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Seit Dezember 2011 kann man hier Onigiri kaufen, den dreieckigen Sushi-Snack, der von den beiden Geschäftsmännern auch schon mal liebevoll „japanische Klappstulle“ genannt wird.

© Carmen Schucker

Sushi am U-Bahnhof Schönleinstraße: Japanische Klappstulle aus Kreuzberg

Japan ist weit weg, doch zwei Geschäftsmänner bringen mit ihrem Sushi-Snack die Tradition des Inselstaates nach Berlin. Genauer gesagt: nach Kreuzberg.

U-Bahnhof Schönleinstraße, mittig auf dem Bahnsteig steht er, der Laden von Arev Karpert und Thorsten Reuter. Doch dort, wo sonst der klassische U-Bahn-Kiosk oder ein Bäcker ist, findet sich ihr Sushi-to-go-Laden. Onigiri heißt der dreieckige Sushi-Snack, der von den beiden Geschäftsmännern auch schon mal liebevoll „japanische Klappstulle“ genannt wird. Deswegen Klappstulle, weil man Onigiri in Japan an jeder Straßenecke kaufen kann und sie sich gut für Unterwegs eignen. Traditionell bestehen sie aus Sushi-Reis, einer herzhaften Füllung und einem gerösteten Nori-Algenblatt.

2004 entdeckt Karpert, der früher als Kameramann viel um die Welt reiste, den japanischen Snack. Zurück in Berlin vermisst der 42-Jährige die Onigiri, die es hier nicht zu kaufen gibt. Eines Tages denkt er: „Das müsste man einfach auch hier machen.“ Auf einem Spielplatz in der Hasenheide erzählt er dann seinem Freund Thorsten (41) davon. 2011 beschließen beide, die Idee umzusetzen, stürzen sich in das Projekt und erstellen einen Businessplan.

Der Sushi-Snack soll unter die Berliner

Mit einem Schmunzeln erzählen sie von dem Tag, als sie sich bei Urbanis vorstellen, der Firma, die für die Vermietung der Ladenfläche auf den U-Bahnhöfen verantwortlich ist. „Die haben uns für verrückt gehalten, als sie hörten, wir wollen Sushi auf einem U-Bahnhof verkaufen“, erinnert sich Thorsten Reuter. Doch einer der Zuhörer kennt die Onigiri aus Japan und glaubt an das Konzept. Die beiden bekommen den Zuschlag für den Laden am U-Bahnhof Schönleinstraße. Seit zwei Jahren sind sie nun dort. Doch er ist nicht ihre einzige Verkaufsstelle. Seit über einem Jahr werden die Onigiri bei der Biomarkt-Kette Bio-Company verkauft, seit Februar sind sie auch bei dem Biomarkt LPG erhältlich. Knapp drei Euro kostet ein Onigiri.

„Condoleeza Rize“ kümmert sich um den Reis

„Das erste Jahr war ziemlich hart. Wir haben ja wirklich ganz klein angefangen“, meint Reuter. Beide mussten 25.000 Euro zusammenlegen, um die RiCE UP onigiri GmbH zu gründen. Weiteres Startkapital bekommen sie von einer Bank. Von dem Geld kaufen sie Reiskocher und andere Maschinen, die sie für die Produktion benötigen. Dass der Reis exakt die richtige Konsistenz bekommt, ist die größte Herausforderung. Und sie experimentieren gleichzeitig mit möglichen Füllungen: So entstehen Sorten wie Räucherforelle in Dill-Senfsoße oder Umeboshi und Stangensellerie.

Nur einige Gehminuten entfernt in der Boppstraße finden sie eine Küche zur Untermiete, in der ab 15 Uhr bis in die Nacht produziert wird. Zurzeit entstehen hier 500 bis 600 Onigiri am Tag. Die speziellen Algenblätter in Plastikverpackung bekommen sie aus Japan oder Korea geliefert. Das Herzstück aber ist die Maschine, in der aus Reis und Füllung das dreieckige Onigiri wird. Sie hat kurzerhand zwei Namen bekommen: Das Reislaufband heißt „Condoleeza Rize“; der Teil, der die Onigiri verpackt – und auch mal kleine Probleme macht – heißt „Paris Hilton“. Auch die anderen Küchengeräte haben alle einen Namen: So heißt die Reiswaschmaschine „Miley Cyrus“, denn „Reis ist ein bisschen wie eine Zicke“, lacht Karpert. Und der Reiskocher hört auf den Namen „Ingeborg“, weil sie besonders zuverlässig sein muss.

Shiitakepilze-Hokkaido-Kürbis und Lachs mit scharfer Pflaume

Bei der Produktion greifen die beiden Unternehmer auf Zutaten in Bioqualität zurück. „Das war uns von Anfang an wichtig“, sagt Arev Karpert. Und so haben sie auch das Bio-Siegel nach EG-Öko-Verordnung bekommen.

Unterm Strich steht derzeit am Ende eine schwarze Null. Insgesamt haben sie zur Zeit 14 Menschen beschäftigt, teils auf Minijob-Basis, teils voll. Beide glauben an ihr Konzept und sind zuversichtlich, ihre weiteren Pläne umsetzen zu können. Gerne würden sie weitere U-Bahnhof-Stände eröffnen und in Zukunft auch für überregionale Kunden produzieren.

Während Karpet und Reuter erzählen, fahren U-Bahnen ein und ab, steigen Menschen ein und aus. Zwischendurch kommen immer wieder Kunden und bestellen ein oder zwei Onigiri. So auch Jörg Heinrich, der einmal die Woche am Stand halt macht. Heute bestellt er die Füllungen Shiitakepilze -Hokkaido-Kürbis und Lachs mit scharfer Pflaume. Da er bereits in Japan gelebt hat, kennt er die Onigiri gut. „Ich finde sie genauso gut wie in Tokio. Der Reis ist gut, nicht klebrig.“

Auch das japanische Fernsehen stattete dem Bahnhofsladen einen Besuch ab. Die Japaner wunderten sich zwar über die speziellen Füllungen wie Hühnchen und Süßkartoffel, waren aber am Ende laut Reuter begeistert.

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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