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Bewohner Hongkongs protestieren gegen Henry Tang, Kandidat für das Amt des Verwaltungschefs.

© Reuters

Wahl in Hongkong: Peking hat massive Probleme mit seinen Kandidaten

Am Sonntag wird in Hongkong der neue Verwaltungschef gewählt. Die beiden bevorzugten Kandidaten der kommunistischen Partei gehen in einer Schlammschlacht unter. Dem demokratischen Anwärter wird das nichts nutzen.

Die skurrilste Szene dieses an seltsamen Ereignissen nicht gerade armen Wahlkampfes um das höchste politische Amt in Hongkong spielte sich im Stadtteil Kowloon Tong in der York Road Nummer sieben  ab. Am 16. Februar haben dort Dutzende Medienvertreter und Schaulustige das Anwesen des Kandidaten Henry Tang belagert, einige Journalisten mieteten sich sogar Baukräne, um eine bessere Sicht auf das Grundstück zu bekommen. Auf diesem kontrollierten Inspektoren der Bauaufsicht einen illegal errichteten Keller, über dessen Verwendungszweck in den Medien phantasiereich berichtet worden war: Als Kino, Weinkeller und Fitnessstudio sowie zu anderen Zwecken solle er dem Kandidaten dienen. Spätestens seit diesem Bauskandal ist klar, dass es schwierig wird für Henry Tang, an diesem Sonntag zum Verwaltungschef der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong gewählt zu werden. Zumal es über ihn noch weitere unrühmliche Schlagzeilen gibt, in denen ein außereheliches Verhältnis und ein uneheliches Kind eine Rolle spielen.

Das alles ist peinlich für Henry Tang, den ehemaligen Verwaltungssekretär, aber auch für die Kommunistische Partei in Peking. Denn diese hält bei der Wahl zu Hongkongs Verwaltungschef die Fäden in der Hand. Und Henry Tang, der aus einer der reichsten Familien Hongkongs stammt und der sehr gute Beziehungen zum ehemaligen Chef der Kommunistischen Partei Chinas Jiang Zemin besitzen soll, galt lange Zeit als Pekings Favorit. „Ich glaube nicht, dass er nun darauf hoffen kann, seine Glaubwürdigkeit zu retten“, sagte Alan Leong, Abgeordneter der Bürgerlichen Partei in Hongkong der „New York Times“, „wenn er noch nicht einmal seine eigenen Angelegenheiten handhaben kann, wie soll er dann eine Regierung führen?“

Gemäß dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ sind in der seit 1997 zu China gehörenden ehemaligen britischen Kronkolonie Wahlen zugelassen, vollkommen demokratisch sind diese aber nicht. So wird der Verwaltungschef von einer 1193 Personen zählenden Wahlkommission bestimmt, in der Peking freundlich gesinnte Berufsgruppen wie die Wirtschaft oder die Chinesische Medizin überrepräsentiert sind. Pekingkritische Berufe wie Anwälte oder Sozialarbeiter sind unterrepräsentiert. Auf diese Weise kann China im Hintergrund bestimmen, wer Hongkong verwalten soll. Doch zuletzt schien Peking das selber nicht mehr so richtig zu wissen.

Über die Kluft zwischen Hongkong und Festlandchina.

Chinas Premierminister Wen Jiabao äußerte sich zuletzt in seiner Pressekonferenz am Ende des Nationalen Volkskongresses nur nebulös. „Ich glaube, dass Hongkong einen Verwaltungschef wählen wird, der  die Unterstützung einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung genießt.“

So wird Politik in China gemacht - Eindrücke vom vergangen Volkskongress.

Doch auch der zweite Peking nahe stehende  Kandidat, der Bauunternehmer Leung Chun-ying, besitzt ein Glaubwürdigkeitsproblem. Neben einem Interessenskonflikt in der Vergangenheit diskutierte die freie Hongkonger Presse ausgiebig seine angebliche Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Chinas. Leung Chun-ying hat das stets dementiert. Zuletzt musste sich er sich auch noch Anschuldigungen Henry Tangs erwehren, der behauptete, sein Rivale habe 2003 Bereitschaftspolizei und Tränengas gegen Demonstranten einsetzen wollen. Eigentlich müsste diese öffentliche Schlammschlacht Albert Ho, den dritten Kandidaten, erfreuen. Doch dieser vertritt das demokratische Lager und ist deshalb in der Peking nahe stehenden Wahlkommission chancenlos.

Es  sieht allerdings so aus, als werde es aufgrund der Ereignisse auch einige ungültige Stimmen geben, wie die „South China Morning Post“ am Freitag berichtete. Möglich auch, dass die Wahl ín eine zweite Runde geht. Das alles ist nicht gut für China, dem an einem harmonischen und glatten Ablauf gelegen ist. Auch haben Pekings Kandidaten im Wahlkampf den Eindruck erweckt, nur eine reiche Elite und nicht die Sorgen der Hongkonger zu repräsentieren. Das könnte die wachsende Kluft zwischen Hongkong und Festlandchina vertiefen. Zuletzt wehrte sich die Sonderverwaltungszone mit der Einführung einer Quote gegen die zahlreichen schwangeren Festlandchinesinnen, die in Hongkong wegen der besseren medizinischen Versorgung und aus politischen Gründen ihr Kind auf die Welt bringen wollen.

China aber scheint sich inzwischen festgelegt zu haben. Zuletzt widmeten die Hongkonger Zeitungen, die Peking nahe stehen, Leung Chun-ying großdimensionierte, freundliche Artikel. Zudem fuhren einige Wahlmänner über die Grenze nach Shenzhen, um dort von einem Politbüromitglied zu hören, dass Leung Chun-ying zu wählen sei. So wird es dann wohl am Sonntag auch kommen.

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