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Hock and Roll. Franziska Hildebrands Haltung ist vorbildlich. Aber mit zwei Schießfehlern wird sie Zehnte, zweitbeste Deutsche hinter Laura Dahlmeier auf Rang sechs.

© dpa

Biathlon-WM in Kontiolahti: Gut gelaufen, schlecht geschossen

Die jungen deutschen Biathletinnen sammeln beim WM-Einzel in Kontiolahti wertvolle Erfahrungen, vergeigen jedoch eine Medaille, weil sie zu viele Fehler am Schießstand machen.

Der breite Schriftzug auf der großen Anzeigetafel war nicht zu übersehen. „Ääntä Stadionille“ leuchtete da in dicken hellroten Buchstaben auf – der ultimative Aufruf an die Zuschauer, ordentlich Lärm in der Biathlon-Arena von Kontiolahti zu veranstalten. Und das Volk gehorchte: Für finnische Verhältnisse regelrecht enthemmt, brüllte das Publikum die einheimische Vorzeige-Biathletin Kaisa Mäkäräinen dem Zielstrich entgegen. Nicht ganz mit dem gewünschten Erfolg – am Ende fehlte der Frau, die im wenige Kilometer entfernten Joensuu zu Hause ist, eine Sekunde auf Gabriela Soukalova. Doch auch die stets perfekt geschminkte Tschechin hatte sich im Einzel über 15 Kilometer zu früh gefreut.

Denn eine Dreiviertelstunde nach ihr ging mit Startnummer 93 die Russin Jekaterina Jurlowa ins Rennen. Sie blieb bei vier Schießeinlagen als Einzige im 105 Teilnehmerinnen starken Feld fehlerfrei und somit ohne Strafminute. So schwang sie sich zur Weltmeisterin im Klassiker auf, vor den Branchengrößen Soukalova (ein Fehlschuss) und Mäkäräinen (zwei). Nach dem Doppelschlag der diesmal pausierenden Französin Marie Dorin-Habert in Sprint und Verfolgung brachten die Titelkämpfe in Nordkarelien also die nächste Überraschungssiegerin hervor: Die 30-jährige Jurlowa, die, als Nummer 61 in der Gesamtwertung angereist, in diesem Winter zuvor nur zwei Weltcups mitgemacht hatte – die beiden vor der WM.

Lara Dahlmeier zeigte wieder eine glänzende Laufleistung, patze aber am Schießstand

Wegen der Nachwehen eines Bergunfalls im Sommer hatte auch Laura Dahlmeier häufiger ausgesetzt. Wenn auch nicht so oft wie Jurlowa, die für sich allein trainiert und bis zu ihrem plötzlichen Sprung ins Weltcup-Team nicht einmal zur zweiten Garde der russischen Biathleten zählte. Solche Zaubereien bringt der Deutsche Skiverband (DSV) nicht zuwege, die Namen der Frauen, die den Verband in Kontiolahti vertreten, sind lange bekannt. Speziell jener der 21-jährigen Dahlmeier. Die zeigte auch im Einzel wieder eine glänzende Laufleistung, verpasste nach Silber in der Verfolgung mit zwei Schießfehlern sogar das mögliche Gold und wurde mit 40 Sekunden Rückstand auf Jurlowa Sechste. Wie Franziska Hildebrand, als zweitbeste DSV-Starterin auf Rang zehn, machte sich Dahlmeier das Leben gleich mit der ersten Gewehrübung schwer: Beim ersten Liegendanschlag ging ihr der zweite Schuss daneben, bei Hildebrand war es Patrone Nummer vier, auch sie kam in der Endabrechnung auf zwei Fehler.

„Die Trainer haben mir angezeigt, dass ein bisschen mehr Wind war als beim Anschießen. Ich selbst hab’ das gar nicht so gemerkt“, beschrieb Dahlmeier die Situation in der Frühphase des Rennens, nahm die Sache mit Verweis auf ihr zartes Biathletinnen-Alter aber locker. „So perfekt bin ich eben noch nicht, dass ich immer null schieße.“ Im Gegensatz zur Russin Jurlowa, die erzählte: „Vor einem Monat, als ich Bronze bei der EM gewonnen hatte, sagte mein Vater, das nächste sei nun eine WM-Medaille. Da hab ich ihm geantwortet: ‚Papa, du bist verrückt.’ Jetzt weiß ich: Er ist nicht verrückt.“

Zum Verrücktwerden fand den Mittwochabend – im Gegensatz zur grundzufriedenen Laura Dahlmeier („Läuferisch bin ich auf einem Top-Niveau, das bestätigt die Arbeit des gesamten Teams“) – Vanessa Hinz. Hinter Luise Kummer (zwei Fehler, Platz 25) wurde die 22-jährige Münchnerin mit fünf Fehlschüssen 44. „Bei mir ist gerade der Wurm drin, ich kann mich nicht mehr auf mich selbst konzentrieren“, klagte Hinz anschließend, erkannte bei ihrer ersten WM aber zumindest: „Das hier ist doch etwas anderes, klipp und klar.“

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