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Train Simulator und Omnibus-Simulation: Nächster Halt: Flughafen-Bahnhof BER

Zukunft und Vergangenheit Berlins lassen sich derzeit mit zwei PC-Simulationen besonders eindrucksvoll erleben: In der Computerrealität ist sogar der Bahnhof unterm Flughafen BER bereits eröffnet.

Am Ende läuft es auf die Frage hinaus, wer da eigentlich von der Realität eingeholt wurde. Als sich der 3-D-Designer Jan Bleiß im Februar 2012 darangesetzt hat, die Eisenbahnstrecke Berlin–Wittenberg für eine PC-Simulation aufzubereiten, gab es noch keinen Anlass, am Eröffnungstermin für den Berlin-Brandenburger Großflughafen „Willy Brandt“ zu zweifeln. „Außer ein paar Leuten vielleicht konnte niemand ahnen, dass der BER irgendwann, jedoch nicht 2012 fertig wird“, schreibt er im Begleitheft zu dem Zusatzprogramm des Train Simulator von Aerosoft. Um Brandschutzauflagen müssen sich Entwickler von Computersimulationen keine Gedanken machen, aber bekanntlich haben auch die BER-Verantwortlichen das Thema – und nicht nur dieses – massiv unterschätzt. Fest steht: In der Realität wird es noch einige Zeit dauern, bis die ersten Fluggäste am BBI in die Bahn steigen. Nicht so am Computer. Dort können die Freunde virtueller Eisenbahnfahrten bereits jetzt Passagiere vom Berlin-Brandenburger Großflughafen zum Hauptbahnhof befördern.

Zukunft und Vergangenheit. Der Bahnhof unter dem Flughafen BBI ist derzeit nur im Train Simulator in Betrieb....
Zukunft und Vergangenheit. Der Bahnhof unter dem Flughafen BBI ist derzeit nur im Train Simulator in Betrieb....

© Promo

Jan Bleiß hat bereits einige Strecken rund um Berlin für Computersimulationen aufbereitet. Groß geworden ist der 54-Jährige in Köpenick. Als der Flughafen Tempelhof noch in Betrieb war, flogen gefühlt alle 90 Sekunden Flugzeuge über den Bezirk in Berlins Südosten. „Einige protestieren gegen so etwas, andere finden es schön“, sagt Bleiß, der seit nunmehr 22 Jahren als 3-D-Entwickler arbeitet, anfangs für Flug-, später vor allem für Bahnsimulationen. Für den Train Simulator von Microsoft hat er die S-Bahn-Verbindung von Potsdam über Westkreuz zum Ostbahnhof digital nachgebaut, auch die historische Simulation einer Straßenbahnstrecke durch Köpenick stammt von Bleiß. Mit großer Akribie hat er seine Heimatstadt mitsamt der Architektur der 1920er Jahre und der dazugehörigen Werbung auf den Bildschirm gebracht.

Die Strecke Berlin–Wittenberg ist ein Teil der Anhalter Bahn, die von Anfang an zu einer der wichtigsten Verkehrsachsen des deutschen Fernverkehrs gehörte. Von hier aus gelangte man nach Dresden, Prag oder München. Auch nach dem Krieg behielt die Strecke ihre Bedeutung, wenngleich der Güterverkehr dann die dominante Rolle übernahm.

Der Anschluss des neuen Flughafens an diesen Strecke stellte Bleiß vor ganz besondere Probleme: Es gab für ihn keine Möglichkeit, selbst Fotos zu machen. Und auch bei der Flughafengesellschaft hatte man andere Sorgen, als Bilder für eine Eisenbahn-Simulation bereitzustellen. Also musste er auf Quellen wie Google Earth zurückgreifen, um die oberirdischen Details zu ermitteln. Für den Bahnhof im Untergeschoss, die Gleise und die Signalanlagen fanden sich am Ende ebenfalls Möglichkeiten.

Mit der Fortsetzung des Omnibus-Simulators geht es mit dem Doppeldecker über den provisorischen Grenzkontrollpunkt des Jahres 1989 von Spandau nach Falkensee.
Mit der Fortsetzung des Omnibus-Simulators geht es mit dem Doppeldecker über den provisorischen Grenzkontrollpunkt des Jahres 1989 von Spandau nach Falkensee.

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Wenn er heute seine Arbeit mit den Bildern vergleicht, die unter anderem bei der Tunnelbelüftung für die S-Bahn entstanden, ist er mit seiner Arbeit zufrieden. Und Bleiß weiß, wie detailversessen Eisenbahnfans sind. Weil es für den Train Simulator lange Zeit keine S-Bahn-Züge gab, hatte er in Teltow zunächst auf einen S-Bahnhof verzichtet. Dies wird nun mit dem ersten Update zur der Bahnstrecke, die in wenigen Wochen veröffentlicht werden soll, nachgeholt. Aber auch sonst ist das Ziel des 3-D-Entwicklers, signifikante Bauwerke wie den Wasserturm am Berliner Technikmuseum detailgetreu ins digitale Bild zu bringen.

Der Fall der Mauer und das Zusammenwachsen von zuvor getrennten Verkehrswegen findet seinen Niederschlag im Omnibus-Simulator von zwei jungen Männern aus Berlin-Spandau. Vor zwei Jahren hatten Marcel Kuhnt und sein Freund Rüdiger Hülsmann – wie von uns berichtet damals noch Studenten im Ingenieurstudium des Verkehrswesens – die erste Version ihres Programms Omsi veröffentlicht. Mit den digitalen Nachbauten der MAN-Doppeldecker konnte man die Linien 92 und 13 N abfahren.

Das Studium ist inzwischen abgeschlossen, Rüdiger Hülsmann arbeitet für die Berliner S-Bahn und sein Kompagnon Marcel Kuhnt kümmert sich hauptberuflich um den Simulator, doch die Arbeit an der Software ist noch lange nicht beendet. Während die erste Version die Zeit der 80er Jahre bis zum Fall der Mauer abdeckte, reichen die Fahrpläne des Omsi 2 nun bis ins Jahr 1994 – somit enden die Busfahrten nicht mehr an der „Schandmauer“. Nun geht es mit dem Bus auch ins Umland, zwar über notdürftig geflicktes Kopfsteinpflaster, aber das gehört schließlich zur historischen Realität. Neu hinzugekommen ist die Linie 5. Über die Chronologiefunktion lässt sich so der Wandel Spandaus mitsamt Wendezeit und Wiedervereinigung erfahren.

Das Grundprogramm Train Simulator 2014 kostet rund 40 Euro, die Erweiterung „Berlin–Wittenberg“ zusätzlich rund 30 Euro. Der Omnibus-Simulator Omsi 2 kommt Ende November für rund 30 Euro in den Handel.

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