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Den Bogen raus. Paralympics-Zeitungs-Redakteure beim Rehasport-Workshop im Unfallkrankenhaus Berlin.

© Unfallkrankenhaus Berlin

Tagesspiegel macht wieder die "Paralympics Zeitung": Startklar für Sotschi

Das wird ein Erlebnis: Jungjournalisten aus Deutschland und Russland erstellen die Paralympics Zeitung 2014. Jetzt geht es zum Workshop nach Moskau.

Allein den schweren Bogen vor sich still- zuhalten, ohne zu zittern, ist anstrengend. Geschweige denn, ins Ziel zu treffen. Die Jugendreporterinnen Amrei Zieriacks aus Bergisch Gladbach und die Berlinerin Julia Hollnagel zollen der Reha-Patientin Angelika Schenk, die aus Hohenschönhausen nach Marzahn ins Unfallkrankenhaus Berlin zum Bogenschützentraining kommt, Respekt. „Macht euch nichts draus, ich trainiere ja schon länger.“ Die beiden jungen Frauen werden mit den anderen Reportern des Tagesspiegel-Projektes „Paralympics Zeitung (PZ)“ aus ganz Deutschland und Russland bald internationale Leistungssportler, Politiker, Prominente und euphorisierte Zuschauer interviewen – beim zweitgrößten Sportereignis der Welt, den Olympischen Spielen der Menschen mit Behinderung, vom 7. bis 16. März in Sotschi. Gerade bereiten sich alle auf den Medienworkshop in Moskau vom 15. bis 18. Februar vor, da stellt der Tagesspiegel sein Kooperationsprojekt auch bei einem Empfang in der Deutschen Botschaft vor.

In Athen 2004 fing es an - mit Laptop auf den Knien

Das Medienprojekt hat der Tagesspiegel 2004 bei den Sommerparalympics in Athen mit der Partneragentur Panta Rhei begründet: Redaktionszimmerchen hinter der spanischen Wand, Laptop auf den Knien. Zehn Jahre später erscheint die internationale Paralympics Zeitung als Beilage in Millionenauflage unter anderem in Tagesspiegel, Zeit und Handelsblatt. Mittlerweile sind insgesamt rund zwei Dutzend Mitarbeiter aus mehreren Verlagsabteilungen allein beim Tagesspiegel zu Hochzeiten am Projekt beteiligt.

Beim ersten Warmmach-Workshop stellten sich auch die diesjährigen Partner Deutsch-Russisches Forum e.V., der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch vor. Die renommierte Lomonossow-Uni in Moskau wirkte bei der Auswahl der russischen Schreiber mit, es gibt Verhandlungen mit großen Wirtschaftszeitungen und liberalen Tageszeitungen in Russland. Es sollen zwei deutsche, zwei russische und eine englischsprachige Ausgabe der Paralympics Zeitung erscheinen. Aus der Teamunterkunft im Sotschi-Stadtteil Adler, den Medienzentren und während der Wettkämpfe werden die Jugendlichen zudem twittern und die Facebook-Seite des Projektes bestücken. 2014 soll auch ein 10-Jahres-Jubiläumsmagazin erscheinen.

Es gab schon internationale Journalistenpreise

Die Paralympics Zeitung ist maßgeblich dem Initiator und Förderer, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), zu verdanken. „Aus den zahlreichen Bewerbern haben wir in Deutschland sechs junge Talente ausgewählt, die hoch motiviert und super vorbereitet zu den Spielen in Sotschi fahren werden“, sagt DGUV-Kommunikationsleiter und Mitherausgeber Gregor Doepke. Er ist stolz auf die auch internationalen Journalistenpreise für sein berufliches „Baby“. Und freut sich mit PZ-Gründungsvater Thomas Rugo von Panta Rhei zudem darüber, dass die Paralympics-Gewinnerin und Biathletin Verena Bentele, die gerade noch als PZ-Jurorin beim Tagesspiegel-Schreibwettbewerb wirkte, nun im Merkel-Kabinett neue Behindertenbeauftragte der Bundesregierung ist.

Nachts im Tagesspiegel produziert

Bei den Spielen bitten oft erfahrene Reporter die Jungjournalisten um Tipps, weil sie sich am besten auskennen. Aber wie bereitet man sich auf ein Interview mit dem Bundespräsidenten, einem Goldmedaillengewinner oder einem Verlierer vor? Dazu gab Michael Rosentritt aus der Tagesspiegel-Sportredaktion beim ersten Vorbereitungsworkshop Tipps. „Konzentriert euch möglichst auf ein Thema“, empfahl der Redakteur – und Team-Dolmetscherin Julia Ilinykh übersetzte auf Russisch. Auch Raúl Krauthausen und Lilian Masuhr vom Projekt Leidmedien.de bat das Redaktionsteam um Tipps, schließlich steckt der Teufel im Detail. Wer weiß schon, dass sich das synonym gebrauchte Wort „Handicap“ von Bedürftigen ableitet, die am Straßenrand mit der Kappe in der Hand bettelten? Passt so gar nicht zu den Leistungsträgern, Kämpfern, Idolen. „Bei der Berichterstattung neigen manche Journalisten dazu, die Behinderung und nicht den Menschen in den Vordergrund zu stellen“, sagte Krauthausen. Fotoperspektive, Überschriften, Zitate – bei der PZ feilten daran in den Vorjahren schon wegen der Zeitverschiebung parallel Teams jeweils in China, Kanada – und nachts in den Tagesspiegel-Redaktionsräumen. Zum Paralympics-Zeitungs-Team 2014 gehört Jonas Wengert aus dem bayerischen Wittlislingen, der zum Tagesspiegel-Seminar mit Druckereibesuch in Spandau und Berlin-Tour seinen Rollstuhl mitnahm – er freut sich wie alle im Team sehr auf Sotschi. Auch wenn der Hobby-Rollstuhlbasketballer anders als der damalige Bundessportminister Wolfgang Schäuble bei den Paralympics 2006 in Turin keine ausgefeilte Offroad-Bereifung für Schnee und Eis hat.

Team-Kleidung. „Paralimpijskij Reporter“, so heißt die Zeitung auf Russisch.
Team-Kleidung. „Paralimpijskij Reporter“, so heißt die Zeitung auf Russisch.

© Thilo Rückeis

Neu ist die Partnerschaft mit der Aktion Mensch, für die Christina Marx kam. Und Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt sagte allen neben viel Arbeit auch viel Spaß voraus. „Uns haben Schüler in den Vorjahren gesagt, die Paralympics und das Projekt sei das Schönste gewesen, was sie im Leben je erlebt haben.“

Lesen Sie hier mehr dazu, wie der paralympische Nachwuchs gefördert wird.

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