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Grünes Geheimnis. Heißen hübsch, schmecken noch besser: seltene Gartenkräuter adeln bei Küchenchef Danijel Kresovic nicht nur Schmandtarte, Jaboksmuscheln oder Adlerfisch.

© Mike Wolff

Kochserie Juli: Frisch gezupft

Danijel Kresovic, Küchenchef im Swissôtel, ließ in seinem Workshop ernten: Kräuter vom Balkon – vom Ananassalbei bis zum Sauerampfer.

Von Susanne Leimstoll

Dorothee vom Adenauerplatz hat auch so eine Terrasse. Da zieht sie unter anderem frische Gewürze, ganz so, wie Danijel Kresovic auf der Terrasse seines Restaurant 44 im Swissôtel, hoch überm Tauentzien. Dorothee gesteht: „Ich bin süchtig, seit ich einen Wildkräutersalat probiert habe.“ Süchtig nach Gartenkräutern. Deswegen hat sie sich den Workshop bei Kresovic ausgesucht, denn das Leib- und Magenthema des Küchenchefs ist die frische Würze. Dorothee hat auf der Terrasse ein imposantes Aroma ausgemacht: japanischen Wasserpfeffer – erst unverdächtig auf der Zunge, dann mit jäher Schärfe.

Die Zehnergruppe hat die Theorie eben hinter sich. Danijel Kresovic hat den Teilnehmern der Tagesspiegel-Kochakademie im Juli von der Welt der gewöhnlichen und seltenen und auch vergessenen Kräutersorten erzählt. Dann durften sie ernten. Bernd aus Steglitz hat sich einmal quer durch den Garten gerupft – vom Sauerampfer zur Kapuzinerkresse, vom Ananassalbei zum Giersch. „Wir haben alles gezupft bis auf Augenbrauen“. Und probiert natürlich. „Weil es so wunderbar roch.“ Als Kind, sagt Bernd, während er sich etwas von den eben akkurat gewürfelten Rote Bete in den Mund stopft, sei er Kräuter zupfend über die Wiesen gehüpft. Doch das Wissen von damals ist heute futsch. „Das hat mich irritiert.“ Auch Dorothee schätzt die nostalgische Note im Kursus: „Vieles von früher kommt wieder: Wildspinat, Wegerich ...“ Maja aus Steglitz begeistert, wie ein Gewürz ein Gericht abrunden kann. Sie mag’s gerne natürlich.

Dass Kräuter nicht einfach am Ende ins Essen gepfeffert werden müssen, demonstriert dieser Workshop in fünf Gängen. Die Herausforderung heißt zum Beispiel: flüssiger Kräutersalat – eine Art Süppchen, dessen Zutaten, blanchiert, abgeschreckt und mit Gemüsebrühe gemixt, schließlich mit Feta und Rote-Bete-Würfeln genossen werden. Oder: ein Gemisch aus Römischem Silbersauerampfer, Vogelmiere und Frisee, das zu den mit Purple Curry geköchelten Erdbeeren zur Jakobsmuschel himmlisch schmeckt. Oder: Schokoladen-Bronzefenchel-Pastilla – Blutwurstplätzchen, die, mit Kräuter und Zartbitterstückchen versetzt, lecker zu krossen Adlerfischfilets munden. Kresovic zeigte, wie Karotten – zubereitet mit Zucker, Orangensaft, Orangenminze und Mönchspfeffer – mit zum Kuchen geschichteten Mangold-Pfifferling-Crèpes den Simmentaler Rinderrücken abrunden oder Zitronenbasilikumeis die Tarte und dunklen Beerensalat ergänzen.

Herbert aus Tempelhof genießt das Gruppenerlebnis. Zu Hause kocht er praktisch täglich, seine Frau genießt das. Jetzt erweist er sich als Meister des Eierpochierens. Das heiße Weißweinessigwasser rühren, damit’s einen Strudel gibt, aufgeschlagenes Hühnerei hineingleiten lassen, das Eiweiß immer mal vorsichtig mit der Kelle drüberziehen oder Schlieren abzupfen, damit das Endergebnis als schönes, flaches Oval, außen weiß, innen flüssig, aufs Tuch kommt, um dann später paniert zu werden. Werner aus Spandau konnte bis vor drei Jahren noch nicht mal ein Schnitzel braten. Dann hat ihn die Kochlust gepackt, und nun, im Kursus, schwenkt er die Pfanne mit den zu sautierenden Pfifferlingen wie ein Profi.

Jürgen aus Steglitz, bekennender Hobbykoch, bereitet sogar täglich den Babybrei für den sieben Monate alten Sohn selber zu. Da weiß man, was man hat. Eben drückt er hingebungsvoll die Blutwurst mit Bronzefenchel und Schokolade zu Brei, um sie dann mit runden Förmchen wieder in die ursprüngliche Talerform zu bringen. Gourmetküche kann auch unlogisch sein.

Kresovic sagt: „Crèpes machen!“ Und: „Die Eier sind im Kühlschrank, das Rezept steht im Heft.“ Da dürfen sich die Damen nun alles zusammensuchen. Dafür naschen sie dann aber von jenen fertig gebrutzelten Pfannkuchen, die nicht ganz eben geworden sind. „Da, mach auf“, sagt Kresovic schelmisch zu Jürgen und knallt ihm eine Kachel Jakobsmuscheln hin. Verunsicherte Blicke. Der Küchenchef zeigt: Erst mit dem Messer die flache Seite anheben, durch leichtes Bewegen der Klinge den Muskel lösen, aufbrechen und das teure Tier rausschaben. Ja, es lebt noch weiter. „Wenn Sie Qualität wollen, kaufen Sie die ganze Muschel, nicht die ausgelöste“, sagt Danijel Kresovic. Qualität merkt man allerdings nicht nur am Geschmack, auch am Preis. „Die frischen norwegischen in der Schale“, sagt er, „kosten 72 Euro das Kilo.“ Da hört mancher in der Runde kurz mal auf zu kauen.

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