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Passt! Beim ersten Flohmarkt im Kater Holzig in Mitte vor wenigen Wochen mussten einige Händler abgewiesen werden, das Interesse war zu groß. Und auch über mangelnden Publikumszuspruch konnte der Veranstalter nicht klagen. Der nächste Termin steht dennoch bislang nicht fest.

© DAVIDS/Dominique Ecken

Trödel ist Trumpf: Die schönsten Flohmärkte in Berlin

Berlins Flohmärkte sind alles andere als ein muffiges Auslaufmodell. Neben den etablierten wächst die Zahl der trendigen Angebote – nicht nur für junge Kunden.

Zugegeben, so etwas wie den Marché aux Puces an der Porte de Clignancourt in Paris haben wir hier nicht. Und noch immer werden „Flohmarkt“ und „Trödelmarkt“ bei uns weitgehend synonym gebraucht, haftet dieser Erscheinung des modernen Wirtschaftslebens weiter ein gewisser muffiger Geruch an, der von Trödel, Plunder eben. Angesichts des vielfältigen Sortiments stimmt das allzu oft nicht mehr. Aber auch das Image wandelt sich, wird trendiger, schicker, lockt zunehmend neue, jüngere Käuferschichten an. Und ohnehin: Immer mehr solcher Märkte gibt es in Berlin. Allein die Internetseite Berlin.de listet knapp zwei Dutzend auf, und das sind noch nicht einmal alle. Anscheinend kann es gar nicht genug Flohmärkte geben in der Stadt.

Nehmen wir den „Kater Holzig“ in der Michaelkirchstraße in Mitte: Ursprünglich eine Art Wiedergeburt der Bar 25, mittlerweile gemausert zu einem multifunktionalen Ort des Amüsements, mit Restaurant, Kino, Konzertbühne, Wellnessbereich – und neuerdings auch einem Flohmarkt, der im Kiez eine Marktlücke füllte. Händler zu finden bereitete den beiden Initiatoren Amir Kassem und Klaudia B.-Lewandowski jedenfalls keine Probleme, im Gegenteil: „Wir mussten einige Anfragen ablehnen“, berichtet Kassem über den Auftakt des Marktes vor wenigen Wochen. Die Standgebühr hatten die Veranstalter mit zehn Euro bewusst niedrig angesetzt, damit jeder mitmachen kann und Ware billig angeboten wird. Der Katermarkt, so hofft Kassem, soll ein Ort werden, an dem die Besucher gern einen Tag verbringen, schon träumt er von einer Mischung aus Rummelplatz, Flohmarkt und „Freakshow“, samt Schießbuden, Basteltischen, Kostümen und Performances."

Der Mauerpark-Flohmarkt steht schon in jedem Touristenführer:

Das könnte funktionieren, denn längst dienen Flohmärkte ja nicht nur dazu, zu verkaufen und zu kaufen. Sie entstehen vielmehr dort, wo Menschen das Bedürfnis haben, sich zu treffen – so sieht das jedenfalls Michael Groß. Und weil, wie er meinte, in Neukölln ein solcher Kieztreffpunkt noch fehlte, rief er vor zwei Jahren den Nowkölln Flohmarkt am Maybachufer ins Leben. Heute ist der mit tausenden Besuchern und über 100 Ständen schon „wie ein kleines Dorf“, freut sich der Marktbetreiber, der sogar einen Ableger in den Prinzessinnengärten gegründet hat – den Kreuzboerg-Markt am Moritzplatz.

Für Groß zeichnet sich ein guter Trödelmarkt dadurch aus, „dass man zufällig genau das findet, von dem man gar nicht wusste, dass man es braucht“. Das trifft sicher den Kern, gilt erst recht für etablierte Märkte wie die auf der Straße des 17. Juni, am Fehrbelliner Platz oder im Mauerpark. Oder auch den in der Arena-Halle in Treptow, wo sich an jedem Wochenende Auto- und Fahrradersatzteile, Barhocker und Teppiche, Lampen und Duscharmaturen, Schuhe und Hüte bis unter die Decke stapeln – alles nicht schön, aber meist ausgesprochen nützlich, zumindest für Bastler.

Der Einheits-Flohmarkt am Ostbahnhof:

Aber Namensschöpfungen wie Katermarkt, Nowkölln- oder auch Kreuzboerg-Markt  zeugen zugleich vom Bemühen ihrer Betreiber, den Trödel als irgendwie hip, trendy, cool zu verkaufen, ihm den Muff schon sprachlich auszutreiben und als modisch umzudeuten. Und wenn man dann noch ein erfolgreiches Partykollektiv wie WMP im Rücken hat, um so besser. Die Engländerin Jo Hunter hatte dieses Glück und erfand schon 2008 nach Londoner Vorbild den Vintage-Flohmarkt in der Markthalle IX in der Kreuzberger Eisenbahnstraße. Mode im Retro- Look vergangener Jahrzehnte ist hier Trumpf, mit der gewohnten SecondHand-Kultur hat das nur noch bedingt zu tun. Auch im szenigen Teil Neuköllns macht sich der Trend bemerkbar. So trifft sich die hippe Nachbarschaft regelmäßig zum kollektiven Klamottentausch vor dem „Sing Blackbird“, einem Café mit angeschlossenem Second-Hand-Laden in der Sanderstraße. Im Café herrscht dann Hochbetrieb. Auch die Flohmarkt-Teilnehmer profitieren: Wer einen Stand für 15 Euro bucht, bekommt Rabatt im Laden. „Wir wollen, dass es zwischen dem Flohmarkt und unserer Boutique einen Austausch gibt“, erklärt Mitarbeiterin Olga Zmiejko.

Dagegen ist der Flohmarkt am Boxhagener Platz im traditionell szenigen Friedrichshain ein Klassiker, besetzt von ausnahmslos professionellen Händlern und angesichts der Preise offenbar frequentiert von zahlungskräftiger Kundschaft. Immerhin haben die Händler ein Auge fürs Ausgefallene. So kann der Markt mit einer ganzen Reihe an Künstlern und Designern punkten. Besonders beliebt: der Stand der Galerie Zozoville. So ist dieser Markt fast ein Künstlertreffpunkt, samt Straßenmusikern und -künstlern. Wer dort hingeht, sollte das mögen.

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