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Die Designerinnen von Front arbeiten seit dem Studium zusammen: Sofia Lagerkvist, Charlotte von der Lancken und Anna Lindgren (v.l.n.r.).

© Carl Bengtsson

Design aus Stockholm: Frontfrauen

Das schwedische Designerinnen-Trio Front bereichert mit überraschenden und manchmal verstörenden Entwürfen die Designszene. Zu ihren Auftraggebern gehören Galerien und Highend-Marken wie Moroso, aber auch Ikea.

Sie sind rundlich, kurzbeinig und wirken irgendwie verstörend. Die wadenhohen Hocker namens „Anomaly“ sorgten auf der diesjährigen Mailänder Möbelmesse am Stand von Moroso für irritierte Gesichter bei den Besuchern. Denn den Hockern ist etwas Echtes eigen, das irgendwie befremdlich wirkt. Man könnte sie mit kopflosen Schweinen vergleichen oder mit Krankheitserregern unter einem Mikroskop.

Verantwortlich für diesen Hingucker sind die Designerinnen von Front. Das Büro aus Stockholm besteht aus den Designerinnen Sofia Lagerkvist, Charlotte von der Lancken und Anna Lindgren. Sie schlossen sich bereits während ihres Studiums zusammen. „Wir waren alle in der gleichen Klasse, wurden Freunde und begannen zusammenzuarbeiten“, sagt Sofia Lagerkvist.

Eines ihrer ersten gemeinsamen Projekte war „Design by Animals“. Dabei ließen sie sich von den Bewegungen und der Anatomie von Tieren inspirieren. Sie ließen Mäuse Muster in Tapeten fressen und Schäferhund-Spuren im Schnee zu einer Vase werden. Ihr „Insect Table“ ist mit einem Muster von Termiten dekoriert.

Inzwischen gehören international renommierte Firmen wie Ikea und Moroso zu den Auftraggebern von Front. Neben Produkten für die Massenproduktion denken sie sich aber immer wieder auch Möbel für Sammler aus, die in geringer Auflage oder als Einzelanfertigung in Galerien stehen.

Eine konkrete Arbeitsaufteilung gibt es bei Front nicht. „Das wichtigste ist für uns, dass wir alle immer gemeinsam an allen Projekten und Ideen arbeiten“, sagt Anna Lindgren. „Unsere Projekte funktionieren nicht so, dass einer nur für eine bestimmte Aufgabe zuständig ist. Jedes Projekt ist anders als das vorherige und das macht den Spaß an unserer Arbeit aus. Jeder Tag ist anders und bringt andere Aufgaben mit sich. Wir müssen uns immer an eine neue Situation anpassen. Mit jedem Projekt werden wir Spezialisten auf einem neuen Gebiet und das macht unsere Arbeit aufregend.“

Der Entwurfsprozess wird von regen Diskussionen begleitet. Jede der drei Designerinnen bringt unterschiedliche Meinungen und Aspekte ein. Damit arbeitet das Team dann weiter. „Zu dritt können wir größere und kompliziertere Projekte annehmen als wenn wir alleine arbeiten würden“, sagt Anna Lindgren.

Die Idee hinter dem Projekt ist das Wichtigste

Abhängig vom jeweiligen Auftrag bekommen die Designerinnen ihre Inspirationen aus ganz unterschiedlichen Quellen: Standen für einige Objekte Tiere Pate, waren es bei anderen technische Dinge oder wissenschaftliche Entdeckungen. Doch auch Mode, Filme oder Kunst, aber auch ganz alltägliche Beobachtungen fließen in die Arbeit von Front ein. Manchmal sind es auch persönliche Ticks. Der Beistelltisch „Doodle“ für Moroso zum Beispiel ist mit Kritzeleien verziert, die die Designerinnen beim Entwerfen auf ihren Notizblock schmieren. Das Muster brachte schließlich auch die charakteristische Form des Tischchens vor.

Über ihre aktuellen Projekte dürfen Front nicht viel sagen, denn vertraglich sind sie von ihren Auftraggebern zur Geheimhaltung verpflichtet. Nur so viel geben die Designerinnen preis: „Wir arbeiten an öffentlichen Kunstgegenständen, an Projekten für verschiedene Galerien, an Möbeln und Industrieprodukten.“ Schon bald wird ein Produkt für eine deutsche Technik-Firma auf den Markt kommen „Die Zusammenarbeit lief toll. In Zukunft würden wird gerne mehr technische und elektronische Projekte machen. Denn das ist es schließlich, was wir studiert haben: Industriedesign.“

Wie unterscheidet sich die Arbeit für ein exklusives Familienunternehmen wie Moroso und einem Massenproduzent wie Ikea? „Das Projekt mit Ikea hat wirklich Spaß gemacht. Wir haben ein Briefing bekommen, dass wir ein Produkt entwerfen sollten, das mit unserem schwedischen Erbe und schwedischer Handwerkskunst verbunden ist. Es dauert etwa drei Jahre, bis ein Produkt für Ikea fertig ist. Dabei müssen viele Aspekte berücksichtigt werden, von der Produktion über die Verpackung bis hin zur Sicherheit. Es ist wirklich sehr interessant“, sagt Sofia Lagerkvist.

Ganz anders ist das Entwerfen für Moroso. Dort arbeitet Front sehr eng mit dem gesamten Team des Familienunternehmens zusammen: „Moroso macht Produkte mit einem starken Ausdruck und hohem künstlerischen Anspruch. Es ist fantastisch, mit dieser Firma zusammenzuarbeiten, denn sie gibt Designern die Freiheit die Dinge zu entwerfen, von denen sie träumen“, schwärmt Charlotte von der Lancken. Dass ein Hocker wie „Anomaly“ auch mal irritieren darf, wird dabei in Kauf genommen.

Von Trends auf dem Möbelmarkt möchte sich das schwedische Designerinnen-Trio so wenig wie möglich beeinflussen lassen. „So lange wie wir für ein Projekt brauchen, ist bei seiner Fertigstellung schon wieder etwas ganz anderes in“, meint Anna Lindgren.

Was sie allerdings stetig begleitet, sind ihre skandinavischen Wurzeln. „Wir wählen häufig einen einfachen Ausdruck und wir haben viel mit der Natur gearbeitet“, sagt Anna Lindgren. Doch darauf wollen sich Front nicht festnageln lassen. Anna Lindgren unterstreicht: „Am wichtigsten ist die Idee hinter jedem einzelnen Projekt.“

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