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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lässt sich am 25.03.2014 in Kahramanmaras in der Türkei von Oberst Stefan Drexler (r), dem Kontingentführer des Einsatzkontingents Active Fence Turkey, die Patriot-Anlagen zeigen.

© dpa

Verhältnis Türkei - Deutschland: Abzug deutscher "Patriot"-Raketen ist ein Schock für Erdogan

Das Verhältnis der Türkei und ihrer Nato-Partner ist derzeit äußerst angespannt. Jetzt kündigt Ministerin Ursula von der Leyen den Abzug der „Patriot“-Luftabwehrraketen an. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen.

Deutschland zieht nach zweieinhalb Jahren seine „Patriot“-Luftabwehrraketen aus der Türkei ab. Das Verteidigungsministerium in Berlin begründete dies mit der gesunkenen Gefahr von Raketenangriffen der syrischen Regierung auf das Territorium des Nato-Partners. Türkische Medien werteten die Nachricht aus Berlin am Samstag als „Schock“ für Ankara und Recep Tayyip Erdogan: Der bisherige Beistand durch die „Patriots“ der Nato hat für die Türkei große symbolische Bedeutung. Eine Stellungnahme der türkischen Regierung zu der Abzugsentscheidung lag zunächst nicht vor.

Seit Januar 2013 ist die Bundeswehr mit „Patriot“-Batterien in der südtürkischen Stadt Kahramanmaras präsent, die rund hundert Kilometer von der syrischen Grenze entfernt liegt. Die etwa 250 Soldaten sollen offenbar noch in diesem Jahr abgezogen werden; das Bundestagsmandat für ihren Einsatz läuft am 31. Januar 2016 aus. Auch die USA wollten ihre im Rahmen der Nato-Mission „Active Fence“ in der Türkei stationierten „Patriots“ im Oktober abziehen, meldete „Spiegel online“.

Eine große militärische Bedeutung haben die Nato-„Patriots“ für die Türkei nicht. Die syrische Regierungsarmee hatte in jüngster Zeit einige Gebiete im Nordwesten des Landes aufgeben müssen. Rebellenmilizen wie die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS), die in der Nähe der türkischen Grenze aktiv sind, verfügen weder über Flugzeuge noch über Raketen, mit denen sie Kahramanmaras erreichen könnten.

Besonders angesichts der Verärgerung im Westen über die kürzlich begonnenen türkischen Luftangriffe auf die PKK-Kurdenrebellen dürfte die Entscheidung Deutschlands in Ankara als politisch motiviert aufgefasst werden. US-Vertreter und europäische Politiker hatten der türkischen Regierung vorgeworfen, unter dem Deckmantel des angekündigten Kampfes gegen den IS massiv gegen die PKK vorzugehen. In Deutschland waren wegen der Angriffe auf die PKK zuletzt Rufe nach einem Abzug der „Patriots“ laut geworden.

Der Westen ist verärgert, dass die Türkei die PKK bombardiert

Die Bundesregierung bemühte sich, der Vorstellung entgegenzuwirken, der Westen lasse die Türkei mit dem Problem Syrien allein. „Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). „Sie geht heute von der Terrororganisation Islamischer Staat aus.“ Das türkische Außenministerium reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme. Die Bundeswehr bleibe in der Region präsent, um zur Stabilisierung beizutragen, betonte die Ministerin. Unter anderem unterstützen dem Ministerium zufolge derzeit fast 100 deutsche Soldaten die Ausbildung von kurdischen und irakischen Sicherheitskräften, die gegen den IS kämpfen. In der Türkei wären nach dem Abzug der ,Patriots‘ keine deutschen Soldaten mehr stationiert. „Die Entscheidung der deutschen Regierung wird von uns natürlich voll und ganz respektiert“, sagte ein Nato-Sprecher. Der deutsche „Patriot“-Einsatz habe entscheidend geholfen, die Bevölkerung und das Gebiet der Türkei vor der Bedrohung durch Raketen aus Syrien zu schützen.

Zwischen der Türkei und dem Westen waren in den vergangenen Tagen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Vorgehens in Syrien zutage getreten. Zwar erlaubte Ankara den USA die Nutzung türkischer Luftwaffenstützpunkte für Angriffe auf den IS von der Türkei aus. Doch betont die Türkei darüber hinaus, zu der Vereinbarung gehöre auch die Einrichtung einer Schutzzone für rückkehrwillige Flüchtlinge in Syrien selbst. Die US-Regierung will von diesem Plan nichts wissen.

Truppen des IS waren in den vergangenen Tagen in der Nähe der Stadt Marea, die nur 20 Kilometer südlich der türkischen Grenze liegt, vorgerückt und hatten diese eingekesselt. Marea liegt in jenem Gebiet, in dem Ankara die Schutzzone einrichten will. Auch die gemäßigten syrischen Rebellen meldeten Erfolge in der Nähe der Grenze. Nach türkischen Vorstellungen sollen Einheiten der gemäßigten Rebellenarmee FSA die Schutzzone kontrollieren.

Diese Bildergalerie von 2013 dokumentiert den Start des Türkei-Einsatzes:

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