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Wohin steuert die CDU? Die Niederlage in Nordrhein-Westfalen trifft die Partei hart.

© dpa

Nach der Landtagswahl in NRW: Der CDU kommt die Basis abhanden

Schleswig-Holstein, NRW, Baden-Württemberg, Hamburg - alles schon weg für die CDU. Bayern wackelt, Hessen auch. Was bleibt? Und wer kann in der CDU zur Führungsfigur aufsteigen?

Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: elf Landtagswahlen hat die CDU seit Beginn der Merkel'schen Kanzlerschaft verloren. Ihr selbst hat das kaum geschadet, eher hatte man das Gefühl, je mehr die CDU in den Ländern verliert, umso stärker wird sie im Bund. Jetzt aber, mit diesem beinahe monströsen Einbruch in Nordrhein-Westfalen, wird es langsam eng. Denn Machterhalt braucht nicht nur ein geschickt im Winde wehendes Fähnlein, sondern einen Rest an Basis. Der droht der CDU nun gänzlich abhanden zu kommen.

Blickt man einmal voraus, stehen die Vorzeichen nicht sonderlich gut. Horst Seehofer bibbert jetzt schon so sehr vor der Landtagswahl in Bayern 2013, dass er am liebsten erst wieder nach Berlin kommen will, wenn er auf dem Weg zurück auch etwas mitbringt - das Betreuungsgeld zum Beispiel. In Hessen wird 2013 nach der Bundestagswahl gewählt und nach der Wahlniederlage für Petra Roth in Frankfurt am Main ziehen auch über den hessischen Christdemokraten dunkle Wolken auf - Ministerpräsident Volker Bouffier ist übrigens, genau wie Norbert Röttgen, CDU-Vize. Der Hesse ist zwar von anderem Schlag als Röttgen - aber eine Wahlniederlage und der Machtverlust für die CDU droht dennoch.

Schleswig-Holstein, NRW, Baden-Württemberg, Hamburg - alles schon weg für die CDU. Bayern wackelt, Hessen auch. Was bleibt? Wer sind die Christdemokraten, die noch in Regierungsverantwortung stehen?
Sehen Sie hier eine Bildergalerie zur Führungsreserve der CDU:

Da wäre beispielsweise der Niedersachse David McAllister. Auch er hat nächstes Jahr eine Wahl zu überstehen, bis jetzt sieht es noch ganz gut aus, nur weiß auch er nicht, welche Dynamik dieser NRW-Wahltag entfaltet. Das Saarland. Dort hat Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrem Neuwahl-Coup gegen den Willen der Kanzlerin ihre Macht gesichert. Wenn Sie wollte, könnte sie diese Karte spielen, aber ob sie wirklich mehr Einfluss auf die Bundes-CDU ausüben will? Ungewiss. In Thüringen regiert Christine Lieberknecht in einer großen Koalition, ruhig, sachlich anerkannt. Das sind Attribute, die nicht mehr auf viele Christdemokraten passen. Sie könnte in eine einflussreichere Rolle hineinwachsen. Unauffällig, beinahe blass, agiert hingegen Reiner Haseloff, Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt. Dass er bundespolitisch zum Schwergewicht werden könnte, erscheint unwahrscheinlich. Sachsen: Hier regiert noch das einstige Wunschbündnis Schwarz-Gelb. Stanislaw Tillich, Ministerpräsident, ist so etwas wie der letzte Mohikaner. Er könnte seinen Einfluss als Länderfürst weiter ausbauen.

Und dann ist da noch einer, der, wenn er es geschickt anstellt, seinen Einfluss deutlich ausweiten könnte: Frank Henkel, der Berliner CDU-Chef und Innensenator. Den Wahlkampf gegen Wowereit hat er schon überraschend ruhig und mit einem Achtungserfolg geführt. Die CDU hat er zwar noch nicht ins Rote Rathaus gebracht, aber ein Stück näher dran. Und er könnte sich als eine Art Anti-Röttgen profilieren: Henkel ist klar in seiner Heimat Belin verortet und hat keine intellektuelle Allüren. Dafür haftet ihm etwas Klassisch-Konservatives an, ohne dass er aus der verstaubten Kohl-Ära stammen würde. Er kann sich als umsichtiger Innenminister inszenieren, mit einer Mischung aus konservativer Härte und moderner Liberalität.

Noch eine heimliche Hoffnungsträgerin könnte Julia Klöckner in Mainz werden. Dort hätte sie Kurt Beck beinahe schon im vergangenen Jahr aus der Staatskanzlei verdrängt. Bei der nächsten Wahl könnte es ihr gelingen. Auch für sie würde das einen enormen Schub in der CDU-Machtstruktur bedeuten. Sie ist jung genug, konservativ genug, modern genug und vor allem: Sie ist eine Frau. Lieberknecht und Klöckner könnten also die neuen starken Frauen in der CDU werden. Auch Ursula von der Leyen, die seit langem zur Führungsreserve der CDU zählt, gehört in diese Reihe. Dazu gesellen sich mit Henkel, Tillich und McAllister Männer, die nicht als sonderlich laut gelten. Die Alphatiere der Union sind aber erstmal weg.

Es ist durchaus nicht so, als stünde die Union in der Zeit nach Merkel blank da. Doch Thüringen, Berlin, Sachsen und auch das Saarland sind nicht die landsmannschaftlichen Flaggschiffe der Union. NRW, Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, dort sind die Epizentren der Christdemokratie - und dort wird es bald mächtig brodeln. Lieberknecht, Klöckner, Henkel und Co. zum Trotz.

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