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Die alte Konditorei im Landschaftspark Klein-Glienicke könnte, nach Vorstellung einer Bürgerinitiative, ein Besucherzentrum mit kleinem Café werden, wenn es jemand sanieren würde. Im Moment verfällt die Parklandschaft, die als Teil der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft zum Weltkulturerbe der Unesco gehört.

© Anett Kirchner

Landschaftspark Klein-Glienicke verfällt: Das verlotterte Weltkulturerbe

Der Landschaftspark Klein-Glienicke in Zehlendorf ist Teil des Weltkulturerbes der Unesco - aber er verfällt. Unsere Bloggerin hat sich dorthin auf den Weg gemacht und ist in einen bürokratischen Irrgarten geraten, daraus tönen Senat und Bezirk: Wir haben doch kein Geld!

Treppen sind beschädigt, Wege gesperrt, Bauwerke verfallen. Manche Baumgruppen sehen aus wie apokalyptische Vorboten, davor warnen Schilder vor akutem Astbruch, Achtung: Betreten verboten. Lebensgefahr!

Um zu verdeutlichen, von welchem Gebiet die Rede ist, hier eine Anmerkung: Zwischen Königstraße und Havel im äußersten Südwesten Berlins gibt es einen Park mit diversen Namen. Ein Holzschild am mittleren Eingang weist auf den „Glienicker Volkspark“ hin, direkt gegenüber steht eine Infotafel mit der Bezeichnung „Schlosspark Klein-Glienicke“. Im Reiseführer wird das Gelände „Park Glienicke“ genannt. Nach Auskunft des Grünflächenamtes heißt der Park jedoch „Landschaftspark Klein-Glienicke“.

Landschaftspark Klein-Glienicke ist demnach die offizielle Bezeichnung, und tatsächlich ist für den Besucher noch zu erahnen, wie romantisch und sehenswert der Landschaftspark einst gewesen sein muss. Im 19. Jahrhundert entstand hier nach Entwürfen des preußischen Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné ein großzügiger Park mit Wegen, Wiesen, Hügeln und Teichen sowie Baum- und Gehölzgruppen. Es wurden auch Brücken, Bänke und Gebäude integriert.

Nicht umsonst gehört diese Parkanlage zu der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft, die seit 1990 auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco steht. „Es ist das Erbe aller Menschen“, betont Karin Berning, die nicht glauben kann, dass der Park immer weiter verfällt. Im Herbst 2010 sei sie zum ersten Mal hier spazieren gewesen und habe sich gefragt, wie ein Weltkulturerbe derart marode sein kann. Seitdem engagiert sie sich für den Landschaftspark Klein-Glienicke und möchte einen Förderverein gründen.

"Unser Budget reicht nicht", sagt die Stadträtin

Die Einladungen für ein erstes Treffen am 12. März sind bereits verschickt. Nun hofft Karin Berning auch auf die Unterstützung aus dem Senat und dem Bezirksamt. Ihr Vorschlag: In der ehemaligen Konditorei könnten ein Besucherzentrum mit kleinem Café und im alten Schafstall eine Ausstellung zum Welterbe eingerichtet werden. Die Gebäude des historischen Wirtschaftshofes müssten jedoch saniert werden. Farbe und Putz bröckeln von den Wänden. Das Häuser-Ensemble befindet sich rechts direkt neben dem Haupteingang zum Park. Und genau hier beginnt das Dilemma der schwierigen Eigentumsverhältnisse.

Der Bereich links des Weges mit Schloss Glienicke und Schlosspark bis zum Gärtner- und Maschinenhaus liegt in den Händen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG). Der angrenzende etwa 90 Hektar große Landschaftspark einschließlich des ehemaligen Wirtschaftshofes wird vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf verwaltet. Dem fehlen jedoch die finanziellen und personellen Mittel für die Wiederherstellung der Parkanlage und der historischen Gebäude.

„Unser Budget reicht nicht, um eine fachlich qualifizierte Pflege in dem Park durchzuführen“, erklärt die zuständige Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Die Grünen). Deshalb würden derzeit nur die dringlichsten Arbeiten erledigt; also die Beseitigung von Unfallgefahren. Würden mehr Kapazitäten in dem Park investiert, könne das wiederum zu Lasten anderer bezirklicher Aufgaben gehen, zum Beispiel zur Sperrung von Spielplätzen führen.

