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Berlin wieder Rennsportstadt? Die Formel E startet bald in Tempelhof.

© dpa/Hannibal Hanschke

Die Formel E kommt nach Berlin: Der große Preis von Tempelhof

Das Unkraut wird entfernt, der Asphalt erneuert: 2015 sollen elektrische Rennautos über den Flughafen rasen. Es gibt noch viel zu tun, aber kommt am Ende sogar Leonardo DiCaprio? Ein Ortstermin.

Ein orangefarbener Reinigungslaster rollt einsam über das Vorfeld des Flughafen Tempelhof. Er soll den grobkörnigen Beton von den Muttern und Schrauben säubern, die sich angesammelt haben, und vom Unkraut befreien, das durch den Asphalt sprießt. Eine Sisyphusarbeit, keine Frage, auf dem 23 Hektar großen Vorfeld – aber eine wichtige. Schließlich finden auf dem 1,2 Kilometer langen und 400 Meter breiten Streifen Großveranstaltungen wie die Modemesse Bread & Butter statt, und wie der Höhepunkt, der nun offiziell präsentiert wurde: Ab 2015 werden in Tempelhof die Boliden der neuen Formel E mit Tempo 225 über die Piste rasen.

Das gaben Wirtschaftsenatorin Cornelia Yzer (CDU) und der Geschäftsführer der Formel E, Alejandro Agag, am Dienstagnachmittag vor dem Brandenburger Tor bekannt. „Berlin wird wieder Rennsportstadt“, sagte die Senatorin. Und Agag bekräftigte, dass der ehemalige Flughafen der beste Standort in der Stadt sei für die verwinkelte drei Kilometer lange Strecke. „Wir haben uns beim ersten Besuch sofort in Tempelhof verliebt“, schwärmte der Spanier.

Der perfekte Standort

Zeit für einen Besuch auf der zukünftigen Rennstrecke. Zwei Jahre vor Rennbeginn muss man sich die Piste, die Leitplanken und die Tribünen natürlich vorstellen, aber Veranstaltungsmanager Manuel Wrobel freut sich trotzdem schon. „Die Formel E und der Flughafen Tempelhof haben sich gesucht und gefunden“, sagt Wrobel, während er über das leere Vorfeld schlendert. Seit einem halben Jahr plant er die Rennstrecke zusammen mit den Architekten und Projektleitern der Formel E. Es gibt viel zu besprechen. Wo sollen zum Beispiel die Tribünen für die bis zu 35 000 Zuschauer stehen?

Unter dem Dach oder entlang der gesamten Strecke? Und wo wird sich die Boxengasse der zehn Teams befinden? Im Gegensatz zur Formel 1 werden die Wagen nicht betankt, sondern während des Rennens ausgetauscht, denn die Batterien halten nur eine halbe Stunde. Vor allem bei der Asphaltierung gibt es noch viel zu tun. Wrobel schabt mit mit den Schuhspitzen über den Beton. „Der Boden ist noch nicht der einer Rennstrecke. Wir wollen hier eine Strecke bauen, die nach dem Rennen einfach wieder entfernt werden kann“, sagt er. „So soll das Flughafengebäude geschont werden.“

Von geheimen Plänen und Leonardo Di Caprio

Das denkmalgeschützte Flughafengebäude aus dem Jahr 1936, das mit seinen monumentalen Ausmaßen noch immer das viertgrößte Gebäude der Welt sein soll, steht sowohl für nationalsozialistischen Größenwahn als auch für die Heldentaten der Luftbrücke. Wenn es nach dem Sprecher der Tempelhofer Freiheit, Martin Pallgen, geht, der am Dienstagmorgen ebenfalls den Ort der zukünftigen Strecke inspizierte, soll der Flughafen nicht nur ein „Geschichtskoloss“ bleiben, sondern auch den Weg in die Zukunft weisen. Und für Automobilveranstaltungen sei das Vorfeld perfekt, „schließlich fährt man hier auf keinen Fall gegen einen Baum“, sagt Pallgen und lacht.

Mercedes-Benz feierte hier sein 125-jähriges Jubiläum, Audi testete vor Kurzem den Elektrosportwagen R8 auf dem Vorfeld. Letztes Jahr wollte auch die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft ein Rennen über das gesamte Parkgelände austragen. „Aber das funktioniert nicht“, sagt Pallgen. „Erstens wollten sie mit den lauten Wagen unter dem Dach fahren und zweitens passen Verbrennungsmotoren nicht in unser Konzept.“ Der Flughafen soll eine „Bühne des Neuen“ werden.

Von dem Vorfeld zurück in die stille Haupthalle mit ihren goldenen Wänden. Auch sie soll für das Formel-E-Rennen genutzt werden, aber wofür genau darf Wrobel noch nicht verraten. Vielleicht als VIP-Bereich? Aus Kreisen der Formel E heißt es, Leonardo DiCaprio denke darüber nach, ein Rennteam zu finanzieren. Neben dem Qualifying und dem Rennen am Sonnabend gibt auch erste Pläne für Wohltätigkeits- und Prominenten-Rennen sowie ein Rahmenprogramm mit Konzerten. Von der Haupthalle geht es mit dem Fahrstuhl nach oben in den fünften Stock und von hier aufs Dach. „Hier hat man den besten Überblick“, sagt Martin Pallgen.

Keine Tribünen auf dem Dach, aber Besucherterrassen

„Die schiere Dimension des Flughafens ist schon beeindruckend. Er lässt die menschliche Größe nicht zu.“ Auf dem Dach planten die nationalsozialistischen Bauherren einst Tribünen für 80 000 Zuschauern, die den Fliegern des Dritten Reiches bei Flugshows zujubeln sollten. Obwohl man von hier den besten Blick auf das Rennen haben könnte, werden auf dem Dach wohl keine Tribünen gebaut werden. Allerdings sollen in den oberen Etagen der Kopfbauten an den Enden des Flughafens bald Besucherterrassen entstehen. Wer es schafft, am Renntag auf diese Aussichtsplattformen zu klettern, hat sich den besten Blick auf den Großen Preis von Tempelhof wahrlich verdient.

Kalle Harberg

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