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Ihm ging sie ins Netz: Der Kieler Fischer Konrad Fischer entdeckte die Rekord-Flaschenpost am 4. April 2014 in seinem Fang. Drinnen steckte eine Karte mit der Bitte, diese an seine Berliner Adresse zurück zuschicken. Ein Familienforscher fand heraus, dass eine Enkelin von Richard Platz heute in Pankow lebt. Sie heißt Angela Erdmann. Von ihrem früh verstorbenen Großvaters wusste sie fast nichts. Erst nach dem Fund der Flaschenpost studierte sie alte Fotoalben, Briefe und seine Tagebücher. Sie stellte fest: Großvater war ein toller Mann!

© dpa

Überraschung in Berlin-Pankow: Sie haben Flaschenpost - nach 101 Jahren

Die älteste Flaschenpost der Welt hat endlich ihr Ziel erreicht. Nach 101 Jahren wurde sie zugestellt - an die Nachfahren des Absenders, der die Flasche 1913 in die Ostsee geworfen hatte.

19 Mal ist Angela Erdmann in Berlin umgezogen, drei Mal hat die 62-Jährige durch Heirat ihren Namen geändert. Ein Berliner Familienforscher ist ihr dennoch auf die Spur gekommen. Vor ein paar Tagen klingelte der Mann bei ihr in Pankow und erzählte eine höchst ungewöhnliche Geschichte über ihren Großvater, von dem sie bis dahin fast nichts gewusst hatte. „Das war eine der größten Überraschungen in meinem Leben“, sagt sie.

Es ging um die Flaschenpost mit der längsten je registrierten Laufzeit. Vor 101 Jahren hatte sie der damals 20-jährige Berliner Bäckersohn Richard Platz in die Ostsee geworfen. Dort blieb sie in den Wellen, bis die Flasche am 4. März, wie berichtet, einem Kieler Fischer ins Netz ging. Drinnen war eine beschriftete Postkarte mit der Bitte, diese an Richards Adresse zurückzuschicken: Treptow, Cecilienweg. Der heißt heute Rodelbergweg, und es gab dort 1913 wirklich eine Bäckerei Platz.

Nach dem Fund der Flaschenpost war die Frage. Leben noch Nachfahren Richards in Berlin? Enkelin Angela Erdmann wurde gefunden. Sie wuchs in Ost-Berlin auf. Richard Platz, den Vater ihrer Mutter, hat sie nie kennengelernt. Er starb 1946 mit 54 Jahren. Großmutter Ella Platz zog 1962 in den Westen. „Beide waren mir fern“, sagt sie. Doch als sie von der Flaschenpost erfuhr, holte sie die Familiengeschichte ein. Sie schaute Briefe, Fotos und Tagebücher ihres Opas durch, die bei Verwandten lagen – und manchmal kamen ihr die Tränen. „Mein Gott“, sagt sie, „Großvater war ja wirklich ein toller Mann.“

Er habe viel gelesen, sei Sozialdemokrat und Inspektor im Rathaus Schöneberg gewesen, wo er Reden schrieb. In jungen Jahren zog er mit der Wandervogelbewegung los, dabei warf er wohl die Flaschenpost ins Meer. 1905 lernte er Ella kennen, sie bekamen 1920/21 zwei Töchter. Mit denen paddelte er im Kajak von Berlin zur Ostsee. „Er hat seine Kinder geliebt“, sagt Angela Erdmann. „Er brachte ihnen bei, dass zählt, was man im Herzen hat.“ Nun ist sie gespannt, was auf der Flaschenpost-Karte noch so alles steht. Die wird im Maritimen Museum in Hamburg untersucht. Man will den verblichenen Text sichtbar machen.

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