Warum Schlosspark und Landschaftspark verschiedene Eigentümer haben, kann Markl-Vieto erklären: Im Staatsvertrag vom 23. August 1994 sei vereinbart worden, dass das Schloss Glienicke und der anliegende Park an die SPSG zu übergeben seien. Das sei im Jahr 2000 erfolgt. In dem Zusammenhang habe das Landesdenkmalamt angeregt, aus historischer und wissenschaftlicher Sicht die gesamte Parkanlage von einer Hand - unter dem Dach der SPSG - verwalten zu lassen. „Die Umsetzung scheiterte bislang an den fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten“, sagt Markl-Vieto.

Ein bürokratischer Irrgarten

Denn laut einer Kostenschätzung aus dem Jahr 2008 müssten in die Wiederherstellung des Landschaftsparks einschließlich der Sanierung der Bauwerke in den nächsten Jahren mehr als 14 Millionen Euro investiert werden. Die laufenden Kosten zur jährlichen Pflege sind da noch nicht einberechnet, erläutert die Bezirksstadträtin.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zeigt sich nicht abgeneigt. Ihr Sprecher Frank Kallensee sagt: „Die SPSG hat stets Interesse an dem Landschaftspark Glienicke als Ganzes bekundet und stand dem Bezirk immer wieder mit Rat und Tat zur Seite.“ Seit 2005 existiere ein abgestimmtes Papier zur Übernahme des Landschaftsparks. Voraussetzung sei jedoch eine zusätzliche Finanzierung von mehr als einer Million Euro.

Im vergangenen Jahr hat der Bezirk nun Fördermittel aus einem Topf der so genannten Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) bewilligt bekommen: Rund 3,9 Millionen Euro über einen Zeitraum von vier Jahren. „Die Förderzusage bezieht sich allerdings ausschließlich auf die touristische Erschließung des Geländes, besonders dem Wegebau“, schildert Markl-Vieto. Damit könne nicht der gesamte Park saniert werden. Trotz allem sei ein Anfang gemacht. Gleichzeitig bedeute das aber, dass entsprechend der GRW-Förderrichtlinien das Bezirksamt Eigentümer des Parks bleiben muss.

Karin Berning verweist auf das Land Berlin. Ihrer Ansicht nach zeigt der Senat zu wenig Interesse für die Erhaltung des Weltkulturerbes in Klein-Glienicke. „Stadtentwicklungs- und Kultursenator sind dafür verantwortlich, aber beide vergessen das gern“, findet Berning. Mit Hilfe eines Investitionsprogramms des Bundes habe das Land Berlin etwa 20 Millionen Euro für Weltkulturerbestätten bewilligt bekommen. „Das Geld fließt jedoch unter anderem in die Welterbestätten der Moderne, die nicht so marode wie der Landschaftspark Klein-Glienicke sind." Aus gut informierten Kreisen wird das bestätigt, und es heißt: "Zu wenig repräsentativ."

Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels
Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels, außerdem schreibt sie für die evangelische Wochenzeitung "dieKirche".

© privat

Aus dem Bezirksamt wiederum heißt es, dass bei der Bewilligung dieser Investitionsmittel der Bund nur einen Teilbetrag übernehme. Der Eigenanteil der Kommunen liege in der Regel bei mindestens 33 Prozent, in einem Bundesland bei mindestens 50 Prozent. „Aufgrund des hohen Eigenanteils wurde von einer Beantragung abgesehen“, sagt Markl-Vieto. Das bestätigt auch der Landeskonservator Jörg Haspel auf Anfrage des Tagesspiegels. Denn Fördermittel werden jeweils in Abstimmung mit dem Berliner Landesdenkmalamt als beratende und kontrollierende Stelle für die Gartendenkmale beantragt. Es ist, so scheint es, ein bürokratischer Irrgarten.

Was würde wohl Lenné zu „seinem“ Landschaftspark heute sagen? 2016 jährt sich sein Todestag zum 150. Mal. Vielleicht ist das Jubiläum ein Anreiz für alle Beteiligten, die Kräfte zu bündeln und dieses Berliner Kleinod wieder in den romantischen und sehenswerten Park umzugestalten, der er einst gewesen sein muss.

Die Autorin ist freie Journalistin und schreibt unter anderem für die Evangelische Wochenzeitung "dieKirche". Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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