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Countdown für den Großflughafen: Jetzt sind die Tage für Tegel gezählt

Die Landeschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck starten mit Architekt Meinhard von Gerkan den Countdown für den Flughafen-Umzug nach Schönefeld. Im Tegeler Terminal soll aber keine Ruhe einkehren.

Berlin/Schönefeld - Der Abschied naht. Für alle sichtbar bereitet sich die Flughafengesellschaft jetzt auch in Tegel auf den Umzug nach Schönefeld vor, wo der neue „Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt“ (BER) am 3. Juni 2012 eröffnet werden soll. Im Tegeler Innenring werben Plakate auf einer zwölf Meter hohen Konstruktion für den künftigen Flughafen. Mit dem Enthüllen der letzten Plane hat für die Flughafengesellschaft am Donnerstag offiziell der Umzugs-Countdown begonnen, 360 Tage vor dem geplanten Termin.

Im – wegen seiner kurzen Wege – von den Fluggästen geschätzten Tegeler Terminal soll aber keine Ruhe einkehren. Meinhard von Gerkan, dessen Büro Tegel entworfen und auch das künftige Abfertigungsgebäude in Schönefeld mitgeplant hat, will keine Beerdigung, sondern eine Renaissance für das Projekt. Geplant habe sein Team den Bau ein Jahr nach dem Diplom, noch bevor man auch nur eine Garage gebaut habe, sagte Gerkan gestern bei der Präsentation des neuen Terminals auf den Plakaten. Wo jetzt noch Passagiere einchecken, sollen in Zukunft Forscher arbeiten und ihre Ergebnisse vorstellen, schwebt Gerkan vor. Tegel sei es wert, sinnvoll genutzt zu werden. Ein Abriss des Gebäudekomplexes würde samt Austausch des verseuchten Bodens bis zu 350 Millionen Euro kosten.

Mit dem Tegeler Flughafen habe er eine Puppenstube geplant, bewertete Gerkan sein Premierenwerk. Im Vergleich dazu habe er für Schönefeld einen Palast entworfen. Genau genommen: entwerfen müssen. Anlagen wie Tegel seien heute nicht mehr zu bauen. Die verschärften Sicherheitskontrollen erforderten zentrale Systeme; Bauten wie Tegel mit den Kontrollen an jedem Schalter seien inzwischen viel zu teuer. Bei der Planung spielte dies noch keine Rolle, damals sei noch kein Flugzeug entführt gewesen.

Während Tegel 1974 mit nicht viel mehr als einem kleinen Kiosk eröffnet wurde, seien aus Flughäfen inzwischen Einkaufszentren geworden, um Geld verdienen zu können, ergänzte Gerkan. Mit möglichst langen Wegen, um gelangweilte Passagiere zum Shopping zu animieren. Nach diesen Vorgaben müssten sich Architekten heute richten.

Tegel sei ein wunderbarer Flughafen, sagte auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Der Abschied sei schmerzlich, führe aber in eine bessere Zukunft für den Flugverkehr in der Region. Denn mit dem einst gefeierten Konzept für Tegel, das einen Umsteigerverkehr kaum zulässt, funktioniere heute kein internationaler Flughafen. Der Flughafen in Schönefeld solle ein Drehkreuz werden und kein Provinzflughafen, bekräftige Wowereit. Deshalb seien auch Flüge in den sogenannten Randzeiten zwischen 22 Uhr und 0 Uhr sowie 5 Uhr und 6 Uhr notwendig, was Bürgerinitiativen nach wie vor ablehnen. Die Entscheidung liegt beim Bundesverwaltungsgericht, das Klagen gegen die bereits genehmigten Flüge in den Randzeiten im September verhandeln will. Auch „eingefleischte“ Tegel-Fans hätten inzwischen erkannt, dass Schönefeld nicht in Sibirien liege, machte Flughafenchef Rainer Schwarz den Umzug Richtung Süden schmackhaft. Spätestens die intensive Flugroutendiskussion habe gezeigt, dass der Flughafen stadtnah entstanden sei.

Mit ihren Vorschlägen für die künftigen Routen habe die Schönefelder Fluglärmkommission ein sehr gutes Ergebnis vorgelegt, sagte dazu Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Die Flugsicherung solle dieses Votum sehr ernst nehmen, forderte er erneut. Dann gab’s noch ein Lob für Gerkans Pläne in Schönefeld. An der Anlage mit ihren klaren Konturen gefalle ihm fast alles, sagte Platzeck. Mit dem Anschluss an die Autobahn und dem Bahnhof direkt unter der Haupthalle sei der besterschlossene Flughafen Europas entstanden.

Das Abgeordnetenhaus ersparte sich am Donnerstag eine Debatte zur Nachnutzung des Flughafens Tegel. Am späteren Abend stritten sich die Abgeordneten aber noch um das Nachtflugverbot für BBI. Einem Antrag der FDP, dass neben dem Flugverbot von Mitternacht bis 5 Uhr an der Nutzung der Randflugzeiten von 22 bis 24 Uhr und von 5 bis 6 Uhr festgehalten werden müsse, stimmten nur die Liberalen und die CDU zu. Obwohl die SPD ansonsten öffentlich dieselbe Meinung vertritt, lehnten die Sozialdemokraten den Antrag ebenso ab wie Linke und Grüne. Die Grünen wollen ein striktes Flugverbot von 22 bis 6 Uhr, die Linken von 23 bis 6 Uhr. Trotzdem bekannten sich alle Fraktionen zum neuen Airport und dessen Erfolg.

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