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Den Blick verstellt. Die Humboldt-Box wirkt wie ein Fremdkörper im historischen Zentrum der Stadt. Vom Dach des Stahlbaus aus werden Besucher die Bauarbeiten auf der Schlossbaustelle beobachten können.

© dpa

Planer und Projekte: Baustadtrat sieht Berlins Mitte auf gutem Weg

Im östlichen Zentrum wird gern und viel gebaut – die Architektur ist streitbar. Einige Klötze haben sogar Stadtrat Gothe aufgeschreckt. Er erklärt diese Bauten mit einem Deal.

Es ist Wahlkampf. Und einer, der für seine Arbeit wirbt, ist Ephraim Gothe (SPD). Der Baustadtrat von Mitte hatte am Freitag zu einer Art Leistungsschau des Bauens im Bezirk Mitte eingeladen. Also just dort, wo alle hinwollen und deshalb notgedrungen manches auf der Strecke zu bleiben droht: die Architektur, die Haushalte mit kleinem Geldbeutel und die Berliner Mischung.

„In Mitte wird viel gebaut – und es kommt noch viel dazu“, sagt Gothe. Fragt man ihn nach der Qualität der Neubauten in Mitte, dann sagt er: „Ich bin beeindruckt von der architektonischen Vielfalt.“ Viele Entwürfe seien Ergebnisse von Wettbewerben oder durch das Baukollegium von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher „qualifiziert“. Die Diskussion über einfältige Investorenarchitektur am Alexanderplatz oder am Hauptbahnhof ist also nur eine Scheindebatte?

Dazu muss man wissen, dass Gothe ein Faible für rationalistische Architektur hat. Das ist die Schule, die das neue Berlin unter dem ehemaligen Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD) prägte: Oswald Ungers, Josef Kleihues – auch Max Dudler. Zu diesen Zeiten war Gothe so etwas wie Stimmanns rechte Hand. Das hat ihn geprägt: Das von Dudler in der Zimmerstraße entworfene Wohn- und Geschäftshaus ist eines seiner Lieblingsprojekte: Lochfassade, strenges Raster, aber auch einige Brechungen durch zurückspringende Bauteile – immerhin.

Dass die Stimmann-Ära in der Stadt irgendwie nicht vorübergeht, erklärt Gothe so: „Die rationalistische Schule, die prägend in Berlin ist, hat für Investoren den Reiz, dass sie preiswert ist.“ Preiswert oder billig? Wo kein mächtiger Mann wie Stimmann auf Qualität achtet, droht Letzteres: Das Meininger-Hotel am Hauptbahnhof etwa oder die Neubauten für die Bahn am Nordbahnhof, einförmige Klötze in dunklem Steinkleid.

Die haben sogar Gothe aufgeschreckt. Er erklärt diese Bauten mit einem Deal: Der Investor habe die Kosten für einen Park und Straßen übernommen, dafür habe Berlin ihm keine Einmischung und ein Bauvolumen zugesagt – „das haben die dann volllaufen lassen“. Kompromisse seien auch für die verunglückte Humboldt-Box verantwortlich: Deren Finanzierung über Werbeeinnahmen hätten ein „Ufo“ hervorgebracht, „von dem man hofft, dass es bald wieder abhebt“. Was auf bunten Bildern wie ein gläserne Skulptur aussah, von dynamischen Stahlbändern getragen, wirkt heute wie ein opaker Klotz – eine Verhöhnung des historischen Berlin, das dort seine Wiege hat.

Bauen wirft soziale Fragen auf: Dem Thema der Gentrifizierung, das in Mitte, dem Lieblingsbezirk der Investoren, besonders beschäftigt, weicht der SPD-Mann nicht aus. Aber warum lässt Rot-Rot der Ankündigung einer neuen Liegenschaftspolitik gegen steigende Mieten und die Verdrängung von Geringverdienenden keine Taten folgen? „Das muss an der Finanzverwaltung liegen, die ist federführend“ – es ist Wahlkampf und Finanzsenator Ulrich Nußbaum parteilos.

Was zu tun ist, weiß Gothe: Der Liegenschaftsfonds soll kein Bauland mehr verkaufen, sondern es nur noch per Erbpacht vergeben. Investoren können dadurch sanft zum Bau von Wohnungen mit moderaten Mieten gedrängt werden. Außerdem sollen mehr Genossenschaften und Baugemeinschaften zum Zuge kommen. Ach ja, die Kiez- und Bürgerinitiativen will er auch frühzeitig ins Boot holen.

Eine Überraschung hob sich Gothe fürs Ende auf: „Man kann noch mehr Hotels bauen.“ Die Zahl der Berlin-Besucher sei ja auch weiter gestiegen. Die Senatsbildungsverwaltung baut sogar eine Hotelfachschule in der Niederwallstraße. Tourismus geht in Berlin immer – noch. Auch wenn er bisher nicht wirklich das Rezept gegen die wirtschaftliche Stagnation war.

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