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Das Haus der Statistik entwickelt sich langsam zur Ruine. Die Fenster fehlen schon großteils.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Haus der Statistik: Bauverwaltung zeichnet umstrittenes Flüchtlingsprojekt aus

Die Senatsbaudirektorin hat am Mittwoch Pläne für ein Flüchtlingsheim im einstigen Haus der Statistik ausgezeichnet - obwohl die Finanzverwaltung den Plan schon längst abgelehnt hat.

Ein Konzept, nach dem das Haus der Statistik am Alexanderplatz als Flüchtlingsunterkunft ausgebaut werden soll, ist am Mittwoch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgezeichnet worden – und das, obwohl die Senatsverwaltung für Finanzen dort statt Geflüchteten das Finanzamt Mitte und das Rathaus unterbringen will.

Die von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher vergebenen Preise beim Berlin Award 2016 „Heimat in der Fremde“ sollen innovative Projekte zur Unterbringung Geflüchteter hervorheben, die die Lebensqualität der Bewohner verbessern, am Mittwochabend sollten sie vergeben werden. Wohnen die Flüchtlinge nun doch bald in der Nähe des Alexanderplatzes? „Nein“, sagt Eva Henkel, Sprecherin der Finanzverwaltung. „Das Haus der Statistik ist kein Standort für Flüchtlinge.“ Sie kenne auch den am Mittwoch verliehenen Preis nicht.

Der Preis „Heimat in der Fremde“ würdigt Projekte, die den Flüchtlingen Privatsphäre, Gemeinschaft, Arbeit und eine gute Integration in den Alltag in Deutschland gewährleisten sollen. Eine siebenköpfige Jury, bestehend aus Architekten, Historikern und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, prämierte sieben der 150 eingereichten Arbeiten aus 13 Ländern. „Es überzeugten uns jene Konzepte und Konstruktionen, die ohne großen baulichen Aufwand sowohl gemeinschaftliches Zusammenleben als auch Privatheit ermöglichen und mit einfachen architektonischen Mitteln Identität schaffen.“ 

„Ohne großen baulichen Aufwand“

„Raumlabor berlin“, eines der sieben Gewinner-Unternehmen, will das Haus der Statistik als Wohnort benutzen. Schon öfters war das Haus der Statistik als mögliche Unterkunft für Flüchtlinge im Gespräch. Dass das Projekt „ohne großen baulichen Aufwand“ realisiert werden könnte, scheint kaum möglich. Widersprüchlich ist auch, dass in dem Projektaufruf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt steht: „Die Projektbeiträge müssen realisierbar bzw. realisiert sein.“ Eine Flüchtlingsunterkunft in dem Haus der Statistik – das soll realisierbar sein?

Wurden doch die Vorschläge des Bezirks Mitte, dort Flüchtlinge unterzubringen, von der Finanzverwaltung wegen des vielen Verkehrslärms am Alex und anderen Plänen mit dem Standort abgelehnt. Wieso der Preis trotzdem verliehen wurde? Aus der Verwaltung ist zu hören, dass man die Preisträger im März ausgesucht habe, vor der Absage der Finanzverwaltung.

Gebäude für Geflüchtete und Studierende

Ein weiteres ausgezeichnetes Vorhaben ist das „Hof.Haus“, dessen Machern der Integrationsaspekt sehr wichtig ist. Nach Angaben der Entwickler handelt es sich um ein Gebäude für Geflüchtete und Studierende. Von einem großen Gemeinschaftsraum aus, der für Zusammenkünfte und Konversationen gut geeignet ist, soll sich jeder Mitbewohner über eine kleine Holztreppe in sein privates Reich zurückziehen können.

Der zweigeschossige Entwurf soll an verschiedenen Orten kostengünstigen Wohnraum schaffen. „Wir minimieren die privaten Rückzugsflächen und schaffen damit einen großen Gemeinschaftsbereich, der das soziale wie räumliche Zentrum unseres Entwurfs bildet,“ beschreiben die Entwickler ihr Projekt. Von dort werden die Wohnzellen im Obergeschoss über vier Leitern erschlossen.

Diese und alle weiteren eingereichten Arbeiten des Berlin Award 2016 „Heimat in der Fremde“ können vom 16. Juni bis zum 28. Juni 2016, täglich von 13:00 bis 19:00 Uhr in der Zollgarage Tempelhof, Columbiadamm 10 Gebäude D2, kostenfrei besichtigt werden.  

Richard Elsner

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