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Mehr Bars, mehr Licht, mehr Wohnungen: Der Ku'damm soll lebendiger werden

Sechs Monate lang wurde Ku’damm-Jubiläum gefeiert – und was kommt jetzt? Jedenfalls keine Szenemeile.

Die Goldene Treppe hatte Symbolkraft. Sie wirkte neben der Gedächtniskirche, als hätte man sie dort hingesetzt, um ein Märchen von der Zukunft des Ku’damms zu inszenieren. Sie war zum Start des Jubiläums "125 Jahre Kurfürstendamm" errichtet worden.

Sechs Monate wurde gefeiert – bis zum Finale am gestrigen Sonnabend: einer Shoppingnacht mit 100 Geschäften und Livemusik auf dem Breitscheidplatz. Tausende waren bis in den späten Abend auf dem Boulevard.

Von einer Rückkehr des Kurfürstendamms ist nun die Rede, von einem Anschub durch das Jubiläum sowie durch etliche Bauprojekte am Boulevard. Die 3,5 Kilometer lange Magistrale soll lebendiger werden – mit Bars und Restaurants, mehr Licht, mehr Wohnungen und schöneren Plätzen. Das Zentrum der City West soll nach dem Willen des neuen Bürgermeisters von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD), „familienfreundlicher“ sein. Damit der Ku’damm eine Zukunft hat, will Naumann besonders die Seitenstraßen wirtschaftlich fördern. Dass der Ku’damm allerdings wieder ein Szeneviertel für Nachtschwärmer wird, bezweifelt Naumann. Er will nicht „verkrampft andere Stadtteile kopieren“.

Tagsüber sind der Ku’damm und die Tauentzienstraße die belebtesten Einkaufsstraßen Berlins, wie Zählungen zeigen. Der mittlere Teil des Kurfürstendamms hat sich zur Luxusmeile entwickelt. Wohl noch in diesem Jahr eröffnet Armani an der Ecke Wielandstraße, Mitte 2012 folgt Dolce & Gabbana nahe der Knesebeckstraße. Im denkmalgeschützten Haus Cumberland plant der Gründer der Modemesse Bread & Butter, Karl-Heinz Müller, sein stadtweit viertes Modegeschäft. Und in das einstigen Kino Filmbühne Wien zieht ein Apple-Store, für den schon Bauarbeiten hinter abgedeckten Fenstern laufen.

Mehr Leben wird auch durch die Gastronomie einkehren. Die Planer der großen Neubauten wollen zum Verweilen einladen. Im knapp 120 Meter hohen Zoofenster-Hochhaus soll das Waldorf-Astoria-Hotel ab Januar das legendäre „Romanische Café“ wiederbeleben sowie eine „American Bar“ eröffnen. Der untere Bereich des Turms „gehört ganz der Stadt“, sagt Architekt Christoph Mäckler. Auch gegenüber am Rande des Breitscheidplatzes entsteht ab 2012 der „Atlas Tower“, ein ebenso hohes Gebäude mit Gastronomie im Parterre.

Besonders der Hardenbergplatz wird sich stark verändern. Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite.

Ebenfalls am Breitscheidplatz plant die Bayerische Hausbau ab Anfang 2013 auf dem Dach des Bikini-Hauses in der Budapester Straße, das unter dem Namen „Bikini Berlin“ modernisiert wird, ein Restaurant mit „freiem Blick in den Zoo“. Und im Haus Cumberland eröffnet voraussichtlich im Herbst 2012 ein 500 Quadratmeter großes Restaurant nach dem Vorbild des Pariser „La Coupole“. Einen Straßenblock weiter könnte 2012 der Umbau des Ku’damm-Karrees beginnen. In der dort geplanten Ladenpassage wird es ebenfalls Lokale geben. Ein paar Schritte weiter, auf dem 2010 verkehrsberuhigten George-Grosz-Platz, können Gäste des „Café Einstein“ bereits an mehr Tischen als früher draußen sitzen.

Die „schreckliche städtebauliche Situation“ am maroden Ku’damm-Karree will Bürgermeister Naumann „sofort“ anpacken. Der Umbau hat sich wegen des Streits um die Ku’damm-Bühnen verzögert. Außerdem will der Bezirk die Plätze weiter verschönern. Jetzt kommen der Lehniner Platz, der Rankeplatz und der Olivaer Platz an die Reihe. Der Hardenbergplatz soll autofrei werden. Zudem sind Lichtinstallationen unter Brücken der Hochbahn geplant: Ab 2012/13 soll die Lichtkunst Brücken in der Bleibtreu-, Hardenberg- und Kantstraße zieren.

Unerlässlich für die Belebung der City-West sind aber auch geplante Wohnungsneubauten wie auf der ehemaligen Kleingartenkolonie Württemberg am Olivaer Platz und im Haus Cumberland. Die „optimale Verkehrsanbindung und die Infrastruktur mit Läden, Cafés und Restaurants“ lobt Dennis Rabensdorf, Geschäftsführer der privaten Rackow-Schule in der Fasanenstraße. Durch die vielen Projekte werde die Gegend „nachhaltig gestärkt“. Am Freitag will eine Runde aller großen Investoren dies dokumentieren. Man werde über den „Büroflächenboom“ in der City-West informieren. 80 000 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen hätten in nur einem Jahr Mieter gefunden.

Aktuell stören sich Touristen und Berliner an den vielen Baustellen. Immerhin soll die Riesenbaustelle für die Sanierung der U-Bahntunnel in der Tauentzienstraße Mitte 2012 verschwinden. Ende des neuen Jahres dürfte auch die Sanierung des alten Turms der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche enden. Allerdings rechnet die Gemeinde damit, dass bald auch ihr neuer Kirchensaal saniert werden muss.

Für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit hat das Boulevardjubiläum bewiesen, „dass es sich lohnt, Engagement zu zeigen“. Und Christian Tänzler von der Berlin Tourismus GmbH freut sich, „dass jetzt endlich eine ganze Menge passiert“. Auch neue Hotels wie das spanische „H10“ oder das „Abba Berlin“ hätten in Ku’dammnähe eröffnet.

Die Clubszene hingegen meidet den Ku’damm. „ Zu den wenigen Ausnahmen zählen die „Puro Lounge“ im 20. Stock des Europa-Centers sowie die Diskotheken „First“, „Maxxim“ und „Ku’dorf“ an der Joachimstaler Straße. Clubs seien „Vorboten einer angesagten Gegend“, sagt Lutz Leichsenring von der Club Commission. Doch heute sei der Ku’damm „fern von der Szene“, sagt er. „Für Experimente sind die Mieten zu hoch.“

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