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Promis in Berlin: Entspannt euch!

Brad Pitt zieht her! Teri Hatcher isst Currywurst! Manche Medien überschlagen sich mit aufgeregten Promimeldungen – im echten Leben tun die Berliner glücklicherweise so, als seien ihnen Stars egal.

Am Montagabend war der britische Schauspieler Hugh Grant essen. Da wird er nicht der Einzige gewesen sein, über sein Abendessen aber erfuhr man allerhand, zum Beispiel, dass es im Borchardt stattfand, das von „Bild“ hartnäckig „Promi-Kantine“ genannt wird, wahrscheinlich deshalb, weil da immer so viele „Bild“-Redakteure hingehen. Grant, so „Bild“, speiste nicht alleine, sondern mit der Berlinerin Elisa Schmidt, hinterher stiegen die beiden in ein Taxi, und viel langweiliger, viel normaler geht es ja kaum, aber wenn es um jemanden geht, der aus Versehen mal in einem Film mitgespielt hat und sich gerade in Berlin aufhält, dann flippen die sogenannten Boulevardmedien regelmäßig aus. Ein Promi! In Berlin! Ist denn das zu fassen?

Kaum, und vergangene Woche war es noch unfassbarer. Da meldete „Bild“: „Teri Hatcher erobert Berlin“. Wer? Die Mittelklasse-Schauspielerin kennt manch einer vielleicht aus der TV-Serie „Desperate Housewives“. Sie war zu Gast bei einer Preisverleihung, und mit welcher Strategie sie Berlin erobert hat, fasste „Bild“ so zusammen: „,Desperate Housewives’-Star Teri Hatcher (46) überzeugte sich gestern von Berlins Fast-Food-Delikatessen – mampfte eine Currywurst. Rank und schlank lief sie wenig später über den roten Teppich zur Verleihung des Musikpreises ,Prix Montblanc’. Ein leckerer Anblick."

Hatcher reiste dann wohl irgendwann wieder ab, vielleicht fand sie keinen Gefallen an ihrer Eroberung, aber so geht es ja vielen Prominenten, denen hier eine zweite Heimat angedichtet wird und die dann einfach wieder verschwinden. Vor einigen Jahren galt es als ausgemacht, dass Brad Pitt und Angelina Jolie nach Berlin ziehen, die Boulevardmedien wussten auch ganz genau wohin, nämlich „nördlich der Torstraße“ und weil das ein bisschen langweilig klang, wurde auch dafür noch ein Name gefunden: Brangelina ziehen nach Noto! Die beiden sind dann natürlich nicht nach Berlin gezogen – während Brad Pitt hier den Film „Inglourious Basterds“ drehte, mietete das Paar irgendwo eine Villa.

Überhaupt herrscht Ausnahmezustand, wenn in Berlin, beziehungsweise in Babelsberg, ein Film mit internationalen Stars gedreht wird: Gerade verfilmt Tom Tykwer dort den Bestseller „Der Wolkenatlas“. Hugh Grant spielt da übrigens mit. Und Halle Berry, die vergangenes Wochenende aus einem Steakrestaurant humpelte, weil ihr der Fuß weh tut. Stand dann auch überall, und für die Dreharbeiten werden auch noch Tom Hanks erwartet und Susan Sarandon, und mit Sicherheit erobern die sich Berlin dann von Teri Hatcher zurück.

Tom Tykwer übrigens lebt in Berlin. Er ist ein sehr guter Regisseur. Wenn man so will, ist er ein Star, prominent in jedem Fall. Tykwer sieht man an den Wochenenden häufig auf einem Spielplatz, dort wird er nicht von den Boulevardmedien belästigt, erst recht nicht von den Berlinern, denen ist das herzlich egal, dass ein Star, egal wie berühmt, in ihrer Nähe ist. Anders als die Boulevardmedien machen es die Menschen hier nämlich richtig, sie flippen nicht aus, wenn mal einer kommt, den man aus dem Fernsehen kennt. Es ist am Ende diese Normalität, die Berlin wirklich zu einer Weltstadt macht – und nicht der Jubel.

Komplett den Verstand verlieren „Bild“ und „BZ“ immer dann, wenn ein Prominenter von einem Reporter auf dem roten Teppich oder sonst wo gefragt wird, wie er es denn so finde, hier in Berlin. Was soll man denn da schon sagen? Justin Timberlake sagte diese Woche: „Berlin ist wunderbar!“ Andere sagen: „Tolle Stadt, ich werde wiederkommen!“ Daraus wird dann ganz schnell eine „Liebeserklärung an Berlin“, obwohl die Prominenten den gleichen Satz sagen werden, wenn sie in London, in Moskau oder in Amsterdam über einen roten Teppich gehen würden. Ist ja auch im Prinzip jede Stadt toll, wenn man vom Flughafen in ein Sterne-Hotel gefahren wird.

Timberlake, Berry, Pitt – sie alle ziehen natürlich nicht nach Berlin. Dafür konnte man am Donnerstag in „Bild“ und „BZ“ die Drohungen lesen, dass Barbara Becker und Christine Neubauer in die Stadt ziehen wollen. Auch der große Schauspieler Mickey Rourke lebt übrigens seit kurzem in Deutschland. Er zog nach Wiesbaden.

Tom Tykwer ist am Wochenende häufig auf dem Spielplatz zu sehen. Den Leuten dort ist das egal.

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