zum Hauptinhalt
Ich sehe was, was du nicht siehst. Alexa heißt die Hauptdarstellerin des Computerspiels, das eine zweite Realität erschafft – an den Originalplätzen. Am Alexanderplatz steht dann auf einmal eine Schatztruhe, die nur durchs iPad zu sehen ist.

© Promo

Mit dem iPad auf Schnitzeljad durch Berlin: Indiana Jones am Alexanderplatz

Wer mit dem iPad durch die Stadt läuft, kann mehr sehen als andere. Die "erweiterte Realität" macht das möglich und der Neuberliner Michael Schiemann hat das passende Spiel dazu entwickelt: Der Heilige Gral. Ausgestattet mit iPad geht es also auf Schnitzeljagd.

Michael Schiemann sieht Gespenster. Eine junge Frau mit langen, dunklen Haaren spricht zu ihm, neben ihr steht eine mit Gold gefüllte Schatztruhe, mitten auf dem Alexanderplatz. Alle anderen Passanten laufen achtlos vorbei. Denn sehen kann die Frau nur Schiemann, und zwar dank eines technischen Tricks auf dem Display seines iPad. Alexa, so heißt die hübsche Erscheinung, ist die Protagonistin des völlig neuartigen Berlin-Spiels „Der Heilige Gral“. Dabei begeben sich die Teilnehmer mit einem Tablet und allerlei Zubehör ausgestattet auf eine multimediale Schnitzeljagd durch Mitte.

"Der Heilige Gral" in der erweiterten Realität

Alexa erscheint dem Spieler dank „Augmented Reality“-Technologie. Dabei scannt man mit der Kamera des Tablets einen Code und – schwupps! – sieht man mehr als alle anderen um einen herum. Nämlich Alexa und die Schatztruhe im Display. Augmented Reality bedeutet „erweiterte Realität“ und ist an mehreren Stellen des Spiels integriert. „Der Heilige Gral“ ist eine Mischung aus Computerspiel, Film, Rollenspiel und Geocaching. Indiana Jones in Mitte. Die Idee dazu hatte Michael Schiemann mit seiner kleinen Berliner Firma Lifeaction Games.

Spieler-Typ. Michael Schiemann hat sich einst von James Bond inspirieren lassen. Der 31-Jährige ließ auch nicht locker, als ihm das Geld ausging.
Spieler-Typ. Michael Schiemann hat sich einst von James Bond inspirieren lassen. Der 31-Jährige ließ auch nicht locker, als ihm das Geld ausging.

© Björn Kietzmann

Los geht’s im Kino in den Hackeschen Höfen. Ein kurzer Film stimmt die Spieler in die Geschichte ein: Bei einer Ausgrabung am Schlossplatz stieß Alexas Opa in den Überresten eines Dominikanerklosters auf einen Zinksarkophag. Kurz darauf kam der Archäologe unter mysteriösen Umständen ums Leben. Alexa hinterlässt er ein auf den ersten Blick unbeschriebenes Pergament. Die Spieler helfen ihr nun in kleinen Gruppen, das Rätsel um das geheimnisvolle Pergament zu lösen. Dazu werden die Abenteurer mit allerlei Nützlichem ausgestattet: iPad, Spiegel, Dechiffrierscheibe und Taschenlampe, die auch Rotlicht und Schwarzlicht kann.

Später gibt es am Dom noch das gleiche Kryptex, mit dem bereits Tom Hanks im Film „The Da Vinci Code – Sakrileg“ auf Rätseljagd ging. Per Satellitensignal GPS und digitaler Straßenkarte lotst das Tablet die Spieler zum nächsten Ort und zur nächsten Aufgabe. Das Haus des verstorbenen Professors in der Rosenthaler Straße finden, sich mit dessen Haushälterin per iPad unterhalten. Und nachdem eine Chemikerin half, die Schrift auf dem Pergament sichtbar zu machen, müssen die Zeichen noch mithilfe eines Kryptologen entschlüsselt werden. Auf der Route begegnen einem Mönche und der Großmeister der feindlichen Bruderschaft – diesmal allerdings echte Menschen und nicht nur Computerspielfiguren. Unter den Kutten stecken Schauspieler, sie versorgen die Spieler mit Informationen. Bei der Suche nach den Charakteren aus der Spielewelt kam es schon zu lustigen Patzern, als die Erfinder das Spiel bereits vor Weihnachten des vergangenen Jahres getestet hatten. „Die Leute sprachen einen Klavierspieler vor einem Café an, weil sie dachten, es sei ihr Kontaktmann“, sagt Schiemann, 31. „Sie erzählten ihm die ganze Geschichte. Er hörte zu, doch er wusste von nichts.“

Die Idee stamm aus dem Kinofilm "Casino Royale"

Daran, dass bald Gruppen mit einem iPad bewaffnet durch Mitte schlurfen und verstohlen die Gegend beobachten, ist eigentlich James Bond schuld. Der Film „Casino Royale“ habe ihn im Jahr 2006 auf die Idee gebracht, einen Film selbst zu erleben und nachzuspielen, erzählt Schiemann. Also legte er für Freunde eine Schnitzeljagd durchs heimische Bautzen. Am 23. Dezember rief Schliemann um 23 Uhr abends seine Freunde an und erzählte ihnen von der erfundenen Geschichte. Er bestellte sie zu einem Parkplatz, auf dem sein Spiel beginnen sollte. „Der Parkplatz war voller Leute“, erinnert er sich. Weil es so gut funktioniert hat, wiederholte er das Spiel mehrfach. Zwei Jahre später entstand daraus die Idee der Computer-Rallye. Schiemann, mittlerweile zum Wirtschaftsstudium nach Berlin gezogen, begeisterte vier Freunde dafür. Mit der Idee gewannen sie den Sonderpreis beim Businessplan–Wettbewerb Berlin Brandenburg und ein Gründerstipendium der Humboldt-Uni.

Die Karten programmierten sie selbst. „Damals gab es noch kein iPad und keine Android-Tablets“, sagt Schiemann. Sie arbeiteten sie mit Windows-Tablets aus Korea. Als der Truppe das Geld ausging, brach das Team auseinander, Schiemann aber gab die Idee nicht auf. Er fand neue Mitstreiter, bekam Geld vom Medienboard und zahlreichen private Investoren. Mit Crowdfunding sammelten die Gründer im Internet mehr als 100 000 Euro ein – und das in nur zwei Stunden. Nach acht Monaten Entwicklungszeit war „Der Heilige Gral“ dann im vergangenen Winter endlich fertig.

Schiemann will sowohl Berliner als auch Touristen erreichen und das Spiel für weitere Großstädte und Urlaubsgebiete anpassen. Geplant ist eine englische Version und die Möglichkeit, spontan, ohne vorherige Anmeldung, spielen zu können. Noch sind dazu feste Termine nötig. Am liebsten würde Schiemann die Geschichten von James Bond, seines Ideengebers, weiterspinnen. „Wir würden gerne an die bekannten, großen Marken anknüpfen“, sagt er. Bond, Indiana Jones, Star Wars. Noch gibt es keine Gespräche mit den Lizenzgebern. Aber vielleicht fährt ja bald Roboter R2-D2 durch den Tiergarten und Batman-Bösewicht Joker wartet am Brandenburger Tor.

Wer sich einen Eindruck vom Spiel verschaffen möchte, kann sich die App „Alexa AR“ im iTunes-Store für das iPad herunterladen. Vorerst einziges Spiel: 17. August, 14 Uhr, ab 32 Euro, www.life-action.eu

Zur Startseite