf, ein 41-jähriger Bauunternehmer.

Die Berliner Polizei hat am Freitag eine Zelle mutmaßlicher Terrorhelfer gesprengt. 250 Beamte, darunter drei Spezialeinsatzkommandos, durchsuchten ab 6 Uhr morgens eine Moschee in der Perleberger Straße und zehn Wohnungen im Stadtgebiet. Auch in Brandenburg wurde ein Objekt durchsucht. Zwei Haftbefehle wurden vollstreckt – gegen den mutmaßlichen Kopf der Gruppe, den 41-jährigen Bauunternehmer Ismet D., und den 43-jährigen Emin F., der für die Finanzen zuständig gewesen sein soll. Beide Männer sitzen in Untersuchungshaft.

Gegen drei weitere Mitglieder des Zirkels – wie D. und G. türkische Staatsangehörige - wird ebenfalls ermittelt. Da sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft nur untergeordnete Rollen spielten, blieben sie auf freiem Fuß. Laut Polizei handelt es sich bei den allen Verdächtigen um gewaltbereite Salafisten, die seit Jahren in der Berliner Islamistenszene aktiv sind. Erst in den Mittagsstunden wurde der Einsatz beendet.

Henkel: Keine Indizien für Anschlagspläne in Deutschland

Seit Monaten hatten die Generalstaatsanwaltschaft und der Polizeiliche Staatsschutz gegen die Zelle ermittelt. Die Mitglieder werden verdächtgt, finanzielle und logistische Unterstützung für islamistische Kämpfer in Syrien organisiert zu haben. Außerdem soll die Zelle ausreisewilligen Dschihadisten dabei geholfen haben, nach Syrien zu gelangen.

Deutschland stand laut Senatsinnenverwaltung nicht im Fokus der Zelle: "Anhaltspunkte für Anschläge in Deutschland durch diese Gruppierung gibt es nicht", sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Freitagvormittag.

Gruppe kaufte offenbar Nachtsichtgeräte für Syrienkämpfer

Laut Polizei sammelte die Zelle "erhebliche Geldbeträge" ein; außerdem wird davon ausgegangen, dass die Gruppe auch Militärausrüstung angeschafft hat. "Bei den Durchsuchungen wurden Belege über den Kauf von Nachtsichtgeräten sowie Flugtickets nach Istanbul sichergestellt", sagte Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft. Viele europäische Islamisten fliegen auf ihrem Weg nach Syrien zunächst nach Istanbul, um dann auf dem Landweg in das Kampfgebiet an der türkisch-syrischen Grenze weiterzureisen. Auch diverse Datenträger seien bei den Durchsuchungen beschlagnahmt worden, so Steltner weiter.

Radikalisierung im Gebetszirkel

Der Hauptverdächtige D. soll in der Moschee in der Perleberger Straße – die sich direkt gegenüber dem Polizeiabschnitt 33 im Erdgeschoss eines Gründerzeithauses befindet – einen Gebetszirkel geleitet haben. Dieser "Islamunterricht" soll vornehmlich von Türken, Tschetschenen und Dagestanern besucht worden sein.

D. soll dabei als selbsternannter "Emir" aufgetreten sein, die Teilnehmer des Zirkels radikalisiert und auf einen Kampfeinsatz in Syrien eingeschworen haben. Offenbar mit Erfolg: Steltner zufolge kämpfen mehrere Männer aus dem Umfeld der Zelle auf Seiten der Islamisten. Wie viele genau, konnte Steltner am Mittwoch nicht sagen.

Mutmaßlicher IS-Kämpfer aus dem Umfeld der Zelle

Ein Kämpfer aus dem Umfeld der Zelle sitzt bereits seit vergangenem Herbst in Untersuchungshaft: Dabei handelt es sich um den 40-jährigen Murat S., der in einem Camp des Islamischen Staates ein Waffentraining erhalten und hinterher an Kampfhandlungen teilgenommen haben soll. Er wurde nach seiner Rückkehr nach Berlin am 19. September von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen. Er hatte laut Polizei regelmäßig an D.s Islamstunden teilgenommen, außerdem arbeitete er zeitweilig in D.s Baufirma.

Moschee gehörte bis vor kurzem zum Ditib

Die Moschee wurde bis vor kurzem von dem Verein "Ditib Mitte zu Berlin e.V." betrieben, über den Milchglasfenstern der Moschee hing auch am Mittwoch noch ein entsprechendes Schild. Ditib (türkische Abkürzung der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ist ein von der türkischen Regierung kontrollierter, bundesweit agierender Dachverband, in dem zahlreiche Moscheegemeinden organisiert sind.

Süleyman Kücük vom Berliner Ditib-Landesverband sagte: "Der Verein gehört seit zwei oder drei Monaten nicht mehr zu uns." Die Gemeinde habe den Verein finanziell nicht mehr tragen können, sagte Kücük. "Offiziell ist der Verein deshalb aufgelöst." Auch Ender Cetin von der bekannten Sehitlik-Moschee am Columbiadamm - ebenfalls im Ditib organisiert - sagte, dass der Verein seit einigen Monaten nicht mehr zum Dachverband gehöre. "Es gab Ärger, die Gründe sind mir nicht bekannt." Warum an der Fassade der Moschee noch ein Schild von Ditib hängt und der Verein weiterhin auf der Internetseite von Ditib aufgeführt ist, konnten beide nicht erklären.

Aus Polizeikreisen hieß es auf Nachfrage, inzwischen habe sich womöglich in den Räumen ein neuer Verein gegründet.

Verfassungsschutz: Erwarten mehr IS-Kämpfer aus Deutschland

Bernd Palenda, Chef des Berliner Verfassungsschutzes, geht davon aus, dass die islamistischen Milizen in Syrien - vor allem der Islamische Staat - weiter Zulauf aus Deutschland bekommen werden. "Solange die Terrorgruppe IS in Syrien von Jugendlichen als siegreiche Struktur wahrgenommen wird, so lange kann das eine anziehende Wirkung auf sie haben", sagte Palenda der Deutschen Presse-Agentur vor wenigen Tagen. "Viele dieser Jugendlichen sehen sich nicht als Deutsche, sie akzeptierten die Regeln der Gesellschaft nicht", sagte Palenda. Auf der Suche nach einem Platz im Leben seien sie empfänglich für einfache Lösungen und Botschaften, so Palenda weiter - bei ihrer Radikalisierung würden falsche Freunde, das Internet und Predigten eine Rolle spielen.

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