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Bundeswehr-Gelöbnis: Stramm gestanden in der Hitze

420 Rekruten der Bundeswehr wurden am Dienstagabend vor dem Reichstag vereidigt. Das Regierungsviertel war weiträumig abgesperrt - Proteste blieben aus.

Störer gab es diesmal keine – nur Hitze und Abendsonne machten den Rekruten am Dienstagabend auf dem Platz der Republik zu schaffen. Eine ganze Stunde lang mussten die 420 Soldaten nebeneinander aufgereiht vor dem Reichstag stehen, fünf verloren während der Zeremonie das Bewusstsein und sackten in sich zusammen, die Kameraden fingen sie aber auf. Immer schön auf den Nebenmann achten, hatten die Vorgesetzten extra befohlen. Zum dritten Mal in Folge fand das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehrrekruten am 20. Juli – dem Jahrestag des Stauffenberg-Attentats auf Adolf Hitler 1944 – am Reichstag statt. 2800 geladene Gäste verfolgten die Zeremonie, unter den Ehrengästen waren Kanzlerin Angela Merkel sowie die ehemaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Volker Rühe. Neben ihrem Amtsnachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg hielt auch Ewald-Heinrich von Kleist eine Rede: Der heute 88-Jährige war 1944 als Offizier an den Attentatsplänen beteiligt, sollte die Entwaffnung der Leibstandarte Hitlers überwachen. Von Kleists Vater wurde später von den Nationalsozialisten hingerichtet, er selbst kam in ein Konzentrationslager.

Vor dem Reichstag dankte von Kleist der Bundeswehr dafür, dass sie sich dazu bekenne, „dass Freiheit und Recht den besonderen staatlichen Schutz verdienen, und wenn es darauf ankommt, auch verteidigt werden wollen, ja gegebenenfalls werden müssen“. Dies verbinde die Bundeswehr mit dem Erbe der Männer und Frauen des deutschen Widerstands gegen Hitler.

„Wir haben eine Epoche von 65 Jahren Frieden hier in Zentraleuropa gehabt“, sagte von Kleist weiter. „ Das hat es vorher nicht gegeben. Es ist eine einmalige Glücksoase gewesen.“

Am Nachmittag hatte Bundesratspräsident Jens Böhrnsen die Feierlichkeiten im kleinen Kreis im Bendlerblock eröffnet und einen Kranz niedergelegt.

Das Areal um den Reichstag war am Dienstag insgesamt zehn Stunden lang weiträumig abgesperrt. Wegen strenger Einlasskontrollen bildete sich vor dem Eingang eine lange Schlange, die Gäste mussten mehrfach ihre persönlichen Einladungen vorzeigen.

Insgesamt waren 1000 Polizisten abgestellt, um die Rekruten auf dem Platz der Republik zu beschützen – ein Drittel weniger als im Vorjahr. Das lag wohl auch daran, dass das Antikriegsbündnis „Gelöbnix“ im Vorfeld in einer Stellungnahme verkündet hatte, dieses Jahr von organisierten Störmanövern abzusehen. Seit die Bundeswehr 1996 erstmals ein öffentliches Gelöbnis in Berlin abhielt, hatten Kriegsgegner immer wieder dagegen protestiert. Den Bruch mit dieser Tradition begründete das Bündnis mit mangelndem Interesse der Szene. Der Hauptzweck der Demonstrationen sei es gewesen, der Bundeswehr „die öffentliche Selbstdarstellung zu verhageln“, hieß es. Da das Gelöbnis nicht mehr öffentlich ist, sei dieses Ziel schon erreicht.

Das Gelöbnis kostet den Steuerzahler inklusive Polizeieinsatz mehr als eine halbe Million Euro. Für viele Menschen kommt es dabei stets zu Verkehrsbehinderungen. Die meisten Berliner und Touristen sahen die Absperrungen ab den Mittagsstunden allerdings gelassen. Fremdenführer Conrad Eichner lotste gut gelaunt Touristen aus einem Reisebus. Er sagte: „Die Besucher sind nicht enttäuscht, dass sie nicht in den Reichstag dürfen.“ Nur einige Fahrradfahrer schauten verwundert, als die ersten Sperren errichtet wurden. Lediglich die Ausflugsdampfer durften am Dienstag das Gebiet entlang der Spree passieren, anlegen dagegen nicht.

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