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Der "Wow"-Effekt bleibt aus, weil die Friedrichstraße auch die dunklen Seiten der Stadt aufzeigt. Neben Luxusgeschäften gehört auch Armut zum Straßenbild.

© dpa

Zukunft für die Friedrichstraße: Luxus und Armut prallen aufeinander

Die Einkaufsmeile "Friedrichstraße" empfängt jährlich Millionen Touristen und schmückt sich mit Luxusgeschäften. Doch die Armut lauert um die Ecke und sorgt für einen unangenehmen "Oh, mein Gott"-Effekt.

Der „Oh, mein Gott“-Effekt, wenn Touristen am tristen Mehringplatz aussteigen und die sagenhafte Friedrichstraße suchen, bereitet Mateusz Hartwich Kopfzerbrechen. Der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Friedrichstraße sorgt sich um das äußerst heterogene Erscheinungsbild der edlen Einkaufsstraße, die am südlichen Ende als abgewirtschaftetes Wohnquartier endet. Armut und Luxus müssen sich nicht ausschließen, aber für die gemeinsame Identität einer weltbekannten Straße gibt es noch zu viele städteplanerische Problemzonen.

Damit zumindest die Akteure der heterogenen Friedrichstraße zusammenfinden, hatte die Interessengemeinschaft am Donnerstagabend zu einem Netzwerktreffen geladen. Prominentes Zugpferd war das Neumitglied Yadegar Asisi, der Betreiber des Mauer-Panoramas am Checkpoint Charlie. Asisi ist inzwischen ein Fan des etwas verrumpelten, von Berlinern eher gemiedenen Touristenortes. Er könnte sich auch vorstellen, sein mindestens bis September gezeigtes Panorama zur Dauereinrichtung zu machen. Dagegen sprachen bislang die Pläne des Investors, der die Brachen beidseits des Platzes erworben hat. Inzwischen soll er Asisi aber signalisiert haben, dass sein Panorama wenigstens bis zum Frühjahr 2014 bleiben kann. „Viele sagen, das Ding darf nicht weg“, sagt Asisi. Natürlich kommt ihm jede Verlängerung ökonomisch entgegen.

Der Checkpoint Charlie könnte, wenn denn mal von Buden und Schauspielern befreit, eine Scharnierfunktion zwischen den auseinanderstrebenden nördlichen und südlichen Teilen der Friedrichstraße haben, sagt Mateusz Hartwich. Für den südlichen Teil wünscht sich der Manager, dass die Fehler der 90er Jahre – eine rein nach Investorenwünschen geleitete Bebauung – auf keinen Fall wiederholt werden.

Mit diesem Wunsch rennt er bei Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) offene Türen ein. Der Kreuzberger kennt das Areal sehr genau und hat konkrete Vorstellungen, wie man etwa den Mehringplatz nachhaltig für die Zukunft aufbessern kann. Die durch ein Luftgeschoss in der ringförmigen Bebauung blockierte Sichtachse sollte wieder freigelegt werden. Außerdem möchte Schulz die Eigentümer der ehemaligen Sozialbauten, die Gewobag und einen Privatinvestor, zu einer moderaten Sanierung bewegen, die den Mietern den Wegzug erspart. Das Umfeld soll noch in diesem Jahr in einen landschaftsplanerischen Wettbewerb einbezogen werden, damit der „Oh, mein Gott“-Effekt etwas abnimmt.

Die südliche Friedrichstraße ist Sanierungsgebiet geworden. Damit gibt es jetzt öffentliche Fördermittel für die Verbesserung von Plätzen, Straßen und Schulen. Die Händler in der südlichen Friedrichstraße leiden unter der geringen Kaufkraft, sagt die Sprecherin eines neu gegründeten Vereins, Luna Weineck. Sie wünschen sich eine Aufwertung des Gebietes, haben aber gleichzeitig „massive Ängste“, dass sie selbst Opfer dieser Entwicklung werden könnten. Am ehemaligen Blumengroßmarkt wird derzeit versucht, neu zu bauen – ohne die Alteingesessenen zu verdrängen.

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