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Thomas Heilmann (CDU) mit Oberstaatsanwältin Ines Karl, die ab sofort die offizielle Ansprechpartnerin der Justiz für Anfeindungen gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen ist.

© dapd

Neue Sonderstelle bei der Staatsanwaltschaft: Justiz verstärkt Einsatz gegen homophobe Gewalt

Justizsenator Heilmann hat eine Staatsanwältin speziell für lesbische, schwule und transsexuelle Opfer eingesetzt. Viele Betroffene gehen bislang offenbar davon aus, dass ihre Fälle niemanden interessieren.

Beschimpfungen, Hetzjagden, Schläge – Homosexuelle werden auch in Berlin regelmäßig Opfer von Angriffen. Und das auch, wie erst vor drei Wochen geschehen, in Schöneberg, dem Stadtteil, der als Schwulenhochburg bundesweit einen guten Ruf genießt. Ab sofort können sich Opfer homophober Gewalt an eine Sonderstelle bei der Staatsanwaltschaft wenden. Seit Dienstag ist Oberstaatsanwältin Ines Karl die offizielle Ansprechpartnerin der Justiz für Anfeindungen gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Ihr unterstehen weitere Ankläger, die sich schwerpunktmäßig mit Taten befassen werden, die gegen die sexuelle Identität gerichtet sind.

Durch diesen Schritt solle für die Betroffenen ein „Signal des Vertrauens“ gesetzt werden, erklärte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Die erfahrene Staatsanwältin Ines Karl sagte, bislang hätten viele Betroffene homophobe Angriffe vielleicht auch deshalb gar nicht erst angezeigt, weil sie fürchteten, nicht ernst genommen zu werden. Schwulenverbände und Anwälte hatten in der Vergangenheit immer wieder berichtet, Opfer von homophoben Angriffen gingen davon aus, dass ihre Fälle niemanden interessieren. Die Justizverwaltung hat die Richtlinien der Staatsanwaltschaft ändern lassen. „Nun“, erklärte Justizstaatssekretär Alexander Straßmeir am Dienstag, „gilt der Regelfall, dass ein öffentliches Interesse an der Verfolgung solcher Taten vorliegt.“ Damit können derartige Verfahren nur noch schwer wegen Geringfügigkeit eingestellt werden.

Fotos vom Christopher Street Day 2012:

Nach Polizeiangaben werden jedes Jahr bis zu 400 homophob motivierte Straftaten in Berlin registriert. Oft werden die Opfer beleidigt, genötigt oder geschlagen. Die meisten Vorfälle werden aus Schöneberg und Kreuzberg bekannt. Beim schwulen Anti-Gewalt-Projekt Maneo, aber auch bei Behörden, wird von einer Dunkelziffer von mehreren hundert Taten pro Jahr ausgegangen. Maneo und der Lesben- und Schwulenverband hatten in den vergangenen Monaten mit Heilmann und Karl über die aktuellen Maßnahmen beraten. Sie begrüßten die Einrichtung einer Spezialabteilung bei der Staatsanwaltschaft. Dies taten auch Stefan Evers, Vize-Chef der CDU im Abgeordnetenhaus, und Tom Schreiber, SPD-Innenexperte. „Berlin wird hiermit zum Vorreiter und wir bitten andere Bundesländer, dem Berliner Beispiel zu folgen“, sagte Schreiber.

Rund 350 000 Berlinerinnen und Berliner gelten als homosexuell. Schon seit 20 Jahren gibt es beim Landeskriminalamt speziell für homophobe Taten zuständige Ermittler. Ines Karl soll künftig auch für Fortbildungen verantwortlich sein, bei denen ihre Kollegen für diese Opfergruppen sensibilisiert werden. Je nach Bedarf, erklärte Senator Heilmann, könne man bei den Sicherheitsbehörden mehr Personal mobilisieren – etwa wenn sich die angezeigten Fälle von Übergriffen häufen sollten. „Bei Rockern setzen wir derzeit ja auch mehr Beamte ein“, sagte Heilmann mit Blick auf die kürzlich eingerichtete Schwerpunktstaatsanwaltschaft und entsprechende Ermittler für einschlägige Gruppen.

Betroffene können sich unter der Telefonnummer 030-9014 2697 oder per E-Mail unter lsbt@sta.berlin.de an die neue Abteilung bei der Staatsanwaltschaft wenden.

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