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Sechziger Jahre ist vor allem die Farbe am VW Beetle Cabrio 60s Edition.

© Markus Mechnich

Fahrbericht VW Beetle Cabrio: Ein bisschen Yesterday für jeden Tag

Die sechziger Jahre stehen für John F. Kennedy, die Mondlandung und Woodstock. Bei Volkswagen setzt man auf gute alte Zeiten und verkauft das VW Beetle Cabrio als 60s Edition.  Nutzen wir das bisschen Sommer, denken an die Beatles und prüfen, ob „Yesterday“ auf modern als Auto auch die große Freiheit bringen kann.

Himmelblau steht er da. Ist das eine Sixties-Farbe? Man kennt die kunterbunten Busse aus Wolfsburg, die es geschafft haben als das Flower-Power-Gefährt in die Geschichte einzugehen. Aber himmelblau? Nach längerem Nachdenken rollen ein paar blaue Käfer aus der hinteren Ecke des Langzeitgehirns nach vorne. Stimmt, himmelblau. Ok, dann eben himmelblau. Die 60s Edition gibt es sonst nur noch in Weiß. Bei aller Nostalgie könnte das die schönere Wahl sein. Aber das ist eben Geschmackssache. Wie auch immer, vor uns steht das VW Beetle Cabrio als Sondermodell. Der Wettergott hat uns die erste richtige Sommerwoche des Jahres in Berlin geschenkt und da sollte man nicht zu viel über Farben nachdenken. Reingesetzt und losgefahren.

Draufschauen:
Der neue Beetle, der im letzten Jahr als Coupé und in diesem Frühjahr als Cabrio auf den Markt kam, sieht wieder richtig gut aus. Vorbei mit der kugeligen Form, die weder Fisch noch Fleisch war. In Grundzügen ist das erste Remake noch zu erkennen, aber jetzt ist das Ganze ein Autoin moderner Optik mit gestalterischen Anleihen an die Vergangenheit geworden. Das, was BMW schon im ersten Versuch mit dem Mini gelang und auch Fiat mit 500 gut hinbekommen hat, ist Volkswagen nun im zweiten Anlauf gelungen. Ein ordentliches Remake auf die Räder zu stellen ohne optisch aus der Zeit gefallen zu wirken.
Das Cabrio setzt sich mit geschlossenem Dach nur wenig Coupé ab. Und das ist auch gut so, denn die Dachlinie ist sogar bei der Stoffmütze zu erkennen. Ebenfalls schnell zu erkennen ist, dass sich VW beim Dach richtig Mühe gegeben hat. Akustikverdeck nennt sich das auf Wolfsburgerisch und ist ein richtig dickes Stoffdach, das sich beim Fahren mit offenem Fenster nicht aufbläht und sehr leise ist, wenn alle Luken dicht sind.

Reinschauen:
Nach dem Öffnen der Tür findet sich auf der Rückbank erst mal die Persenning für das Dach. Wozu genau hat sich, um es gleich vorweg zu nehmen, nicht so wirklich erschlossen. Sieht nett aus, wenn sie auf das hinten zusammengefaltete Dach montiert wurde. Aber irgendwie stört es auch kein bisschen, wenn sie nicht da ist. Wir haben sie einmal als Pflichtübung montiert, dann im Kofferraum verstaut und kein einziges Mal mehr dran gedacht. Warum auch? Das Original hatte schließlich auch die Mütze nach hinten gefaltet und mit weißem Verdeck sogar noch einen Kult und ein Markenzeichen daraus gemacht.

