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Der Punker unter den nachhaltigen Verbrauchern. Lovis Willenberg hat die Ökomesse im Postbahnhof am Ostbahnhof organisiert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Heldenmarkt: Gürtel aus Fahrradreifen

Auf dem Heldenmarkt bieten mehr als 60 Aussteller im Postbahnhof am Ostbahnhof Möbel, Jeans, Spielzeug, und vieles mehr an. Wenn möglich, mit Umweltsiegeln zertifiziert, in jedem Fall aus regionaler, nachhaltiger, fair gehandelter oder Bio-Produktion.

Ab einem gewissen Alter könne man sich ruhig mal mit einem ernsthaften Thema befassen, sagt Lovis Willenberg. Bei ihm heißt das – mit 36. Studiert hat der gebürtige Pankower zwar ganz seriös, Willenberg ist Diplomingenieur für Landschaftsplanung, aber weil er lieber seinem Herzen folgt statt seinem Verstand, verdient er sein Geld mit Schallplatten. Als DJ und als Inhaber eines Plattenladens in Prenzlauer Berg.

Im „Oye“, wie der von Vinyl dominierte Souterrain-Laden gegenüber vom Stadtbad Oderberger Straße heißt, ist es dieser Tage mit der relaxten Ruhe vorbei. Kaum hat Lovis Willenberg seinen in der Babywippe schlafenden Sohn im Nebenzimmer geparkt und einem verfrühten Kunden erklärt, dass der Laden eigentlich erst um eins aufmacht, beginnt auch schon das Handygerappel. Grund dafür sind keine heißen Anfragen aus der Partyszene, sondern die Verbrauchermesse für nachhaltigen Konsum, die Willenberg sich ausgedacht hat und quasi im Alleingang organisiert: der Heldenmarkt.

Mehr als 60 Aussteller bieten Sonnabend und Sonntag auf der Ökomesse im Postbahnhof am Ostbahnhof Möbel, Jeans, Schuhe, Teppiche, technische Geräte, Spielzeug, Kaffee, Baustoffe, Taschen oder auch Versicherungen oder Finanzdienstleistungen an. Wenn möglich, mit Umweltsiegeln zertifiziert, in jedem Fall aus regionaler, nachhaltiger, fair gehandelter oder Bio-Produktion.

„So geht’s einfach nicht mehr weiter, wir leben über unsere Verhältnisse“, sagt Lovis Willenberg, der zwar locker über Turnschuhe plaudert, die cool und fetzig aussehen sollen, aber ganz ernst wird, wenn es um planlose Ressourcenverschwendung geht. Konsum ja, aber korrekt soll er sein. Ohne Kinderarbeit in Übersee oder Pestizidschwemme hier. „Dieses lineare System – Rohstoff, Produkt, Konsum, Entsorgung – muss weg. Wir müssen Produkte herstellen, die mit geringem Energieverbrauch kreislauffähig sind.“ Wie die in Leipzig gefertigten Gürtel aus Fahrradreifen, die er in die Luft hält und die es im Postbahnhof für die Punker unter den nachhaltigen Verbrauchern gibt.

Politaktivist ist Willenberg keiner, nur Fördermitglied bei „Greenpeace“ und „ein Bürger, der sich Gedanken über seine Konsumgewohnheiten macht“. Um die 400 Leute hat er für den Heldenmarkt angerufen. Die Resonanz war gut, obwohl Willenberg statt Referenzen als Messeveranstalter nur „Engagement und gute Laune“ zu bieten hatte.

Und wieso heißt die Verkaufsschau Heldenmarkt? Nachhaltiger Konsum mit marktschreierischem Titel? Nö, sagt Willenberg, wer als Verbraucher auf Prestigeturnschuhe verzichte und imagelose Alternativen kaufe oder als kleiner Hersteller Kraft und Energie in faire Produkte stecke, der sei doch ein Held gesellschaftlicher Verantwortung.

So lässig, wie er plaudert, so entspannt vermarktet Lovis Willenberg seine Messe des guten Gewissens auch. Ein Rahmenprogramm mit Livebands, Vorträgen und Kinderbelustigung gehört genau wie Staunen, Spaß haben, Party dazu. „Ohne Feiern geht’s ja nicht“, sagt der DJ, der Samstagabend bei der Heldenparty im Fritz Club auch selbst auflegt. Was gibt es zu trinken? „Bio-Bier.“

Postbahnhof am Ostbahnhof, Sa 27.3. 11-20 Uhr, ab 23 Uhr Party, So 28.3., 11-18 Uhr, Eintritt: 5 Euro, www.heldenmarkt.de

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