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Grande Dame. Jeanne Moreau (85) spielt die feine Frida.

©  arsenalfilm

Kino-Ikone Jeanne Moreau: Die Grande Dame

Nur noch selten ist sie auf der Leinwand zu sehen: die große Aktrice Jeanne Moreau. Nun spielt sie wieder - eine reiche Alte mit Allüren, in dem zarten Kammerspiel "Eine Dame in Paris".

Jeanne Moreau ist eine Dame von 85 Jahren, die sich noch immer augenzwinkernd souverän als Filmstar inszenieren lässt. Sie trägt flaches Schuhwerk, anders als früher, und ihr unverwechselbares Gesicht ist vom intensiven Leben gezeichnet. Noch immer aber hebt sie mit leuchtendem Rot den leicht indigniert wirkenden Zug um ihren vollen Mund hervor. In „Eine Dame in Paris“ spielt sie eine geheimnisvoll ehrwürdige Ikone, ein Sinnbild für den Mythos der französischen Hauptstadt – selbstbewusst, scheinbar alterslos, furchteinflößend kultiviert und unwirsch gegenüber Zugereisten.

Frida, eine in Estland geborene, in Paris umschwärmte Diva und Femme fatale, lebt im Alter allein in ihrem weitläufigen Appartement. Mit perfektem Make-up ruht sie in ihrem großen Bett, die dunkelblonden Locken fein frisiert auf dem seidenen Kopfkissen ausgebreitet. Wohlig streckt sie die Glieder in Erinnerung an ihren jüngeren Geliebten Stéphane (Patrick Pineau). Der aber hat mit dem Kapitel Frida abgeschlossen und führt stattdessen lieber das Café, das sie ihm schenkte. So verbringt Madame in ihrem prachtvollen Ambiente viel Zeit mit der einsamen Lektüre dicker Bücher.

Ein solches Genregemälde braucht im Kino allerdings Bewegung – und so schicken der estnische Regisseur Ilmar Raag und sein Drehbuchteam eine Frau völlig anderen Geistes in die Höhle der müde gewordenen Löwin. Tallinn trifft Paris, Arm trifft Reich, schüchterne Dienstfertigkeit stößt auf grantige Ablehnung.

Anne (Laine Mägi), der Widerpart der Diva, erfährt nach einem langen dunklen Winter in Estland und dem Tod ihrer Mutter, dass eine Agentur für Pflegekräfte einen Job in Paris anbietet. Die verhärmte Frau, eine Gestalt wie aus einem frühen Aki-Kaurismäki-Film, bricht in die Stadt voller Verheißungen auf. Dort erfährt sie zwar, dass Stéphane sie zur Betreuung der alten Dame engagiert hat, Frida indes nichts von ihr wissen will.

Am Streit etwa um die korrekte Konsistenz sowie Frische eines Frühstückscroissants entspinnt sich der Kampf um Anerkennung, den Anne diskret und nicht ohne Sturheit aufnimmt – steht doch mit der Arbeit in Fridas Haus auch Annes Aufenthalt in Paris auf dem Spiel. Zu ihren Freuden gehören abendliche Spaziergänge, bei denen sie für sich allein den Zauber der Stadt entdeckt und den Reiz der Sehenswürdigkeiten und Kaufangebote in sich aufsaugt.

Komödiantischen Zunder in die Handlung aber bringt immer die Atmosphäre faszinierender, herablassender Unzugänglichkeit, die Frida ausstrahlt. Als Anne einmal Sangesfreunde aus der estnischen Gemeinde zum Tee einlädt, führt das zu einem Eklat, der die Arroganz der einstigen Femme fatale wunderbar komisch zum Leuchten bringt.

„Eine Dame in Paris“ ist ein gefällig-sympathischer Liebesbrief an französisches Savoir vivre, das Paris-Klischees mit naiver Entdeckerfreude zelebriert und zugleich eine leise Emanzipationsgeschichte erzählt. Dabei wandelt sich die Komödie um den Culture Clash einer estnisch-französischen Pflegebeziehung zur zarten Liebesgeschichte, die Anne bald mit Stéphane verbindet. Und als sie von Fridas Launen genug hat und das Haus verlässt, entdeckt auch die Diva, was ihr die Gesellschaftsdame bedeutete. Auf eine wirklich große Altersrolle aber muss Jeanne Moreau noch warten.

Blauer Stern Pankow, Bundesplatz,

Cinema Paris, Cinemaxx, Eva, Kant,

FaF, Yorck; OmU im Babylon Kreuzberg,

Bundesplatz und Lichtblick

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