Apropos Original: Das Handschuhfach ist so eine Reminiszenz an den Vorgänger. Und an der Stelle ist anzumerken: Früher war auch nicht alles besser. Das Fach heißt Käferfach, ist derart klein und unpraktisch, dass sich schnell erschließt, warum Handschuhfächer später gänzlich anders gestaltet wurden. Die zweite Anleihe an alte Zeiten, die drei Rundinstrumente auf der Mittelkonsole sind da schon sinnvoller. Die sind jetzt auch keine allzu wertvollen Hilfen. Aber Ladedruck des Turboladers, eine Stoppuhr und Öltemperatur sind immerhin interessant. Umkleidet wird das gesamte Armaturenbrett von einer Plastikverkleidung in Wagenfarbe. Das ist in unserem Fall himmelblau und irgendwie Geschmackssache. Aber das wirkt auf jeden Fall ganz nett. Wer jetzt aber denkt, er kann seinen Beetle stylen im Sinne eines Mini oder eines Citroën DS3, der hat sich getäuscht. Volkswagen bleibt da recht sachlich und bietet hier sonst kaum bunte Kleberchen, Fußmatten oder sonstigen Schnickschnack an. Seitlich lassen sich monofarbene Dekorfolien bestellen, die einen der vielen Namen des Käfers tragen. Das Gimmick ist aber bereits bekannt aus dem Coupé. Es wird Kunden geben, die das enttäuschen wird. Schlimm ist das aber nicht, der Zubehörhandel wird einschlägig Interessierte sicherlich ausreichend versorgen.

Die Persenning vermisst man eigentlich nicht bei der Heckansicht.
Die Persenning vermisst man eigentlich nicht bei der Heckansicht.

© Markus Mechnich

Der Rest ist VW, wie man es kennt und irgendwie auch schätzt. Gute Verarbeitung, eine Materialqualität, die in dieser Klasse einfach mindestens überdurchschnittlich ist und dazu noch ein paar nette kleine Ideen, wie die Armstütze in der Mitte, in der sich auch noch Dinge verstauen lassen. Da verzeiht man dem Käfernachfolger auch die beiden Gummibänder, die Inhalte in den schmalen Seitentaschen halten sollen. Die Bedienung ist ebenso bekannt, wie bewährt. Rund um das Lenkrad passt alles einwandfrei. Zumindest, weil man es einfach kennt. Das Navigationssystem hingegen wird bekanntermaßen über ein Touchscreen-Display bedient. Und das vermag dem Autor auch nach einigen Stunden in Volkswagen-Automobilen immer noch keine Freude bereiten. Zumal es auch etwas träge reagiert. Immer wieder muss der Blick zur Mitte wandern. Das wird mit der Zeit anstrengend und lenkt vom Geschehen auf der Straße ab. Ein Himmelreich für einen Drehknopf!

Platz nehmen:
Der Käfer war kein Raumwunder, der erste Beetle ebenfalls nicht und so liegen auch die Erwartungen auch beim neuen VW Beetle Cabrio nicht sonderlich hoch. Was sich hinter der Klappe im Heck versteckt, ist aber sogar größer als erwartet. Auf jeden Fall passt die sperrige Persenning in die 225 Liter Kofferraumvolumen. Und das ist erst mal das Wichtigste. In der ersten Reihe sitzt es sich sehr ordentlich. Das gilt auch für großgewachsene Menschen. Im Fond wird es dann aber kuschelig. Erwachsene müssen hier schon auf die Gnade der Vornesitzenden hoffen, damit ihre Knie etwas geschont werden. Die Kopffreiheit ist durch die tief montierte Sitzbank allerdings recht ordentlich. Alle vier Sitze sind daneben auch ganz gut geformt. Besonders das Gestühl vorne findet einen guten Kompromiss zwischen Komfort und Seitenhalt.

Losfahren:
In unserem Testwagen haben wir den bekannten 1,4 Liter großen Otto-Motor mit 160 PS als Antrieb. Daneben ist für die 60s Edition nur noch ein Zwei-Liter-Diesel zu haben. Der Motor hat mit dem immerhin 1454 Kilogramm schweren Auto keine Probleme. Der Turbo äußert sich gerne schon bei niedrigeren Drehzahlen mit leisem Pfeifen, was aber nur bei geöffnetem Verdeck zu hören ist. Dafür bringt er das VW Beetle Cabrio auch aus dem Drehzahlkeller auf Geschwindigkeit. Das maximale Drehmoment von 240 Newtonmeter ist, dank der Aufladung, zwischen 1500 und 4500 Umdrehungen pro Minute verfügbar. Das Fahrwerk macht seine Sache dazu gut. Dank der Fahrzeuggeometrie mit mittigem Schwerpunkt liegt der Beetle gut auf der Straße. Schnellere Kurvenfahrt nimmt er gelassen hin und seine Neigung zum Übersteuern bleibt gut kontrollierbar.

