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Kathi Bethge hat himmlische Schokokekse in ihr Programm aufgenommen.

© Björn Kietzmann

Nicht nur an Weihnachten: Von Beruf Keksbäckerin

Plätzchen nur zur Weihnachtszeit? Das geht manchem auf den Keks. Kleingebäck, Marzipan, Mandeln und Lebkuchenduft sind etwas fürs ganze Jahr – finden auch drei Berliner Frauen vom Fach. Sie haben die neue Lust am Krümeln entdeckt - und zum Beruf gemacht.

Von Susanne Leimstoll

Marzipan, Mandeln, Rosenwasser! Bethmännchen nur zu Weihnachten? Da muss Olivia Kaufmann, 49, kichern wie ein Schulmädchen. „Die kann ich immer.“ Jetzt, nach Totensonntag, darf sie erst recht: Zimtsterne, mandelmürbe Vanillekipferl, rotäugige Husarenknöpfe – Olivia Kaufmann knabbert sich 365 Tage im Jahr durch Kleingebäck. „Ach, Kekse!“, seufzt die gelernte Grafikdesignerin, eine schlanke Ostwestfälin. „Kekse sind mein Liebstes.“ Nur hausgemachte natürlich.

Da trifft es sich gut, dass sie ohnehin die meiste Zeit für ihr eigenes Geschäft am Backofen steht. Seit 2005 gibt es „Olivia“ in Friedrichshain, ein Lädchen voller bunter, exquisiter Süßigkeiten, feinster Schokoladen, Torten, Tartes. 2006 kam ihre eigene Idee zum Sortiment hinzu: Berlins schönste Kekse. Beim Plätzchenausstechen war ihr aufgefallen: Die sehen ganz schön langweilig aus. Da fing Olivia Kaufmann an, sie zu verzieren: mit Zuckerguss, aufgetragen mit feinem Pinsel oder in pünktchengenauen Mustern aus der Mini-Spritztülle.

Manche Kunden sammeln, statt zu essen

Zuckerbäckerbilder auf dunklem Schokokeksteig. Zum Advent in Form von Lebkuchenmännern, Schaukelpferden, Baumkugeln. Zu Silvester Raketen, zum Frühjahr Vögelchen, zum Muttertag Herzen, zum Sommer Schmetterlinge, zum Geburtstag Torten, zu jedem Tag Namensschilder.

Es gibt Kunden, die legen sich Sammlungen an, statt die Dekokekse aufzuessen. Schubladenweise hortet Olivia Kaufmann die Ausstecher, in jeder Stadt geht sie auf Suche, das Küchenparadies Dehillerin in Paris hat sie längst geplündert. Die Förmchen für selbst skizzierte Umrisse biegt ihr Mann in Handarbeit zurecht. Dass Kekse aus Manufakturen Lieblingsnaschwerk der Frauen sind, versteht sie. „Das ist wie mit Pralinen: Man kann sich verschiedene Leckereien gönnen – und isst nicht gleich die ganze Tüte.“

Olivia Kaufmann verkauft bildhübsch bemalte Backware.
Olivia Kaufmann verkauft bildhübsch bemalte Backware

© Björn Kietzmann

Kathi Bethge hat zwei Klassiker ins Sortiment ihres Bio-Backwaren-Geschäftes in Prenzlauer Berg aufgenommen: Schokotaler und helle Butterkekse. „Die kleine Freude zum Kaffee oder Tee.“ Runde und eckige Butterbomben – in jedem Blechbelag stecken 500 Gramm –, doch ohne Ei als Emulgator oder Backpulver als Treibmittel. Das, sagt Kathi Bethge, sei gut für die Textur. Knusprig und mit Biss hat sie sie am liebsten, und das Aroma halte sich über Wochen.

Das Weizenmehl, Typ 405, bezieht sie aus der Adler-Mühle am Kaiserstuhl, feiner Puder aus Bioproduktion. In die Schokotaler kommt Schokolade aus afrikanischen Bohnen, eine Prise Salz und etwas Zitrone heben den Geschmack. Die helle Variante verfeinert sie mit tasmanischen Pfefferbeeren. Das Grundrezept hat Kathi Bethge aus einem alten Backbuch, den Rest selbst ertüftelt.

Gern gebacken hat die 39-Jährige schon als Kind, ihren Lernberuf Zahnarzthelferin ließ sie leichten Herzens sausen, hängte eine Ausbildung als Ernährungsberaterin dran, arbeitete für Kochschulen und eröffnete 2009 das Cereals No 29 in Prenzlauer Berg. Jetzt hat sie täglich um sich, was ihr Herz begehrt: Biobrot, Hefegebäck und Kuchen.

Anne Seubert krümelt gern für ihren Blog kekstester.de
Anne Seubert krümelt gern für ihren Blog kekstester.de

© Kai-Uwe Heinrich

Berlins Keks-Botschafterin heißt Anne Seubert. Die Kulturwissenschaftlerin arbeitet daran, Keksen zu einem Image als Ganzjahresknabberei zu verhelfen. Auf ihrem 2009 gegründeten Blog kekstester.de wühlt die 34-Jährige sich durch die Kleingebäckvielfalt, ergänzt durch Eigenkreationen und Expertisen.

Seubert knabbert Käufliches und Hausgemachtes, beurteilt Krümel für Krümel. Ihr Sinn fürs Experiment macht allenfalls vor Leberwurstkeksen für den Hund Halt. „Von den Zutaten her sicher genießbar. Aber nein, es gibt Grenzen.“

Olivia, Wühlischstr. 30, Friedrichshain, Mo-Sa 12-19 Uhr, So 13-18 Uhr, www.olivia-berlin.de.

Cereals No 29, Senefelderstr. 29, Prenzlauer Berg, Mo - Fr: 8 - 18 Uhr, Sa 9 - 16 Uhr.

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