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Unter Verdacht. 1967 hatte das Militär schon einmal eingegriffen.

© picture alliance / dpa

Eurokrise: Wollte Griechenlands Militär putschen?

Stand Griechenland im turbulenten Herbst 2011 am Rand eines Militärputsches? Die griechische Regierung bestreitet diese Berichte. Dabei sprechen gewichtige Indizien dafür.

Stand Griechenland im turbulenten Herbst 2011, als die Protestwelle gegen die Sparauflagen immer höher aufbrandete, am Rand eines Militärputsches? Hinweise darauf sieht die Athener Sonntagszeitung „To Vima“. Der griechische Verteidigungsminister dementiert.

„Außerhalb jeder Realität“ sei der Bericht der Zeitung „To Vima“, ließ der griechische Verteidigungsminister Panos Panagiotopoulos am Sonntag erklären. Dennoch schlägt der Artikel hohe Wellen. „To Vima“ berichtet unter der Titelschlagzeile „Der Putsch, zu dem es nicht kam“ auf vier Seiten, führende Militärs hätten vor einem Jahr Pläne für einen Staatsstreich gegen die damalige Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou geschmiedet. Papandreou sei von Teilen der damaligen Militärführung als Verräter gesehen worden, der das Land mit seiner Zustimmung zu den Sparauflagen der EU und des Internationalen Währungsfonds zu einem Protektorat ausländischer Mächte gemacht habe. Mit einem Staatsstreich hätten „ultranationalistisch-patriotische Offiziere“ die Ehre Griechenlands wiederherstellen und das Land vor drohenden inneren Unruhen bewahren wollen, schreibt „To Vima“.

Das knappe Dementi des Verteidigungsministeriums klingt kategorisch. Allerdings erinnert man sich: Völlig überraschend hatte am 1. November 2011 der damalige sozialistische Verteidigungsminister Panos Beglitis die Oberkommandierenden der drei Waffengattungen entlassen, darunter auch den Chef der Marine, Konteradmiral Dimitrios Elefsiniotis, der pikanterweise von der neuen, konservativ geführten Regierung in Juni zum Vize-Verteidigungsminister berufen wurde. Für die Ablösung der Militärführung gab der damalige Verteidigungsminister keine einleuchtende Erklärung. Den Entlassungen waren turbulente Ereignisse vorausgegangen: Am 26. und 27. Oktober hatte Ministerpräsident Papandreou beim EU-Gipfel den Auflagen des 2. Griechenland-Rettungspakets zugestimmt. Am Nationalfeiertag, dem 28. Oktober, kam es dann in einigen griechischen Städten zu Unruhen. Die Zeitung „To Vima“ berichtet nun, bereits im Vorfeld dieser Ereignisse habe ein pensionierter Offizier einen namentlich nicht genannten „Politiker aus dem rechtsnationalistischen Spektrum“ darauf angesprochen, ob er bereit sei, bei einer vom Militär gebildeten „Übergangsregierung“ mitzumachen. Der Politiker bestätige die damalige Sondierung, schreibt „To Vima“.

Der griechische Geheimdienst habe die Regierung über die angeblichen Putschpläne unterrichtet, was dann den Verteidigungsminister bewogen habe, die Militärführung zu entlassen, berichtet die Zeitung. Die geschilderten – und von der Regierung dementierten – Vorgänge wecken Erinnerungen an das Jahr 1967: Nach monatelangen innenpolitischen Wirren putschte am 21. April 1967 das Militär. Mit dem Staatsstreich sollte ein erwarteter Wahlsieg des Linkssozialisten Andreas Papandreou, des Vaters von Giorgos Papandreou, verhindert werden. Die Militärdiktatur dauerte sieben bittere Jahre.

Dass an den jetzt von „To Vima“ thematisierten Putschgerüchten trotz aller Dementis etwas dran sein könnte, legt ein anderes Detail nahe: Premier Giorgos Papandreou soll im November 2011 im Gespräch mit Angela Merkel und Nicolas Sarkozy in Cannes die von ihm vorgeschlagene Volksabstimmung über das Sparprogramm mit der Gefahr eines drohenden Militärputsches begründet haben. Das jedenfalls schrieb damals die französische Zeitung „Libération“. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es von keinem der drei Teilnehmer des vertraulichen Gesprächs. Unstrittig ist aber: Die Krise in Griechenland ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremisten.

In Bildern: Griechische Rechtsextremisten terrorisieren Einwanderer:

Bei der Wahl im Juni erzielte die ultranationalistische und offen rassistische Partei Goldene Morgenröte sieben Prozent der Stimmen. Sie hat 17 Abgeordnete im neuen Parlament. Die Partei macht keinen Hehl daraus, wer ihre Vorbilder sind: Neben deutschen Nazi-Größen verehrt sie vor allem die Protagonisten des Militärputsches von 1967.

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