Im Fond geht es beim VW Beetle Cabrio durchaus geräumiger zu als im Golf Cabrio.
Im Fond geht es beim VW Beetle Cabrio durchaus geräumiger zu als im Golf Cabrio.

© Markus Mechnich

Auch am Sechsganggetriebe gibt es nichts zu mäkeln. Die Gänge lassen sich sauber durchschalten und der lang übersetzte sechste Gang bietet auf der Autobahn für Überholmanöver ausreichend Vortrieb. So sprintet das VW Beetle Cabrio 60s in 8,6 Sekunden auf 100 Stundenkilometer. Das ist flott und man kauft es dem Retro-Wolfsburger auch ab. Ebenso wie die 206 km/h Spitzengeschwindigkeit, die auf dem Datenblatt stehen. Ausgereizt haben wir die allerdings nicht, denn dazu macht das offene Fahren zu viel Spaß. Und dabei wird es windig, selbst auf den vorderen Plätzen. Jenseits der 130 km/h wird es hinten sogar richtig stürmig. Bei längeren Autobahnfahrten empfiehlt es sich daher das Verdeck zu schließen. Auf der Landstraße lässt es sich, zumindest mit Mütze, auch hinten ganz gut aushalten. Zumindest wenn die Seitenfenster geschlossen sind. Wenn nur die vorderen Sitze besetzt sind geht das auch auf der Autobahn ganz gut ohne Dach. Vorausgesetzt es soll nicht für längere Zeit mit mehr als 160 Stundenkilometer vorwärts gehen. Aber das hat das VW Beetle Cabrio mit den allermeisten anderen Cabrios gemeinsam.

Helfen lassen:
Bei den Assistenzsystemen gibt es wenig Überraschendes. In unserem Auto war das Navi RNS 510 verbaut. Der gravierendste Nachteil der Touchscreenbedienung wurde bereits oben beschrieben. Ansonsten ist die Darstellung nett, auch wenn die Auflösung gegenüber manchen Premiumkonkurrenten etwas in die Jahre gekommen zu sein scheint. Dafür ist die Festplatte mit 30 Gigabyte Speicherplatz für Musik sehr großzügig bemessen und zusätzlich zeigt sich ein Slot für SD-Karten für mehr Musik aufnahmebereit.
Ansonsten gibt es allerdings relativ wenig Technik aus dem VW-Reservoir. Kein Notbremsassistent, kein Totwinkelwarner und leider auch kein Start-Stop-System, was den Verbrauch spürbar senken könnte. Ein Tempomat muss der Generation Sixties genügen. Freilich sind ABS und ESP an Bord und aus der neuesten Generation. Aber dem Beetle Cabrio hätte man generell vielleicht etwas mehr Optionen gönnen können.

Hören und sehen:
Sie sechziger Jahre sind vor allem musikalisch interessant und da will das VW Beetle Cabrio 60s Edition wohl nichts schuldig bleiben. Auf den Lautsprechern links und rechts in den Türen steht Fender. Und das hört man auch. Insgesamt acht Lautsprecher samt Subwoofer beschallen die Passagiere und lassen Paul McCartney noch mal schöner klingen. Ansonsten gibt es Bluetooth-Option, USB-Anschluss und Aux-Eingang für die, die noch gerne mit Kabel hantieren. Obligatorisch ist dabei fast schon der Anschluss an die Apple-Welt.

Nachrechnen:
Rechnen wir erst mal in Sachen Benzin nach. Bei unseren Fahrten genehmigte sich das VW Beetle Cabrio mit 9,1 Liter im ersten Durchgang noch ein bisschen viel. Die zweite Runde sind wir ruhiger angegangen und haben prompt glatte 7,0 Liter Benzin Verbrauch auf 100 Kilometer erreicht. Das ist ein ordentlicher Wert, der sich mit dem Normverbrauch von 6,8 Litern im Schnitt auch sehen lassen kann. Dabei kommt dem Auto sicher zugute, dass bei dem schönen Wetter der Gedanke an Raserei eher fern lag.

