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Dschungelcamp-Finale: Brigitte Nielsen gewinnt - und nun zu den Tagesthemen

„Uiuiuiuiui!“: Nach 16 Tagen Bildungsfernsehen wird Brigitte Nielsen vollkommen zurecht Dschungelkönigin. Und am Ende will's wieder keiner geguckt haben.

Okay, noch einmal drei Ekel-Prüfungen für die finalen Kandidaten im verregneten Dschungelcamp, wobei die Sache mit den verspeisten Truthahn-Hoden und dem Straußen-Anus schon grenzwertig war. Aber auch da noch mal ein souveräner, ein starker Auftritt von Brigitte Nielsen („Ist das ein Arschloch? Ich esse kein Arschloch, von niemandem… Aber für das Finale will ich es probieren“).

Der Ex-Hollywood-Star wurde nach 16 Tagen am Samstagabend völlig zurecht von den Zuschauern zur Dschungelkönigin gewählt. Sie ist trashig, sie ist witzig, sie ist hart, sie ist sexy, und gut, am Ende dieses Camps vielleicht etwas verbissen.

An Nielsens „Uiuiuiuiui“-Frohsinn und Siegertränen jedenfalls prallten selbst die bei dieser Staffel besonders gehässigen Kommentare der Moderatoren Sonja Zietlow und Dirk Bach ab. Und über all dem zum Finale noch einmal - eine Mitwisserschaft von zig Millionen Zuschauern, die zuhause ganz klammheimlich bis Mitternacht vorm Bildschirm saßen.

Von wegen Unterschichtenfernsehen. Wer guckt da? Ein Blick auf die Einschaltquoten bis zum Samstag belegt: In der Zuschauer-Gruppe mit Abitur oder Studium liegt der durchschnittliche Marktanteil der sechsten Staffel von „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ bei 24 Prozent. Das Dschungelcamp ist, anders als zum Beispiel „Deutschland sucht den Superstar“, beileibe kein TV-Phänomen für bildungsferne Schichten.

Das Ziel, Marktanteile von mehr als 30 Prozent in der Zielgruppe zu erzielen, hat RTL sowieso erreicht. Im Schnitt schalteten bis zur finalen Folge am Samstagabend fast sechseinhalb Millionen Zuschauer ein, der Marktanteil liegt beim jungen Publikum bei 37,4 Prozent, bei Frauen sogar bei über 40 Prozent.. Zwar blieben die starken Vorjahreswerte, als zwischenzeitlich mehr als 50 Prozent der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen bei Mathieu Carriere oder Sarah Knappik zusahen, unerreicht.

Dafür waren die diesjährigen Kandidaten aber auch einfach nicht spektakulär genug. Es fehlten Beichten, fiese Seilschaften, Sex, auch wenn Kim Debkowski und Rocco Stark am letzten Tag da im Camp noch irgendetwas versucht haben sollen, was dann aber der Schere der bemerkenswerten RTL-Regie zum Opfer fiel. Rocco Stark hat das Geturtel auch nicht mehr geholfen. Er wurde am Samstag zuerst raus gewählt, dann unterlag Kim Debkowski Brigitte Nielsen.

Es wird RTL-Chefin Anke Schäferkordt eine reine Freude sein, auf diesen erstaunlich hohen Marktanteil bei jenen hinzuweisen, die sich sonst über jedes Trash-Format im Privatfernsehen so gerne aufregen, bei jenen, die immer nie hingeschaut haben wollen. Micaela Schäfer? Ein Nackt-Model? Nie gehört, nie gesehen. Kim Debkowski? Vincent Raven? Wer oder was war das?

Man kann gerne weiter über das Dschungelcamp schimpfen und sich fragen: Wozu denn dem Publikum geben, was des Publikums ist? Müssen die alle mal zu Dr. Bob in Behandlung? Nur: Wozu die Scheinheiligkeit? Der Aus-Knopf auf der Fernbedienung ist unten rechts. Man kann RTL wiederum nur gratulieren, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Form des Trash-TV Einzug in deutsche Wohnzimmer gefunden hat.

24 Prozent Marktanteil bei Zuschauern mit Abitur oder Studium, das ist vor allem dann erstaunlich, wenn man auf die Quoten jener Formate blickt, bei denen man eher diese Zuschauerschicht erwartet. Die „Tagesthemen“, die oft direkt gegen das Dschungelcamp antreten mussten, verzeichneten im Ersten einen Marktanteil von 14,2 Prozent in dieser Gruppe. Talkshows wie „Menschen bei Maischberger"“ oder „Maybrit Illner“ im ZDF lagen ebenfalls auf diesem Niveau und damit deutlich hinterm Dschungelcamp. Der Erfolg der RTL-Show zieht sich quer durch die Bevölkerung. Dass dabei auch die „Bild“-Zeitung mitmacht, mitjubelt, mitekelt – geschenkt.

Schön für Brigitte Nielsen also, die nun, nach 16 Tagen „Ich bin ein Star! Holt mich hier raus!“ wirklich jeder kennt. Schön für den Fernsehsender RTL, der mit diesem Format auch nächstes Jahr wieder all die Zuschauer erreichen wird, die „Gottschalk live“ im Ersten gerne hätte.

Und am nächsten Morgen will’s wieder keiner gesehen haben.

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