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Populärer Name für Geschäfte: Berliner Oasen

Palmen, Dromedare, Karawanen, Sanddünen – das Wort „Oase“ beschwört 1001 Bilder herauf. Warum wird es bei uns von Friseursalons, Getränkemärkte und Arztpraxen missbraucht?

Das wäre machbar. Ich verlasse an einem warmen Tag in Badehose die Wohnung, nur die Kreditkarte habe ich dabei. Dann fahre ich durch Deutschland, das manche eine „Servicewüste“ nennen, und kaufe alles in den Oasen. Kleider-Oasen gibt es in vielen Städten, meistens vom Roten Kreuz, da kriegt man kostenlos Klamotten. Etwas zu essen bekomme ich auch überall in einer Oase, allerdings gegen Bezahlung, vielleicht sollte ich im Restaurant Oase in Essen-Rüttenscheid anfangen. Biozeug bestelle ich in der Naturprodukte-Oase, Augsburg. Kosmetika? Beauty-Oasen stehen fast so viele herum wie Restaurant-Oasen, nicht zuletzt in Halstenbeck. Und wenn ich aus diesem Oasen-Land abhauen will, bitte sehr, die Reise-Oase Pullach sattelt mir das Kamel.

Die Oase gehört zu Deutschland wie VW und Ikea.

Ab wann hießen immer mehr Läden „Oase“? Man weiß es nicht genau. Mit dem Islam hat es nichts zu tun, auch wenn die echten Oasen meist in muslimischen Gegenden liegen. Vielleicht spielt die Sehnsucht nach warmem Klima eine Rolle. Florierende Geschäfte unter heißer Sonne, wer wünscht sich das nicht? Der Begriff „Oase“ kommt aus dem Altgriechischen und bezeichnete ursprünglich einen „bewohnten Ort“. Die alten Ägypter haben ihm seine heutige Bedeutung gegeben, Oase, eine geschäftige Vegetationsinsel inmitten einer unbewohnten, ungrünen, unwirtlichen Umgebung. Insofern bedeutet der Name „Oase“ durchaus Kritik an der Nachbarschaft: drumherum liegt Wüste. Die Reinickendorfer Manager-Oase, die Schweineschnitzel-Oase in Prenzlauer Berg, das wären sinnvolle Namen.

Der Nil gilt als „Flussoase“. Eine Oase muss also nicht rund sein. Sie muss auch nicht zwingend in einer heißen Gegend liegen. Gebiete in der Antarktis, die immer wieder für längere Zeit eisfrei sind, werden ebenfalls „Oasen“ genannt. Meist sind es windgeschützte Täler. Die bewohnten Wüstenoasen befinden sich seit Jahren in einer Krise, Karawanen gibt es ja kaum noch. Der Dattelhandel liegt darnieder, die Jugend haut ab. Dubai ist cooler und hat Strände. Manche Oasen versuchen es mit Tourismus. Die Wasservorräte, die sowieso geringer geworden sind, zum Teil durch Klimaveränderungen, zum Teil durch intensive Landwirtschaft, verringern sich durch den Tourismus weiter. Touristen wollen Pools und Duschen. In hundert Jahren gibt es vermutlich nur noch ein paar Museums-Oasen mit bezahlten Beduinendarstellern.

Stattdessen machen wir das jetzt, wir Deutschen. In Berlin und Umgebung stößt man schon auf den ersten Blick ins Telefonbuch auf mehr als 30 Oasen. Die Bier-Oase in Weißensee und der Swingerklub Tempel-Oase in Großbeeren, die Getränke-Oase in Oberschöneweide oder auch die Beton-Oase, ein Jugendklub in Lichtenberg. Auffällig ist, dass es offenbar mehr Oasen im Ostteil der Stadt gibt als im Westteil. Drumherum liegt Wüste? So schlimm ist Oberschöneweide nun wirklich nicht.

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