Auch geschlossen ganz schick: Das Verdeck macht einen sehr hochwertigen Eindruck und das VW Beetle Cabrio zum Ganzjahresauto.
Auch geschlossen ganz schick: Das Verdeck macht einen sehr hochwertigen Eindruck und das VW Beetle Cabrio zum Ganzjahresauto.

© Markus Mechnich

Schmerzlicher wird es bei den Kosten der 60s Edition. Vom Einstiegspreis von 21 350 Euro für die Baureihe ist das Sondermodell mit einem Grundpreis von 30 875 Euro denkbar weit entfernt. Die Ausstattung ist dafür zwar recht umfangreich, aber der Preis ist dennoch eine Ansage. Bei kühler Kalkulation dürfte das Aufrüsten eines "nackten" Beetle Cabrios mit Hilfe von Paketen tatsächlich kaum billiger kommen und so hat der Preis im Klassensystem von VW durchaus seine Berechtigung. Wer noch mehr ausgeben möchte sollte vor allem 1730 Euro für das Navi bereit halten. Ein Windschott für 330 Euro extra ist auch ein bisschen eigen. Ob es hilft konnten wir nicht ausprobieren.

Abwägen:

Das VW Beetle Cabrio an sich ist eine gute Alternative zum Golf-Cabrio im Volkswagen-Reich. Optisch bringt es den kleinen Schuss Extravaganz mit, bleibt aber technisch ganz und gar der solide Wolfsburger, den die Kunden schätzen. Der Coolness-Faktor ist im Vergleich zum Konzernbruder deutlich höher. Aber das lässt sich Volkswagen auch bezahlen. Wer technisch mehr möchte, der wird sicher eher den braveren VW Golf in der offenen Version bevorzugen. Aber der Beetle ist jetzt endlich die gelungene Retro-Version eines Modells, das nicht umsonst schon in seinem ersten Leben viele Freunde hatte. Aber nun pfeift es eben nicht mehr durch die Lüftungsschlitze unter der Windschutzscheibe, die Heizung funktioniert und das Verdeck klappt sich sogar bis 50 Stundenkilometer elektrisch zurück. Gute, neue Zeiten. Auch das Sondermodell 60s Edition hat uns im Grunde überzeugt. Wer sich mit den zwei angebotenen Farben anfreunden kann bekommt recht viel Auto fürs Geld. Schade nur, dass den Beetle-Freunden das Meiste der bei VW vorhandenen Technik versagt bleibt. Dafür gibt es ein vollwertiges Ganzjahresfahrzeug und satt Musik auf die Ohren.

Stärken:

Kraftvoller Motor, gut verarbeitetes Verdeck, gute Verarbeitung

Schwächen:

Knapp bemessener Kofferraum, Ablagen und Staufächer, kaum Assistenzsysteme verfügbar

Technische Daten VW Beetle Cabrio 60s Edition 1.4 TFSI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,28 / 1,81 / 1,47
Leergewicht 1454 Kilogramm
Kofferraumvolumen normal/Rückbank umgelegt 225 / nicht möglich
Maximale Zuladung 451 Kilogramm
Sitzplätze 4
Tankvolumen 55 Liter
Motor Otto-Motor mit vier Zylindern
Hubraum 1390 Kubikzentimeter
Getriebe Sechs-Gang manuell
Leistung (kW/PS) 118 / 160
Drehmoment 240 Newtonmeter von 1500 bis 4500 Umdrehungen pro Minute
Beschleunigung 0 - 100 km/h 8,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 206 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 8,8 / 5,6 / 6,8 Sekunden
Verbrauch im Test 9,1 / 7,0
Garantie 2 Jahre
CO2-Emissionen / Effizienzklasse 158 g/km / D
Preis als Basisfahrzeug 30 875 Euro
Preis des Testwagens 32 930 Euro

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