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Märkisch-Oderland: Eis-Hochwasser bedroht Oderbruch

Das gefährliche Eis-Hochwasser an der Oder bedroht nun unmittelbar das tiefer gelegene Oderbruch. Inzwischen gilt die höchste Alarmstufe.

Der Landkreis Märkisch-Oderland wird am Montag um 16 Uhr für den am meisten gefährdeten Abschnitt zwischen Hohenwutzen und Hohensaaten bereits die höchste Katastrophen-Alarmstufe IV ausrufen. Das bestätigte Landrat Gernot Schmidt (SPD) dem Tagesspiegel. Der Landkreis folgte damit einer dringenden Empfehlung des Landesumweltamtes. Die Situation bleibe „angespannt“, erklärte Umweltministerin Anita Tack (Linke). Zuvor war der Pegel in Hohensaaten-Finow auf 700 Zentimeter gestiegen, womit der Richtwert für die höchste Alarmstufe IV bei Eis-Hochwässern bereits um 50 Zentimeter überschritten und sogar der Richtwert für Hochwässer ohne Eis bereits erreicht wurde.

Das letzte bedrohliche Sommerhochwasser hatte es erst im letzten Jahr gegeben. Der Versuch, durch deutsche und polnische Eisbrecher ein schnelleres Abfließen der Oder oder in die Ostsee zu erreichen, hatte am Montag wegen Wirkungslosigkeit abgebrochen werden müssen. Die Schiffe fuhren sich immer wieder fest.

Eis-Hochwasser an der Oder gelten als besonders tückisch und unberechenbar, was mit einem natürlichen Phänomen des Flusses zusammen hängt. Die Oder gehört zu den seltenen Flüssen mit „Grundeisbildung“, erläutert Matthias Freude, der Präsident des Landesumweltamtes. „Anders als andere Gewässer friert die Oder nicht von oben, sondern von unten aus zu.“ Dieses „Matscheis“ samt Schollen drücke dann plötzlich nach oben, an die Oberfläche türme sich auf, „wie ein Staudamm“, so Freude. Dies alles könne lokal in kurzer Zeit passieren. Die Oder habe sich jetzt „selbst“ bereits um 1.96 Meter höher gestaut. Hinzu kommt laut Freude, dass es in den letzten zehn Jahren auf Grund der anhaltend hohen Grundwasserstände entlang der Oder seit den Rekordniederschlägen im Sommer im Dezember noch nie so hohe Pegel gegeben habe wie jetzt. Allerdings rechnet Freude nicht damit, dass die Oder weiter dramatisch anschwillt. Und die nach der Jahrhundertflut 1997 komplett erneuerten Deiche seien stabil. „Es gibt keine Schadstellen.“

Welche Kraft die Eis-Oder entwickelt, kann man flussabwärts beobachten. Am Nationalpark Unteres Odertal unweit von Schwedt hat der Fluss an zwei Abschnitten über insgesamt 200 Meter die Deichkronen regelrecht „abrasiert“, wie Freude sagt. Das Wasser fließt aber in unbewohnte, für den Zweck ohnehin vorgesehene Polderflächen. Entwarnung für das Oderbruch, eine einst unter Friedrich dem Großen der Natur abgetrotzte 55 Kilometer lange und 15 Kilometer breite Senke mit rund 30000 Einwohnern, kann das Landesumweltamt nicht geben. Prognosen sind schwer möglich. So weiß niemand, was geschieht, wenn die Warthe, die unweit in Oder mündet, derzeit aber 70 Kilometer ins polnische Landesinnere hinein vereist ist, einmal auftaut. Und der Winter mit den Schneemassen überdeckt nur das Binnenhochwasser, das im Herbst Felder und viele Keller unter Wasser setze, aber noch nicht abgeflossen ist. Die Ängste in der Region vor der Schmelze sind groß. Viele fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Auch Landrat Schmidt sagt: „Das Problem wird in Potsdam immer noch unterschätzt.“

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